Test Fezz Audio Mira Ceti
Geliebt für ihren Reichtum an Klangfarben, unterschätzt wegen ihrer geringen Kraft – Single-Ended-Amps sind Exoten. Dieser Kandidat von Fezz Audio bricht mit vielen Spielregeln. Zum Glück.
Dass ein Single-Ended-Röhrenverstärker auch richtig gut klingen kann, zeigt dieses feine Exemplar sehr eindrucksvoll
Wir sind verrückt. Wir sehnen uns nach immer neuen Rekorden, nach Verstärkern mit 300, 400 oder sogar 500 Watt. Wunderbar. Immer mehr davon. Doch der Wahnsinn hat seine Grenzen, denn Wattzahlen allein machen niemanden glücklich. Wir möchten eine Lanze brechen für die Reduktion: Hier hätten wir einen Verstärker mit 2 x 8 Watt. Meine Güte, wie mickrig, werden manche sagen. Wir aber stellen uns hin und sagen: Das ist ein Traum- Amp, wenn er mit den richtigen Lautsprechern zusammenspielt. Doch Vorsicht: Im tieferen Sinn benötigt er keinen Artenschutz, er muss ganz einfach nur die richtigen Mitspieler finden, die unter klassischen dynamischen Lautsprechern eben kaum anzutreffen sind. Am besten sucht man daher unter den Exoten, den Breitbändern und Hörnern. Wichtig ist, dass der Wirkungsgrad stimmt – dann können 8 Watt ein regelrechtes Klangfest entfachen. Langer Einstieg, kurzer Sinn: Wir haben uns in den Mira Ceti von Fezz Audio verliebt. Das ist ein wunderbar klassisch aufgebauter Single- Ended-Verstärker, der für 2450 Euro zu haben ist. Kenner der Branche werden über diese Summe staunen, denn sie ist zutiefst human. Normalerweise werde Single- Ended- Amps um das Mehrfache höher eingepreist. Ist es wirklich günstig, so greift ein Klischee: Aha, dann wird der Verstärker wohl lieblos in China zusammengeschraubt worden sein. Das trifft hier nicht zu: Eine recht neue Company zeigt, dass sie den Chinesen Paroli bieten kann. Die Macher von Fezz Audio sitzen in Polen, zwei Brüder gründeten die Firma 2015. Vor wenigen Wochen verliebte sich Frank Urban vom deutschen Vertrieb Audium in die Produkte, und deshalb dürfen auch wir uns an ihnen erfreuen. Eine Lobeshymne auf den Fezz Titania haben wir bereits in unserer Jubiläumsausgabe 1/18 abgedruckt. Da gab es 107 Klangpunkte und ein „überragend“
DA LEUCHTETE DAS KLANGBILD REGELRECHT
– für einen klassischen Push- Pull-Verstärker mit doppelten 50 Watt. Nun also ein Hyper- Feingeist mit 8 Watt, der aber ganz andere audiophile Ansprüche aufkeimen lässt. Hier glänzen für viele ganz neue Ideale. So gibt es bei Eintaktverstärkern keine Übernahmeverzerrungen, dieser Amp kann wunderbar clean aufspielen. Zudem glimmt an seiner Front eine 300B- Röhre, die so explizit nur für den Audiobereich entwickelt wurde. Zum Hintergrund: Es gibt einige andere, zumeist leistungsstärkere Röhren, die aber im Sendebereich zu Hause sind – also für den Einsatzbereich praktisch adoptiert wurden. Die 300B erfüllt
die reinen Messdaten. Sie ist ein Klassiker und stammt aus dem Jahre 1933. Damals setzte Western Electric auf die Triode und baute legendäre Verstärker für Filmtheater. Was sie so überragend macht: Sie kann mit niedrigen Spannungen arbeiten und ist harmonisch überaus gutmütig. So gibt es nur ganzzahlige, harmonische Verzerrungen wie im K2, im Gegensatz zu disharmonischen Verzerrungsformen anderer Verstärker. Aber wie klingt denn nun der RöhrenVollverstärker Mira Ceti? Wir haben ihn an klassischen Lautsprechern ausprobiert, und schon hier zeigte er eine ungemeine Spielfreude. Das war schnell, auf den Punkt genau und großartig im Panorama. Nur mitunter sackte der Druck im Bass etwas durch. Also braucht es den rich- tigen Mitspieler. Wir entschieden uns für die in diesem Heft getestete Voxativ Zeth B. Und siehe da: Zusammen entspann sich ein fantastisches Fest, das man erlebt haben muss. Altbekannte Klassiker unter unseren Testaufnahmen klangen vollkommen verwandelt. Zum Beispiel haben wir uns in die „Eroica“verliebt, Beethovens dritte Sinfonie in der Aufnahme der Berliner Philharmoniker unter Simon Rattle. Die Tracks sind in 24 Bit und 192 Kilohertz zu haben und klingen schlicht überragend. Der Mira Ceti verlieh der feinen Ansammlung von Impulsen eine immense Kraft – da leuchtete das Klangbild regelrecht. Die Wucht der Streicher, die feinen Einwürfe der Holzbläser, die brachiale Kraft der Blechbläser – nie haben wir das plastischer gehört.