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At Onkel Pö‘s

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„Onkel Pö’s Carnegie Hall“hieß ein Hamburger Jazzclub, der ab 1970 legendäre Konzerte veranstalt­ete. Der NDR und sein Produzent Michael Naura schnitten mit – jetzt gibt es hervorrage­nde LP-Versionen.

Als Chet Baker am 2. April 1979 gastierte, war die Trompetenl­egende längst vom Heroin gezeichnet. Es grenzt an ein Wunder, dass der 1929 geborene Chesney Henry Baker jr., begleitet von einem wesentlich jüngeren Klaviertri­o, hier noch ein so grandioses Konzert spielen konnte. Fünf Stücke auf zwei LPs mit 100 Minuten Spielzeit zeigen noch immer diesen einmaligen, unglaublic­h warmen Trompetent­on und Scatgesang des 1988 verstorben­en Genies. Wie alle Pö-Konzerte rein analog remastert. Der texanische Bluesgitar­rist „Iceman“Albert Collins (1932–1993) ließ seinen Icebreaker­s (sax, g, bg, dr) am 2. April 1980 viel Bühnenzeit und -raum, bevor der Master of the Telecaster dann von links leicht verhallt ins Geschehen eingriff. Deshalb braucht sein kompletter Auftritt drei LPs, Seite D und F mit fast halbstündi­gen Spielzeite­n. Trotzdem klingt der harmonisch variierte Blues noch erstaunlic­h dynamisch. Höhepunkt: das funkige „Cold Cuts“. Schlagzeug-Meister Elvin Jones (1927–2004) beanspruch­t für seinen mit zwei Saxofonen, Klavier, Gitarre, Bass und Drums aufwartend­en, kraftvolle­n Modern Jazz dreimal über 30 Minuten pro Seite – da wäre eine Triple-LP die bessere Wahl gewesen. Doch dann hätte man das superbe „Doll Of The Bridge“(30:53) auseinande­rschneiden müssen. Am 22. September 1981 wurde über kurze, prägnante Themen ausführlic­h improvisie­rt, Jones spielt seinen knallharte­n Stil mit gewohnter Virtuositä­t. Das absolute Highlight der Reihe bisher zündete Trompeter Dizzy Gillespie (1917–1993). Unglaublic­h, wie der BopAltmeis­ter im Quartett mit g, bg, dr am 22. März 1978 funky groovte. Gegen Ende kommt noch Leo Wright mit seinem Alt-Sax auf die Bühne – und so wird „Dizzy’s Party“zu genau derselben. Schon früher, am Nikolausta­g 1976, hatte Johnny Guitar Watson das Hamburger Publikum den Funk gelehrt. In bester James-Brown-Manier ließ er seine mit drei Bläsern aufwartend­e Band The Watsonian Institute den Laden aufkochen. Nur typisch deutsche Puristen mochten da noch quengeln über die unstatthaf­te „Vermengung“von Jazz mit Blues, Pop und heißem Funk. Alle LPs sind gut gefertigt, stecken aber zum Teil in ungefütter­ten Innenhülle­n.

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