SCHWARZER RIESE
Nicht von den Fotos täuschen lassen: Der Yamaha NS-5000 ist ein Riesen-Lautsprecher, der ein Riesen-Klangbild erschafft. Wir freuen uns über eine der stattlichsten Marktpremieren der Japaner.
Kann man eine Legende verbessern? Man kann! Die NS-5000 von Yamaha steigt in die Fußstapfen der legendären NS-1000M
Das hat selbst uns überrascht: Yamaha spielt wieder im Konzert der ganz großen Lautsprecher mit. Lange Jahre haben die Japaner den Markt eher dezent betrachtet. Nun der Wiedereinstieg mit einem Machtwort. Auf den Fotos sieht die NS- 5000 wie ein bescheidener Regallautsprecher aus. Allein: Man zeige uns das Regal, in das dieser Lautsprecher passt. Er ist im Duo stolze 70 Kilogramm schwer, ein Regal würde darunter zusammenbrechen. Weshalb ihn Yamaha von Haus aus auch gleich mit zwei Ständern ausliefert. Trotzdem sieht er nach alter Väter Sitte aus – so haben die Lautsprecher- Designer schon in den 70er- Jahren gebaut. Wir stehen also vor einem schönen Relikt. Gleich drei silbern glänzende Chassis verpacken die Japaner darin: mit 30 cm, 8 cm und 3 cm. Im Jahr 1974 stellte Yamaha die NS1000M vor und flocht die Membranen aus Beryllium. Alles vergessen und vergangen, die neuen Membranen bestehen aus Zylon. Das ist ein Mix aus Glasfaser und Kohlefaser. Zylon gilt aus reißfest, leicht und extrem stabil. Wer möchte, kann sich eine schusssichere Weste daraus schneidern lassen. Das Besondere: Yamaha erschafft eben alle drei Membranen aus Zylon – in der Tiefe, der Mitte und in der Höhe. Was beste Voraussetzungen für einen homogenen Klang bietet. Das klingt hochmodern, beinahe futuristisch. Was Yamaha so liebenswert macht, ist, dass die Japaner dem ultima-
tiv Neuen auch bestehende Werte gegenüberstellen. So stammt das Material für das Gehäuse aus der regionalen weißen Birke von der Insel Hokkaido. Diese Birke wird in ökologischer Forstwirtschaft angebaut. Die Front ist rund 3 cm dick, die Seiten kommen mit 2 cm aus. Das formidable Gehäuse wird in derselben Werkstatt lackiert, in der auch die Flügel aus der Musiksparte beschichtet werden – das ist wirklich die Topklasse der Lackierung, schöner kann ein Lautsprecher nicht glänzen. Auch Gehirnschmalz hat Yamaha investiert, zu erkennen direkt hinter den Chassis von Hoch- und Mitteltöner. Hier liegt eine Resonance-Suppression- Kammer an. Das ist ähnlich wie bei den britischen Kollegen von Bowers & Wilkins, die passgenaue Klangkanäle formen. So auch Yamaha – hier sitzen berechnete Klangtuben hinter den Chassis. Auch der Bass wird optimiert: Yamaha hat Akustikabsorber links und rechts neben das große Chassis gesetzt, die die Stabilität und Klangneutralität verbessern sollen. Zugleich baut Yamaha eine wuchtige Frequenzweiche auf. Die Leiterplatte ist doppelseitig bestückt, extradicke Kupferleitbahnen führen das Signal. Die Spule selbst wiegt fast 1,6 Kilogramm, viele weitere Bauteile stammen vom Vorzeigeunternehmen Mundorf aus Deutschland. Die NS- 5000 ist also einerseits Archetyp, andererseits ein hochmoderner Lautsprecher. Den sich Yamaha auch ordentlich bezahlen lässt: Stolze 15 000 Euro sind inklusive Ständern als Endkundenpreis aufgerufen. Als ersten Klangtest legten wir das gerade neu erschienene Remaster der Sibelius- Sinfonien unter Leonard Bernstein auf. Es spielen die New Yorker
das war perfekt gestaffelt
Philharmoniker; das neue Master ist aufwendig in DSD entstanden und klingt grandios. Ein guter Lautsprecher muss da vor allem stressfrei sein. Und genau hier brilliert die NS- 5000 – es zeigte sich ein überaus feiner, homogener und natürlicher Klang. Ganz im Sinne der Namensgebung – „NS“steht ja für „Natural Sound“. Was dazu gefiel, war eine anspringende Dynamik – diese Chassis waren nicht nur homogen, sondern auch überaus schnell. Das hatte wunderbaren Drive durch alle Register. Wie die Blechbläser in der zweiten Sinfonie von Sibelius einsetzten, das war herrlich brillant, ohne die Grenzen des humanen Klangs zu verlassen. Dieser Lautsprecher ist auf große Präzision getrimmt, nicht auf Show. Was ihn liebenswert macht. Bei großformatigem Pop und Rock geht er nicht anders vor. So etwa bei Björks neuem Album „Utopia“. Da fetzt der Tiefbass, da schwirrt die Stimme im Stereo- Dreieck. Die NS- 5000 liebte diese Musik – je höher die audiophile Herausforderung, desto besser fühlte sich der Yamaha- Lautsprecher. Haben wir Schwächen erhört? Wenige bis keine. Allenfalls fiel uns auf, dass der Hochtöner im Timing ausbüxte. Er wirkte je nach Musikquelle zu überbrillant. Was aber wenig an der deutlichen Empfehlung für diesen Lautsprecher ändert. Zumal wir in langen Hörsitzungen erfahren haben, dass dieser Lautsprecher Zeit braucht, er muss sich einspielen. Je länger die audiophilen Signale anliegen, desto besser klingt er. Da hat sich Björk auf ihrem neusten Album in die Holzbläser verliebt, die meisten Songs werden von Flöten und Oboen getragen – die Yamaha NS- 5000 machte eine wunderbar verlockende Klangmischung daraus. Da wollten wir das ganz große Gedeck herausholen: die Luxuseinspielung
der berühmten 1812- Ouvertüre von Tschaikowsky. Es spielt das Chicago Symphony Orchestra, es dirigiert Georg Solti. Das ist Hoch- Dynamik- Musik, perfekt eingefangen von den Tontechnikern der Decca. Im Finale klingen es Kirchenglocken und Kanonen. So mancher Laut- sprecher hat vor dieser orchestralen Wucht schon kapituliert. Nicht so die NS- 5000. Das war perfekt gestaffelt. Wie viel Subinformationen dieser Lautsprecher herauszulocken verstand, war wunderbar. Ganz groß breitete er den Streicherteppich aus. An anderen Laut- sprechern haben wir erlebt, wie hart und schneidend die Blechbläser klingen können – nichts davon an der NS- 5000. Das blieb selbst bei höchsten Pegeln angenehm human. Überhaupt: Dieser Lautsprecher kann herrlich laut aufspielen, ohne je auf den Nerven zu gehen.