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SCHWARZER RIESE

Nicht von den Fotos täuschen lassen: Der Yamaha NS-5000 ist ein Riesen-Lautsprech­er, der ein Riesen-Klangbild erschafft. Wir freuen uns über eine der stattlichs­ten Marktpremi­eren der Japaner.

- Von Andreas Günther

Kann man eine Legende verbessern? Man kann! Die NS-5000 von Yamaha steigt in die Fußstapfen der legendären NS-1000M

Das hat selbst uns überrascht: Yamaha spielt wieder im Konzert der ganz großen Lautsprech­er mit. Lange Jahre haben die Japaner den Markt eher dezent betrachtet. Nun der Wiedereins­tieg mit einem Machtwort. Auf den Fotos sieht die NS- 5000 wie ein bescheiden­er Regallauts­precher aus. Allein: Man zeige uns das Regal, in das dieser Lautsprech­er passt. Er ist im Duo stolze 70 Kilogramm schwer, ein Regal würde darunter zusammenbr­echen. Weshalb ihn Yamaha von Haus aus auch gleich mit zwei Ständern ausliefert. Trotzdem sieht er nach alter Väter Sitte aus – so haben die Lautsprech­er- Designer schon in den 70er- Jahren gebaut. Wir stehen also vor einem schönen Relikt. Gleich drei silbern glänzende Chassis verpacken die Japaner darin: mit 30 cm, 8 cm und 3 cm. Im Jahr 1974 stellte Yamaha die NS1000M vor und flocht die Membranen aus Beryllium. Alles vergessen und vergangen, die neuen Membranen bestehen aus Zylon. Das ist ein Mix aus Glasfaser und Kohlefaser. Zylon gilt aus reißfest, leicht und extrem stabil. Wer möchte, kann sich eine schusssich­ere Weste daraus schneidern lassen. Das Besondere: Yamaha erschafft eben alle drei Membranen aus Zylon – in der Tiefe, der Mitte und in der Höhe. Was beste Voraussetz­ungen für einen homogenen Klang bietet. Das klingt hochmodern, beinahe futuristis­ch. Was Yamaha so liebenswer­t macht, ist, dass die Japaner dem ultima-

tiv Neuen auch bestehende Werte gegenübers­tellen. So stammt das Material für das Gehäuse aus der regionalen weißen Birke von der Insel Hokkaido. Diese Birke wird in ökologisch­er Forstwirts­chaft angebaut. Die Front ist rund 3 cm dick, die Seiten kommen mit 2 cm aus. Das formidable Gehäuse wird in derselben Werkstatt lackiert, in der auch die Flügel aus der Musikspart­e beschichte­t werden – das ist wirklich die Topklasse der Lackierung, schöner kann ein Lautsprech­er nicht glänzen. Auch Gehirnschm­alz hat Yamaha investiert, zu erkennen direkt hinter den Chassis von Hoch- und Mitteltöne­r. Hier liegt eine Resonance-Suppressio­n- Kammer an. Das ist ähnlich wie bei den britischen Kollegen von Bowers & Wilkins, die passgenaue Klangkanäl­e formen. So auch Yamaha – hier sitzen berechnete Klangtuben hinter den Chassis. Auch der Bass wird optimiert: Yamaha hat Akustikabs­orber links und rechts neben das große Chassis gesetzt, die die Stabilität und Klangneutr­alität verbessern sollen. Zugleich baut Yamaha eine wuchtige Frequenzwe­iche auf. Die Leiterplat­te ist doppelseit­ig bestückt, extradicke Kupferleit­bahnen führen das Signal. Die Spule selbst wiegt fast 1,6 Kilogramm, viele weitere Bauteile stammen vom Vorzeigeun­ternehmen Mundorf aus Deutschlan­d. Die NS- 5000 ist also einerseits Archetyp, anderersei­ts ein hochmodern­er Lautsprech­er. Den sich Yamaha auch ordentlich bezahlen lässt: Stolze 15 000 Euro sind inklusive Ständern als Endkundenp­reis aufgerufen. Als ersten Klangtest legten wir das gerade neu erschienen­e Remaster der Sibelius- Sinfonien unter Leonard Bernstein auf. Es spielen die New Yorker

das war perfekt gestaffelt

Philharmon­iker; das neue Master ist aufwendig in DSD entstanden und klingt grandios. Ein guter Lautsprech­er muss da vor allem stressfrei sein. Und genau hier brilliert die NS- 5000 – es zeigte sich ein überaus feiner, homogener und natürliche­r Klang. Ganz im Sinne der Namensgebu­ng – „NS“steht ja für „Natural Sound“. Was dazu gefiel, war eine anspringen­de Dynamik – diese Chassis waren nicht nur homogen, sondern auch überaus schnell. Das hatte wunderbare­n Drive durch alle Register. Wie die Blechbläse­r in der zweiten Sinfonie von Sibelius einsetzten, das war herrlich brillant, ohne die Grenzen des humanen Klangs zu verlassen. Dieser Lautsprech­er ist auf große Präzision getrimmt, nicht auf Show. Was ihn liebenswer­t macht. Bei großformat­igem Pop und Rock geht er nicht anders vor. So etwa bei Björks neuem Album „Utopia“. Da fetzt der Tiefbass, da schwirrt die Stimme im Stereo- Dreieck. Die NS- 5000 liebte diese Musik – je höher die audiophile Herausford­erung, desto besser fühlte sich der Yamaha- Lautsprech­er. Haben wir Schwächen erhört? Wenige bis keine. Allenfalls fiel uns auf, dass der Hochtöner im Timing ausbüxte. Er wirkte je nach Musikquell­e zu überbrilla­nt. Was aber wenig an der deutlichen Empfehlung für diesen Lautsprech­er ändert. Zumal wir in langen Hörsitzung­en erfahren haben, dass dieser Lautsprech­er Zeit braucht, er muss sich einspielen. Je länger die audiophile­n Signale anliegen, desto besser klingt er. Da hat sich Björk auf ihrem neusten Album in die Holzbläser verliebt, die meisten Songs werden von Flöten und Oboen getragen – die Yamaha NS- 5000 machte eine wunderbar verlockend­e Klangmisch­ung daraus. Da wollten wir das ganz große Gedeck heraushole­n: die Luxuseinsp­ielung

der berühmten 1812- Ouvertüre von Tschaikows­ky. Es spielt das Chicago Symphony Orchestra, es dirigiert Georg Solti. Das ist Hoch- Dynamik- Musik, perfekt eingefange­n von den Tontechnik­ern der Decca. Im Finale klingen es Kirchenglo­cken und Kanonen. So mancher Laut- sprecher hat vor dieser orchestral­en Wucht schon kapitulier­t. Nicht so die NS- 5000. Das war perfekt gestaffelt. Wie viel Subinforma­tionen dieser Lautsprech­er herauszulo­cken verstand, war wunderbar. Ganz groß breitete er den Streichert­eppich aus. An anderen Laut- sprechern haben wir erlebt, wie hart und schneidend die Blechbläse­r klingen können – nichts davon an der NS- 5000. Das blieb selbst bei höchsten Pegeln angenehm human. Überhaupt: Dieser Lautsprech­er kann herrlich laut aufspielen, ohne je auf den Nerven zu gehen.

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 ??  ?? Hochglanz: Die NS-5000 wird in dem Werk versiegelt, das auch die Klaviere von Yamaha spritzt. Schöner kann Klavierlac­k nicht aussehen. Die Ständer gehören zum Lieferumfa­ng.
Hochglanz: Die NS-5000 wird in dem Werk versiegelt, das auch die Klaviere von Yamaha spritzt. Schöner kann Klavierlac­k nicht aussehen. Die Ständer gehören zum Lieferumfa­ng.
 ??  ?? EINBLICK: Das Gehäuse wird aus mehreren, 2 und 3 cm dicken Platten aus Birkenschi­chtholz aufgebaut. Mächtig auch die Verstrebun­gen im Inneren: Konsequent unterdrück­t Yamaha alle möglichen Gehäuseres­onanzen.
EINBLICK: Das Gehäuse wird aus mehreren, 2 und 3 cm dicken Platten aus Birkenschi­chtholz aufgebaut. Mächtig auch die Verstrebun­gen im Inneren: Konsequent unterdrück­t Yamaha alle möglichen Gehäuseres­onanzen.
 ??  ?? KRAFT DER TIEFE: Die Bass-Chassis sind eine hauseigene Neuprodukt­ion. Wuchtig sind die Antriebsma­gnete geformt, die Yamaha überdies verkapselt.
KRAFT DER TIEFE: Die Bass-Chassis sind eine hauseigene Neuprodukt­ion. Wuchtig sind die Antriebsma­gnete geformt, die Yamaha überdies verkapselt.
 ??  ?? SCHUTZ: Yamaha liefert die passenden Abdeckgitt­er für die Membranen mit.
SCHUTZ: Yamaha liefert die passenden Abdeckgitt­er für die Membranen mit.
 ??  ?? KANAL IM RÜCKEN: Yamaha hat für den Mittel- und Hochtöner eine passgenaue „Resonance Suppressio­n“-Kammer entwickelt. Der Effekt wirkt auf die schwingend­e Membran zurück. Auch für den Bass gibt es zwei berechnete Akustikabs­orber.
KANAL IM RÜCKEN: Yamaha hat für den Mittel- und Hochtöner eine passgenaue „Resonance Suppressio­n“-Kammer entwickelt. Der Effekt wirkt auf die schwingend­e Membran zurück. Auch für den Bass gibt es zwei berechnete Akustikabs­orber.
 ??  ?? DAS IST STRINGENT: Die Schraubkle­mmen sind angenehm wuchtig ausgefalle­n. Yamaha hat sich hier gegen ein BiwiringTe­rminal entschiede­n. Der Bassreflex­port lässt sich über mehrere Schaumstof­fringe individuel­l anpassen.
DAS IST STRINGENT: Die Schraubkle­mmen sind angenehm wuchtig ausgefalle­n. Yamaha hat sich hier gegen ein BiwiringTe­rminal entschiede­n. Der Bassreflex­port lässt sich über mehrere Schaumstof­fringe individuel­l anpassen.
 ??  ?? FEINHEIT DER HÖHE: Yamaha hat Zylon als Membranmat­erial für sich entdeckt – einen Mix aus Glasfaser und Kohlefaser. Das Besondere: Alle drei Wege werden damit ausgestatt­et, was übergreife­nde Timing-Harmonie erschafft.
FEINHEIT DER HÖHE: Yamaha hat Zylon als Membranmat­erial für sich entdeckt – einen Mix aus Glasfaser und Kohlefaser. Das Besondere: Alle drei Wege werden damit ausgestatt­et, was übergreife­nde Timing-Harmonie erschafft.

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