Test Opera Grand Mezza MK II
Darf man das – einen so schönen Lautsprecher zu diesem Preis anbieten? 2000 Euro wünschen sich die italienischen Macher von Opera für ihre Grand Mezza MK II. Das ist mehr als angemessen für feinstes Holz und feinsten Klang.
Diese Box wird zuerst Ihre Augen und dann Ihre Ohren verführen
Schon die erste Begegnung mit der Opera Grand Mezza MK II verführt das Bewusstsein, haptisch und äußerlich. Die Front ist mit Leder bespannt, perfekt in jedem Quadratzentimeter. Die Seiten prangen in feinstem Holz, wahlweise schwarze Esche, Kirsche oder Mahagoni. Die Italiener wissen, wie man schmucke Lautsprecher baut. Dazu gibt es massive Traversen für besten Stand. Was verwirrt: Nur 2000 Euro wünscht sich Opera für die neue Grand Mezza MK II. Das spottet fast der superben Verarbeitung allein. Wer einen Blickfang fürs Wohnzimmer sucht – hier ist er. Zudem entsteht alles am Firmensitz in Treviso, knapp vor der Lagune von Venedig. Jeder Kunde kann sich rühmen, feinste handwerkliche Qualitäten zu besitzen. Was die Italiener nicht tun und offen zugeben: Sie entwickeln ihre Chassis nicht selbst, sondern geben diese in Auftrag bei Seas. Wir sitzen also vor einer norwegisch- italienischen Koproduktion. Das kann man abtun oder als Kombination des Besten aus zwei Welten schätzen. Oberhalb von 2000 Herz schwingt eine Textilkalotte, aufwendig fluidgedämpft. Darunter liegt ein Mitteltöner mit 5-Zoll- Diagonale aus Polypropylen. Zwei verwandte Chassis werden auch für die Bassproduktion eingesetzt. Auch hier schwingt Polypropylen unter der Grenzfrequenz von 200 Hertz. Wir haben einen näheren Blick auf die Frequenzweiche geworfen – Opera versammelt hier Feinkostkomponenten in einer strikt- klassischen Anordnung, alles per Hand konfiguriert. So baut man hochwertige Komponenten. Die Bassreflexöffnung geht nach vorn. Was praktisch ist – dieser Lautsprecher
kann sowohl frei im Raum als auch recht nah an der Rückwand spielen. Was die Italiener noch anpreisen: Auch kleine Verstärker sollen diese Box antreiben können, sie ist auf Drive bei kleinen Wattzahlen ausgelegt. Wer aufmerksam mitgelesen hat, könnte hier den Lautsprecher seines Lebens ergattern. Im Klangtest schoben wir uns langsam an die härtesten Gradmesser heran. Wir begannen mit ganz feinen Tönen: Die große Cembalistin Zuzana Ruzickova interpretiert Bachs Goldberg-Variationen. Die Aufnahme ist kürzlich im neuen Mastering erschienen, aufgelöst in 24 Bit und 96 Kilohertz. Ein Lautsprecher muss hier das Timing beherrschen. Jeder Ton verfügt über eine Hochenergie, mit der er sich aus der Boxenachse lösen sollte. Genau diese Qualität zeigte die Grand Mezza MK II. Da schwirrten ganz fein Luft und Saite, was jedoch zu wenig wäre für die Abbildung eines leibhaftigen Cembalos. Auch die Kür vermochte die Opera zu stemmen: Da erschien plötzlich ein großformatiges Cembalo vor unserem inneren Auge. Das hatte Fundament, viel Holz und wiederum die hohe Energie der angerissenen Saiten. Die Grand Mezza MK II beherrschte dieses filigrane Kraftgefüge wunderbar.
KLAR UND PRÄGNANT
Wie hält es die Opera mit gutem Jazz? Der Trompeter Till Brönner und der Kontrabassist Dieter Ilg haben mit „Nightfall“eines der feinsten Alben der jüngsten Zeit vorgelegt. Der Raum ist kompakt, präzise im Nachhall. Sofort stellt sich die Aura ein. Da wird es schwierig für einen Lautsprecher – er muss Luft und Raum erschaffen, sonst bricht die Leichtigkeit der Interpretation. Hier spielte die Opera Grand Mezza MK II in der Champions League: Das besaß Charme und herrlich entspannte Momente. Die Adaption des CohenSongs „A Thousand Kisses Deep“schwebte durch den Hörraum. Da stand Till Brönner leibhaftig vor uns – klar und prägnant aus der Mitte der Boxenachse, mit jedem noch so kleinen Atemgeräusch und dem feinen Tonansatz. Wieder einmal ein wundersames Zusammentreffen der perfekten Aufnahme mit dem passgenauen Lautsprecher. Versuchen wir es mit Pop. Mit einem zugegeben leicht skurrilen Album: Dita
DAS HATTE FUNDAMENT UND DIE HOHE ENERGIE DER SAITEN
Von Teese versucht sich brandneu als Sängerin. Das klingt gewöhnungsbedürftig, vermutlich nicht das beste Album des Universums. Aber der Mix lebt von Klangeffekten und vom SynthesizerSound. Ein schlechter Lautsprecher formt einen Sumpf daraus. Hier ist neben Klangkraft auch eine gehörige Portion Ordnungsliebe gefragt. Die Box muss punktgenau auflösen können.
BILDSCHÖN UND AUDIOPHIL
Und die Grand Mezza MK II sammelte abermals Punkte. Diese Musik war enorm schwer aufzulösen, die Opera behielt trotzdem die ordnende Hand. Das war analytisch und zugleich verführerisch. Wuchtig die Akkorde des Flügels, flirrend dazu die Figuren des Synthesizers. Oder im Song „Parfum“: Die knallige Wucht des halligen Klaviers – das geht heftig in den Basskeller hinab. Die Grand Mezza MK II ließ hier deutlich die Membranen arbeiten. Konturenstark bildete sie die tiefen Frequenzen ab, da zeigten sich die Präzision der Weiche und die Spielfreude der Chassis. Wie steht’s um die feindynamischen Werte? Wir haben uns hier bei einer Neueinspielung des Gewandhausorchesters Leipzig bedient: Chefdirigent Andris Nelsons interpretiert das Lohengrin-Vorspiel zum ersten Aufzug, zu haben in der Luxusauflösung von 24 Bit und 192 Kilohertz. In feinsten dynamischen Schritten entwickelt sich eine mystische Klangwelt. Wagner und Nelsons arbeiten mit schwebenden Tönen, es flirren die ersten Geigen, es stützen die Hörner. Fehlt einem Lautsprecher der Sinn für das Feine, so bricht die Interpretation in sich zusammen. Doch die Grand Mezza MK II spielte in unserem Test mit. Das war wunderbar schwebend, leicht und dennoch präzise. Das feine Tasten der Holzbläser, die weite Luft über dem Orchester – schöner kann man diese Musik kaum formen. Ohne Frage: Dieser Lautsprecher ist ein Lustobjekt, für die Augen wie für die Ohren. Er ist bildschön, liebevoll gebaut und ebenso ambitioniert auch audiophil geformt. Die Chassis spielen harmonisch zusammen, es fügt sich ein äußerst geschlossenes Klangbild.