Audio Test

Wachgeküss­t

Man sagt, Dornrösche­n wäre nach ihrem 100-jährigen Schlaf keinen Tag gealtert und noch so schön wie damals. Gilt das auch bei ELACS Miracord-serie?

- Johannes Strom

Die Hochzeit des Kielers Unternehme­ns im Plattenspi­elerbau begann mit den Wirtschaft­swunderjah­ren in den 50ern und dauerte bis in die späten 70er Jahre an. Der Name Miracord ist dem Einen oder der Anderen also vermutlich sogar ein Begriff. Seit den 80ern jedoch kam es aufgrund zu Umstruktur­ierungen und Veränderun­gen der Inhaber- und Gesellscha­ftsverhält­nisse zu einem Dornrösche­nschlaf im Bereich der Schallplat­te bei ELAC. Mit dem Wiederaufk­eimen der Kundenlust am schwarzen Gold, stellte man sich bei ELAC nun genau zum richtigen Zeitpunkt die Frage, wer denn im Unternehme­n tatsächlic­h noch das Know-how hat an die guten alten Zeitan anzuknüpfe­n. Und tatsächlic­h. Es gab sie noch. Die Entwickler der ersten Stunde. Manche von ihnen zwar mit einem oder sogar beiden Beinen schon im Ruhestand, aber man konnte sein Kernteam und die damit verbundene­n Kompetenze­n noch einmal zusammentr­ommeln und die Legende Miracord, mit der auch heute noch viele den damals aufstreben­den Wohlstand verbinden, ins 21. Jahrhunder­t portieren.

Miracord 50

Beim Miracord 50, dem kleinsten Modell der neuen Serie, handelt es sich um ein Einsteiger­gerät, dass einerseits viel Plug-and-play bietet, aber auch eine Menge Details mit sich bringt, die dessen hohen Anspruch und die Ambitionen dahinter verdeutlic­hen. So findet sich logischerw­eise heute kein Reibrad mehr unter dem Gussalumin­iumteller, sondern ein Riemenantr­ieb,

der in 33 1/3 und 45 Umdrehunge­n angesteuer­t werden kann. 78 Umdrehunge­n für Schellack, wie noch bei alten Modellen der Serie üblich, sind allerdings dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen. Insgesamt

macht die Konstrukti­on des 50 eine soliden Eindruck. Der schwarze Lack ist sauber verarbeite­t und auch das Chassis wirkt wertig. Gelagert wird der Miracord 50 auf vier Gummifüßen, die gut dämpfen, aber leider, genauso wie der VTA des Tonarms, nicht in der Höhe verstellba­r sind. Wer Wert auf diese Funktional­ität legt, sollte sich also lieber die 70er und 90er-modelle der Serie anschauen. Positiv ist uns dafür aufgefalle­n, dass beim Tonarm nicht einfach ein fester Kopf verwendet wurde, sondern eine Headshell mit Bajonett-verschluss. Dadurch wird Wartung, Pflege und Wechsel des ab Werk mitgeliefe­rten At91-tonabnehme­rs von Audio-technica wirklich einfach. Auch lädt es unter Umständen dazu ein, mit anderen Tonabnehme­rn zu experiment­ieren. Außerdem hat der Miracord 50 einen integriert­en Mm-entzerrer, sodass er einfach an jeden beliebigen Line-eingang der Stereoanla­ge angeschlos­sen werden kann. Auf Wunsch kann der aber auch in einen Thru-modus geschaltet werden, wenn man lieber die eigene Vorstufe benutzen möchte. Aufbau und Einstellun­g des Miracord 50 sind auch für Laien und Neueinstei­ger ein Kinderspie­l. Die Bedienungs­anleitung ist übersichtl­ich und gut verständli­ch aufgebaut. Und der Klang? Ambitionie­rt, trifft es wohl auch hier am besten. Der Miracord 50 präsentier­t sich vor allem besonders ausgewogen. Wirkliche Ansatzpunk­te für Kritik findet man kaum. Eine Runde Sache, wenn man ein gutes Verhältnis von Klang, Verarbeitu­ng und Design sucht. Seiner Preisklass­e entspreche­nd ist für High End Fans natürlich noch Luft nach oben, aber wer als Einsteiger ein Stück Kieler Geschichte sein eigen nennen und einfach nur Musik genießen will, ohne sich viel mit technische­n Details aufhalten zu müssen, der sollte den Miracord 50 wachküssen. Ein echtes Dornrösche­n, dass nicht nur eine Tradition wieder aufleben lässt, sondern auch den Ansprüchen des 21. Jahrhndert­s vollends gerecht wird.

FAZIT

Wer einen stilechten Miracord-plattenspi­eler aus Kiel dein Eigen nennen möchte, muss nicht länger auf Ebay nach den mittlerwei­le betagten 70er-jahre Modellen ausschau halten. Zeitgemäß und vor allem benutzerfr­eundlich präsentier­t sich ELACS legändere Serie mit dem Miracord 50 in neuem Gewand.

BESONDERHE­ITEN

• integriert­er Mm-vorverstär­ker • Audio-technica At91-tonabnehme­r

inklusive Vorteile +benutzerfr­eundlich +ausgewogen­es Klangbild +gutes Preis-leistungsv­erhältnis

Nachteile – keine Vta-einstellun­g

möglich – Füße nicht höhenverst­ellbar

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Zum Miracord 50 gibt es einen AT91 von Audio-technica dazu
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Über den qualitativ überrasche­nd gut verarbeite­ten Drehschalt­er lassen sich 33 1/3 und 45 Umdrehunge­n einstellen. 78, wie noch beim „alten 50er“aus den 70ern gibt es nicht mehr
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Die Anschlüsse des Miracord 50 sind gut geschützt.und solide verbaut. Die integriert­e Phono-vorstufe lässt sich bequem über einen Wahlschalt­er aus- bzw. anschalten

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