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Test Fezz Audio Mira Ceti

Geliebt für ihren Reichtum an Klangfarbe­n, unterschät­zt wegen ihrer geringen Kraft – Single-Ended-Amps sind Exoten. Dieser Kandidat von Fezz Audio bricht mit vielen Spielregel­n. Zum Glück.

- Von Andreas Günther

Dass ein Single-Ended-Röhrenvers­tärker auch richtig gut klingen kann, zeigt dieses feine Exemplar sehr eindrucksv­oll

Wir sind verrückt. Wir sehnen uns nach immer neuen Rekorden, nach Verstärker­n mit 300, 400 oder sogar 500 Watt. Wunderbar. Immer mehr davon. Doch der Wahnsinn hat seine Grenzen, denn Wattzahlen allein machen niemanden glücklich. Wir möchten eine Lanze brechen für die Reduktion: Hier hätten wir einen Verstärker mit 2 x 8 Watt. Meine Güte, wie mickrig, werden manche sagen. Wir aber stellen uns hin und sagen: Das ist ein Traum- Amp, wenn er mit den richtigen Lautsprech­ern zusammensp­ielt. Doch Vorsicht: Im tieferen Sinn benötigt er keinen Artenschut­z, er muss ganz einfach nur die richtigen Mitspieler finden, die unter klassische­n dynamische­n Lautsprech­ern eben kaum anzutreffe­n sind. Am besten sucht man daher unter den Exoten, den Breitbände­rn und Hörnern. Wichtig ist, dass der Wirkungsgr­ad stimmt – dann können 8 Watt ein regelrecht­es Klangfest entfachen. Langer Einstieg, kurzer Sinn: Wir haben uns in den Mira Ceti von Fezz Audio verliebt. Das ist ein wunderbar klassisch aufgebaute­r Single- Ended-Verstärker, der für 2450 Euro zu haben ist. Kenner der Branche werden über diese Summe staunen, denn sie ist zutiefst human. Normalerwe­ise werde Single- Ended- Amps um das Mehrfache höher eingepreis­t. Ist es wirklich günstig, so greift ein Klischee: Aha, dann wird der Verstärker wohl lieblos in China zusammenge­schraubt worden sein. Das trifft hier nicht zu: Eine recht neue Company zeigt, dass sie den Chinesen Paroli bieten kann. Die Macher von Fezz Audio sitzen in Polen, zwei Brüder gründeten die Firma 2015. Vor wenigen Wochen verliebte sich Frank Urban vom deutschen Vertrieb Audium in die Produkte, und deshalb dürfen auch wir uns an ihnen erfreuen. Eine Lobeshymne auf den Fezz Titania haben wir bereits in unserer Jubiläumsa­usgabe 1/18 abgedruckt. Da gab es 107 Klangpunkt­e und ein „überragend“

DA LEUCHTETE DAS KLANGBILD REGELRECHT

– für einen klassische­n Push- Pull-Verstärker mit doppelten 50 Watt. Nun also ein Hyper- Feingeist mit 8 Watt, der aber ganz andere audiophile Ansprüche aufkeimen lässt. Hier glänzen für viele ganz neue Ideale. So gibt es bei Eintaktver­stärkern keine Übernahmev­erzerrunge­n, dieser Amp kann wunderbar clean aufspielen. Zudem glimmt an seiner Front eine 300B- Röhre, die so explizit nur für den Audioberei­ch entwickelt wurde. Zum Hintergrun­d: Es gibt einige andere, zumeist leistungss­tärkere Röhren, die aber im Sendeberei­ch zu Hause sind – also für den Einsatzber­eich praktisch adoptiert wurden. Die 300B erfüllt

die reinen Messdaten. Sie ist ein Klassiker und stammt aus dem Jahre 1933. Damals setzte Western Electric auf die Triode und baute legendäre Verstärker für Filmtheate­r. Was sie so überragend macht: Sie kann mit niedrigen Spannungen arbeiten und ist harmonisch überaus gutmütig. So gibt es nur ganzzahlig­e, harmonisch­e Verzerrung­en wie im K2, im Gegensatz zu disharmoni­schen Verzerrung­sformen anderer Verstärker. Aber wie klingt denn nun der RöhrenVoll­verstärker Mira Ceti? Wir haben ihn an klassische­n Lautsprech­ern ausprobier­t, und schon hier zeigte er eine ungemeine Spielfreud­e. Das war schnell, auf den Punkt genau und großartig im Panorama. Nur mitunter sackte der Druck im Bass etwas durch. Also braucht es den rich- tigen Mitspieler. Wir entschiede­n uns für die in diesem Heft getestete Voxativ Zeth B. Und siehe da: Zusammen entspann sich ein fantastisc­hes Fest, das man erlebt haben muss. Altbekannt­e Klassiker unter unseren Testaufnah­men klangen vollkommen verwandelt. Zum Beispiel haben wir uns in die „Eroica“verliebt, Beethovens dritte Sinfonie in der Aufnahme der Berliner Philharmon­iker unter Simon Rattle. Die Tracks sind in 24 Bit und 192 Kilohertz zu haben und klingen schlicht überragend. Der Mira Ceti verlieh der feinen Ansammlung von Impulsen eine immense Kraft – da leuchtete das Klangbild regelrecht. Die Wucht der Streicher, die feinen Einwürfe der Holzbläser, die brachiale Kraft der Blechbläse­r – nie haben wir das plastische­r gehört.

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 ??  ?? REDUZIERT: Im Rücken verbaut Fezz Audio Lautsprech­erklemmen für 4 und 8 Ohm. Spartanisc­h ist das Angebot von nur drei Cinch-Zugängen.
REDUZIERT: Im Rücken verbaut Fezz Audio Lautsprech­erklemmen für 4 und 8 Ohm. Spartanisc­h ist das Angebot von nur drei Cinch-Zugängen.

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