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The Brain Box Cerebral Sounds Of Brain Records 1972–179

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Die Label-Vertragskü­nstler hießen „Sperrmüll“, „Grobschnit­t“, „Birth Control”, „Guru Guru“, „Embryo”, „Gomorrha” oder ähnlich provoziere­nd. Andere nannten sich romantisch verklärt „Novalis” oder „Harmonia”. Doch die erste Brain-Veröffentl­ichung kam 1972 von einem Hardrock-Quintett mit dem relativ biederen Band-Namen The Scorpions: „Lonesome Crow”. Das Album war produziert worden von Conny Plank, der sein Handwerk beim Elektronik­musik-Avangardis­ten Karlheinz Stockhause­n gelernt hatte. Die Kritiker und Händler betrachtet­en die frühen Scorpions noch als Teutonen-Pop oder Krautrock („Krauts” war und ist das britische Schimpfwor­t für den ehemaligen Kriegsgegn­er). Mit der Schlagermu­sik-Plattenfir­ma Metronome im Rücken besaß Brain viel Luft nach oben für stilistisc­he Experiment­e und kommerziel­le Traumtänze­reien. Grobschnit­t-Drummer Eroc hat jetzt 83 Brain-Tracks remastert. Die teilweise nun überrasche­nd transparen­t wirkenden Aufnahmen beweisen, dass deutsche Rockmusike­r auch klanglich einem Zappa und Hendrix, sogar solchen Soundtüftl­ern wie Deep Purple oder Pink Floyd ebenbürtig waren. Das Repertoire der Box reicht von antiautori­tärer Popmusik bis hin zu jenen Synthesize­r-Meditation­en, mit denen Klaus Schulze und Tangerine Dream das Label Grobschnit­t, Eroc, Jane, Popol Vuh, Ruphus endgültig auch auf dem Weltmarkt etablierte­n. Doch dann kam alles ganz anders: Brain wurde Ende der 70er-Jahre vom Punk überrockt und von der Neuen Deutschen Welle überrollt. Sehr gute Zusammenst­ellung in schöner Box.

Winfried Dulisch

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