Gauder Akustik Berlina RC 8
Wir haben für die High End die Besten der Besten in unseren Hörraum eingeladen; leider nicht alle, denn dafür reicht der Platz weder im Hörraum, noch im Heft. Aber für einige Spitzenkandidaten hat es gereicht– die Gauder Akustik Berlina RC 8 gehört defini
Absolute Referenzklasse, dieses Prädikat erzielte die RC 8
Das Tolle am Job des AUDIO- Redakteurs ist die Tatsache, dass Arbeit und Vergnügen oft nahe beieinanderliegen. Wobei angestrengtes Testhören oft mehr Arbeit als Vergnügen ist. Das professionelle Lauschen nach feinsten Nuancen, filigranen Stärken oder Schwächen kostet mehr Kraft und Konzentration, als mancher denken mag. Trotzdem ist das Hören großartiger Lautsprecher immer ein großer Genuss, vor allem, wenn die Entwickler, in diesem Fall Dr. Roland Gauder, ihre Boxen persönlich vorbeibringen. Anfangs bestand noch ein wenig Skepsis auf Grund der starken Bedämpfung der Raum- in- Raum- Konstruktion. Als dann der Ayre-SACD- Player die ersten Musiksignale in die Kette schickte – T+A-Vollverstärker, Stockfisch- Kabel, Berlina RC 8 –, lösten sich die Zweifel schnell in Luft auf beziehungsweise waren wie weggeblasen, denn das ist genau die Stärke der Berlina RC 8, Zweifel einfach wegzublasen. Die drei 9-zölligen Basschassis aus Keramik, eine Spezialanfertigung der Firma Accuton, sorgen für einen mächtigen Antritt im Bass. Zwei Bassreflexrohre feuern versteckt aus dem Boden der Box, die Abstimmfrequenz liegt bei sehr tiefen 22 Hertz. Zieht man die großen Bassreflexröhren vom Gehäusevolumen ab, bleiben immer noch stolze 131 Liter Hubraum.
HOCHTÖNER AUS DIAMANT
Im Mittelton werkelt der bewährte 7-Zöller von Accuton, der ab 180 Hz übernimmt und bereits ab 3400 Hz wieder abgibt. Er verfügt über einen extrem starken Antrieb und folgt dank der leichten und steifen Keramikmembran auch feinsten Impulsen der Musik. Das geht wunderbar konform mit Dr. Gauders Aussage, dass Musik aus Impulsen aufgebaut sei und nicht aus langanhaltenden Sinustönen. Beim Hochtöner hat der Kunde die Wahl zwischen Keramik und Diamant, was einen Preisunterschied von schlappen 6000 Euro ausmacht. Natürlich habe ich mich für die Diamant-Variante entschieden. Bei dem Preisniveau der Berlina RC 8 fällt der saftige Aufschlag gar nicht so sehr ins Gewicht, außerdem muss ich sie ja nicht bezahlen, darf sie
aber leider auch nicht behalten. Beim Hochtöner kommt wieder die Kombination aus geringer Membranmasse, höchster Steifigkeit und starkem Antrieb zum Tragen. Eine extrem aufwendig gerechnete und ausgeführte Weichenkonstruktion ermöglicht extrem steile Flanken an den Grenzbereichen. Genug der Theorie – ich wollte hören, was die R auf dem Kasten hat. Roland holte sein CD- Köfferchen aus dem Auto, ich hatte sowieso einige ausgesuchte CDs im Hörraum. Und so ergab es sich, dass wir in trauter Zweisamkeit auf dem Sofa saßen und wechselweise die Stücke aussuchten. Es vergingen nicht nur Minuten, sondern Stunden wie im Flug. Das war wie früher in unserer Jugend, als man noch mit LPs oder Singles unter dem Arm seinen besten Kumpel besuch- te, um gemeinsam Musik zu hören. Ich legte Philip Glass auf, der uns mit seiner Minimalmusik aufs Neue berührte, Roland legt mit Deep Purples „Child In Time“nach. Dieser Lautsprecher deckte auf, wie gut die Aufnahmen im Grunde sind. Die RC 8 ging mit einer gewissen Akribie und Analytik ans Werk, wirkte dabei nie angestrengt oder überdefiniert. Ich entdeckte in den alten Aufnah- men immer neue Details, fantastisch und ganz nach meinem Geschmack. Während wir der Musik lauschten, kam mir der charmante Gedanke, die Berlina RC 8 für die Hörraum-Vorführungen am Tag der offenen Tür am 7. April 2017 zu verwenden (siehe Seite 116). So konnten sich gut 120 Leser, die in kleinen Gruppen Labor, Vorträge und Hörräume besuchen durften, höchstpersön-
Dieser mitreißende Lautsprecher hat nur einen Fehler – seinen Preis
lich einen Eindruck von diesem Ausnahmelautsprecher verschaffen. Wir hörten zunächst die Tondheim Solisten mit „Magnificat“von Kim André Arnesen als HiRes- Flac mit 24 Bit/96 KHz. Der Hörraum verwandelte sich in eine Kathedrale, in der das Stück auch aufgenommen wurde. Authentischer und packender konnte die Wiedergabe nicht sein. Dass die Musik auch die Leser rührte (bis auf eine Ausnahme), war deutlich an den Gesichtern unserer Gäste abzulesen. Nach dieser transzendenten musikalischen Erfahrung kam Marla Glenn mit „The Cost Of Freedom“zum Zug. Das perfekte Timing brachte den Raum zum Grooven, die erdige und kernige Stimme besaß eine angenehme Natürlichkeit bei gleichzeitig hoher Dynamik. Wie gesagt, jedes Detail wird von der Berlina RC 8 beleuchtet, ohne dass sie dabei übertreiben würde. Ein Spagat, den kaum eine Box schafft. Den letzten Titel ließ Christian Möller, AUDIO- Redakteur, ohne Ansage laufen, da die meisten von uns „Enter Sandman“von Metallica spätestens nach drei Sekunden erkennen. Warum Metallica? Es gibt nur ganz wenige Ketten, die den Sound dieser Band zum Klingen bringen. Der T+A PA 3100 HV und die Gauder Akustik RC 8 schafften es. Die Toms von Lars Ulrich kamen druckvoll- dynamisch in den Raum, trotzdem blieb das Klangbild fein und ausdifferenziert. Das war plastisch, das war mitreißend, und dem einen oder anderen Hörer auch etwas zu laut. Aber unter dem Strich waren alle so wie ich beeindruckt von diesem Ausnahmelautsprecher, der nur einen Fehler hat: seinen Preis. Wer sich in eine Gauder Berlina RC 8 verguckt, sollte über ein gut gefülltes Portmonnaie verfügen, denn sie ist teuer. Keine Frage. Aber fürs Geld bekommt man auch einen der besten Lautsprecher, die wir je im Test hatten. Ich würde auf jeden Fall die Variante mit dem formidablen DiamantHochtöner empfehlen. Dass die Boxen von Gauder-Mitarbeitern oder geschulten Händlern im heimischen Wohnzimmer auf- und eingestellt werden, gehört zum Selbstverständins dieser Firma.