Sergei Prokofjew
Franziska Pietsch, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Cristian Macelaru
Ihre Einspielung der Violinsonaten von Sergei Prokofjew (1891– 1953) zählte zu den kammermusikalischen Highlights 2016. Und Franziska Pietsch spielt nun auch die beiden Konzerte des russischen Espressivo-Meisters mit unbedingtem Ausdruckswillen. Die technischen und künstlerischen Mittel des ehemaligen DDR-Wunderkindes (1984 verstoßen wegen der Ausreise des Vaters, seit 1986 selbst im Westen lebend) sind offensichtlich unbegrenzt. Ihre Testore-Geige aus dem Jahr 1751 klingt mal innig, mal keck, in extremer Höhenlage auch mal spitz, dann wieder kraftvoll-klangsatt. Franziska Pietsch neigt dazu, Kontraste anzuschärfen, was den Stücken sicherlich zugutekommt. Die beiden rund 17 Jahre auseinanderliegenden Violinkonzerte D-Dur und g-Moll unterscheiden sich nicht so stark wie die beiden Sonaten, doch verlangen sie werkintern nach großer Darstellungsbreite von volksliedhafter Schlichtheit bis zu aberwitzigen Flageolet-, Pizzicato- und Glissando-Passagen. Pietsch, immer noch aktive Kammermusikerin und langgediente Konzertmeisterin, verzahnt sich selbst wunderbar eng mit dem Orchester. In der sehr transparenten und räumlichen Aufnahme gibt es nur am DSO etwas zu bekritteln, vor allem beim zweiten Konzert: Da dürften im Mittelsatz ein wenig mehr Chung (Decca), Gluzman (BIS), Milstein (EMI), Stern (CBS) charmante Ironie und im zu „gerade“gespielten Finale mehr rhythmische Variabilität zu Tage treten. Doch insgesamt ist dies eine grandiose Konzerteinspielung einer überragenden Kammermusikerin.
Lothar Brandt