Test: Clearaudio Stradivari V2
Der Name lässt an teure Geigen denken. Und an traumhaften Klang. Clearaudios Stradivari V2 tritt an, schöne Assoziationen in Musik umzusetzen.
Ein großer Name für großen Klang: Der Tonabnehmer ist eine Meisterleistung in allen Bereichen. Hat er das Zeug zur AUDIO-Referenz?
Antonio Stradivari lebte von wahrscheinlich 1648 bis 1737. Sein Handwerk hat dem italienischen Geigenbaumeister unsterblichen Ruhm eingebracht, seine Schöpfungen klingen einfach wunderbar. Doch trieb der Ruhm den Marktwert seiner erhaltenen Instrumente – laut MGG- Lexikon rund 600 Geigen, 12 Bratschen und etwa 50 Celli – in astronomische Höhen mit oft sieben Stellen vor dem Euro- Komma. Die Zeiten, als sich Künstler wie der legendäre Geiger Joseph Joachim (1831– 1907) noch fünf Stradivaris leisten konnten, sind wohl endgültig vorbei, selbst Anne-Sophie Mutter besitzt nur zwei. High- End- Fans haben es da etwas leichter: Sie können „echten“StradivariKlang schon für 3200 Euro bekommen. So viel kostet die aktuelle Version V2 des gleichnamigen Moving- Coil-Tonabnehmersystems von Clearaudio. In der AU- DIO- Bestenliste stand freilich bis dato noch immer das „alte“, erste Stradivari, das der Autor in Heft 12/06 getestet hat. Aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass er jüngst gerne das aktuelle V2 empfohlen hat, so in Kombination mit dem famosen Plattenspieler Thorens TD 907 in AUDIO 8/17. Und auf Clearaudios Homepage wird ein BrandtTest des „Spitzen- Instruments“für die Audio- Rubrik eines Schweizer Magazins aufgeführt. Höchste
Zeit also, die Test- Übersicht der wahren AUDIO in dieser Hinsicht auf den neuesten Stand zu bringen. Die Erfahrung mit inzwischen zwei dieser in edler Schatuelle mit Einbau-Zubehör und indivudellem Messprotokoll gelieferten Systems lehrt mehrerlei: Erstens sollte man dem Verbund aus der von Namiki in Micro HD äußerst rillenkontaktfreudig geschliffener Nadel, dem extrem dünnen Nadelträger aus Bor, den hauchdünnen, um winzige, bewegte Spulen gewickelten 24- KaratGolddrähtchen und den acht kraftvollen, im Doppelkreuz festsitzenden Magneten ordentlich Zeit zum Einspielen geben. Erst dann weicht eine gewisse Strähnigkeit aus dem Klangbild. Noch eine Anmerkung zum Nadelträger: Obwohl der stramme 28 Millinewton Auflagekraft locker wegsteckt, sollte er ansonsten nicht angerührt werden. Schon ein unbedachter Schubs mit dem mitgelieferten Nadelschutz – und weg bricht der kapriziöse Cantilever. Zweitens sollten Tonarm und Laufwerk dem schnöden Mittelmaß entwachsen sein, an mediokrer Mit- Mechanik entfaltet sich die wahre Pracht genauso wenig wie an Nullachtfuffzehn- Phonostufen. Edlere Elektronik, die zudem die er- wünschten 300 bis 500 Ohm AbschlussWiderstand bietet, hebt dagegen den Erlangener Edel- Abtaster in die Sphäre der Weltbesten. Dem Autor ist kein Pickup bekannt, der eine derartige Detailfülle ausschüttet, ohne im Gegenzug mit überzogenen Höhen zu nerven. Gegenüber dem Vorgänger hat das V2 nicht nur auf 7 Gramm Gewicht, sondern auch an Leichtigkeit zugelegt. Impulse kommen mit einer Schnelligkeit, Rauminformationen mit einer Luftigkeit, die ihresgleichen suchen. Der Bass, ob vom Orgelpedal, vom geslappten E- Bass, von vehement gekickter Bassdrum oder von beherzt geschlagener großer Orchestertrommel, blieb immer schön schlank, sauber konturiert und straff. Das ist ruhmreiche, höchste Baukunst in Sachen Abtastinstrumente.