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Test Opera Grand Mezza MK II

Darf man das – einen so schönen Lautsprech­er zu diesem Preis anbieten? 2000 Euro wünschen sich die italienisc­hen Macher von Opera für ihre Grand Mezza MK II. Das ist mehr als angemessen für feinstes Holz und feinsten Klang.

- Von Andreas Günther

Diese Box wird zuerst Ihre Augen und dann Ihre Ohren verführen

Schon die erste Begegnung mit der Opera Grand Mezza MK II verführt das Bewusstsei­n, haptisch und äußerlich. Die Front ist mit Leder bespannt, perfekt in jedem Quadratzen­timeter. Die Seiten prangen in feinstem Holz, wahlweise schwarze Esche, Kirsche oder Mahagoni. Die Italiener wissen, wie man schmucke Lautsprech­er baut. Dazu gibt es massive Traversen für besten Stand. Was verwirrt: Nur 2000 Euro wünscht sich Opera für die neue Grand Mezza MK II. Das spottet fast der superben Verarbeitu­ng allein. Wer einen Blickfang fürs Wohnzimmer sucht – hier ist er. Zudem entsteht alles am Firmensitz in Treviso, knapp vor der Lagune von Venedig. Jeder Kunde kann sich rühmen, feinste handwerkli­che Qualitäten zu besitzen. Was die Italiener nicht tun und offen zugeben: Sie entwickeln ihre Chassis nicht selbst, sondern geben diese in Auftrag bei Seas. Wir sitzen also vor einer norwegisch- italienisc­hen Koprodukti­on. Das kann man abtun oder als Kombinatio­n des Besten aus zwei Welten schätzen. Oberhalb von 2000 Herz schwingt eine Textilkalo­tte, aufwendig fluidgedäm­pft. Darunter liegt ein Mitteltöne­r mit 5-Zoll- Diagonale aus Polypropyl­en. Zwei verwandte Chassis werden auch für die Bassproduk­tion eingesetzt. Auch hier schwingt Polypropyl­en unter der Grenzfrequ­enz von 200 Hertz. Wir haben einen näheren Blick auf die Frequenzwe­iche geworfen – Opera versammelt hier Feinkostko­mponenten in einer strikt- klassische­n Anordnung, alles per Hand konfigurie­rt. So baut man hochwertig­e Komponente­n. Die Bassreflex­öffnung geht nach vorn. Was praktisch ist – dieser Lautsprech­er

kann sowohl frei im Raum als auch recht nah an der Rückwand spielen. Was die Italiener noch anpreisen: Auch kleine Verstärker sollen diese Box antreiben können, sie ist auf Drive bei kleinen Wattzahlen ausgelegt. Wer aufmerksam mitgelesen hat, könnte hier den Lautsprech­er seines Lebens ergattern. Im Klangtest schoben wir uns langsam an die härtesten Gradmesser heran. Wir begannen mit ganz feinen Tönen: Die große Cembalisti­n Zuzana Ruzickova interpreti­ert Bachs Goldberg-Variatione­n. Die Aufnahme ist kürzlich im neuen Mastering erschienen, aufgelöst in 24 Bit und 96 Kilohertz. Ein Lautsprech­er muss hier das Timing beherrsche­n. Jeder Ton verfügt über eine Hochenergi­e, mit der er sich aus der Boxenachse lösen sollte. Genau diese Qualität zeigte die Grand Mezza MK II. Da schwirrten ganz fein Luft und Saite, was jedoch zu wenig wäre für die Abbildung eines leibhaftig­en Cembalos. Auch die Kür vermochte die Opera zu stemmen: Da erschien plötzlich ein großformat­iges Cembalo vor unserem inneren Auge. Das hatte Fundament, viel Holz und wiederum die hohe Energie der angerissen­en Saiten. Die Grand Mezza MK II beherrscht­e dieses filigrane Kraftgefüg­e wunderbar.

KLAR UND PRÄGNANT

Wie hält es die Opera mit gutem Jazz? Der Trompeter Till Brönner und der Kontrabass­ist Dieter Ilg haben mit „Nightfall“eines der feinsten Alben der jüngsten Zeit vorgelegt. Der Raum ist kompakt, präzise im Nachhall. Sofort stellt sich die Aura ein. Da wird es schwierig für einen Lautsprech­er – er muss Luft und Raum erschaffen, sonst bricht die Leichtigke­it der Interpreta­tion. Hier spielte die Opera Grand Mezza MK II in der Champions League: Das besaß Charme und herrlich entspannte Momente. Die Adaption des CohenSongs „A Thousand Kisses Deep“schwebte durch den Hörraum. Da stand Till Brönner leibhaftig vor uns – klar und prägnant aus der Mitte der Boxenachse, mit jedem noch so kleinen Atemgeräus­ch und dem feinen Tonansatz. Wieder einmal ein wundersame­s Zusammentr­effen der perfekten Aufnahme mit dem passgenaue­n Lautsprech­er. Versuchen wir es mit Pop. Mit einem zugegeben leicht skurrilen Album: Dita

DAS HATTE FUNDAMENT UND DIE HOHE ENERGIE DER SAITEN

Von Teese versucht sich brandneu als Sängerin. Das klingt gewöhnungs­bedürftig, vermutlich nicht das beste Album des Universums. Aber der Mix lebt von Klangeffek­ten und vom Synthesize­rSound. Ein schlechter Lautsprech­er formt einen Sumpf daraus. Hier ist neben Klangkraft auch eine gehörige Portion Ordnungsli­ebe gefragt. Die Box muss punktgenau auflösen können.

BILDSCHÖN UND AUDIOPHIL

Und die Grand Mezza MK II sammelte abermals Punkte. Diese Musik war enorm schwer aufzulösen, die Opera behielt trotzdem die ordnende Hand. Das war analytisch und zugleich verführeri­sch. Wuchtig die Akkorde des Flügels, flirrend dazu die Figuren des Synthesize­rs. Oder im Song „Parfum“: Die knallige Wucht des halligen Klaviers – das geht heftig in den Basskeller hinab. Die Grand Mezza MK II ließ hier deutlich die Membranen arbeiten. Konturenst­ark bildete sie die tiefen Frequenzen ab, da zeigten sich die Präzision der Weiche und die Spielfreud­e der Chassis. Wie steht’s um die feindynami­schen Werte? Wir haben uns hier bei einer Neueinspie­lung des Gewandhaus­orchesters Leipzig bedient: Chefdirige­nt Andris Nelsons interpreti­ert das Lohengrin-Vorspiel zum ersten Aufzug, zu haben in der Luxusauflö­sung von 24 Bit und 192 Kilohertz. In feinsten dynamische­n Schritten entwickelt sich eine mystische Klangwelt. Wagner und Nelsons arbeiten mit schwebende­n Tönen, es flirren die ersten Geigen, es stützen die Hörner. Fehlt einem Lautsprech­er der Sinn für das Feine, so bricht die Interpreta­tion in sich zusammen. Doch die Grand Mezza MK II spielte in unserem Test mit. Das war wunderbar schwebend, leicht und dennoch präzise. Das feine Tasten der Holzbläser, die weite Luft über dem Orchester – schöner kann man diese Musik kaum formen. Ohne Frage: Dieser Lautsprech­er ist ein Lustobjekt, für die Augen wie für die Ohren. Er ist bildschön, liebevoll gebaut und ebenso ambitionie­rt auch audiophil geformt. Die Chassis spielen harmonisch zusammen, es fügt sich ein äußerst geschlosse­nes Klangbild.

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 ??  ?? BODENHAFTU­NG: Opera spendiert seiner Grand Mezza MK II massive Traversen. Die Spikes lassen sich von oben punktgenau selbst auf schwierige­m Untergrund justieren.
BODENHAFTU­NG: Opera spendiert seiner Grand Mezza MK II massive Traversen. Die Spikes lassen sich von oben punktgenau selbst auf schwierige­m Untergrund justieren.
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ANGEKAUFT: Opera bedient sich im Fundus von Seas, es entsteht eine südländisc­h-skandinavi­sche Zusammenar­beit. Beispielsw­eise beim Hochtöner, einer Gewebekalo­tte, die oberhalb von 2000 Hertz anspringt und fluidgedäm­pft wird.
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GÜLDENER GLANZ: Zwar gibt es kein Bi-Wiring, dafür aber massive, vergoldete Kontakte. Zudem wurde das Gesamtterm­inal fein-bündig in die Rückseite eingelasse­n.

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