Ludwig van Beethoven
Missa Solemnis Aikin, Fink, Chum, Drole; Arnold Schoenberg Chor, Concentus Musicus Wien, Nikolaus Harnoncourt
Die Widmung ist fast so berühmt wie das Werk: „Von Herzen – möge es wieder zu Herzen gehen“wünschte Beethoven. Sony bringt die definitiv letzte Aufnahme, die der im März 2016 verstorbene Nikolaus Harnoncourt freigab, auf einer CD unter. Die Laufzeit von 81:34 könnte ältere Laser aus der Bahn werfen, und Klicks oder Sprünge würden beim Zuherzengehen erheblich stören. Teldec hatte 1993 Harnoncourts erste Einspielung dieser einst alle Maßstäbe sprengenden Messe noch auf zwei CDs verteilt. Bereits damals hatte der Dirigent den überragenden Arnold Schoenberg Chor verpflichtet; das Wiener Weltspitzen-Ensemble unter seinem Leiter Erwin Ortner meistert auch diesmal wieder die immens schwierigen Anforderungen bewundernswert. Nach dem Chamber Orchestra of Europe (1993) war Harnoncourts Klangkörper diesmal sein Concentus, gerüstet mit Instrumenten der Beethoven-Zeit. Dass dieser bei den Aufführungen beim Styriate-Festival 2015 in tieferer Stimmung (a = 430 Hz) spielte, kam Harnoncourts ausgeloteter Darstellung noch entgegen: Alles blendend Pathetische und lärmend Prahlerische schien ausgetrieben. Das nicht ganz homogene Solistenquartett – herausragend die Altistin Bernarda Fink – fügte sich tadellos ein. Mit unerhörter Differenzierung in Harnoncourt ( Teldec/ Warner); Gardiner (DG); Klemperer (EMI) der Dynamik und in den Klangfarben steuerte Harnoncourt der so tief verschatteten, zweifelerschütterten Friedensbitte im abschließenden Agnus Dei entgegen. Das zu hören geht mächtig zu Herzen.
Lothar Brandt