HÖRT, HÖRT!
Nicht selten liest man in Testberichten der einschlägigen Fachpresse von Spitzengeräten (bei denen es ja oft in der Bewertung nur noch um Nuancen geht), dass der Tester dem Gerät „in den allerobersten Lagen allerfeinst ziselierte Höhen“bescheinigt. Betrachtet man allerdings das Lebensalter des Testers, liegt dieses oft deutlich über 50 Jahre und ich staune nicht selten über das exzellente Gehör Ihrer Mitarbeiter. Wissenschaft, Mediziner und alle Hörgeräteakustiker bescheinigen immerhin ausnahmslos, dass bei nahezu allen Männern über 40 Jahren die Hörfähigkeit gerade in den Höhen spürbar, ab über 50 Jahren meist dramatisch abnimmt. Nun kenne ich zwar das reflexartige Gegenargument des HiFi- Handels an die solvente Kundschaft dieser Altersgruppe, dass sich das Gehör über die Zeit hin „anpasse”, da dies ja ein schleichender Prozess sei, aber wie sagte mein HNO- Arzt neulich hierzu: „Weg ist weg, das können Sie dann faktisch nicht mehr hören“. Er bescheinigte mir dies prompt mit einem nach dem Hörtest ausgehändigten Audiogramm, das sehr mäßig ausfiel. Haben Ihre Tester eigentlich auch ein aktuelles Audiogramm? Wenn dies deren Alter entsprechend ausfiele, fragt man sich ernsthaft, wie es in der Praxis zu solchen Testaussagen kommen kann. Reinhard John
Das menschliche Gehör ist ein höchst komplexes Organ, das viel leistungsfähiger ist, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Und es passiert noch einiges außerhalb eines vom HNO gemessenen Audiogramms. So kann unser Ohr Laufzeitdifferenzen von bis zu 10 Mikrosekunden wahrnehmen. In Frequenzen ausgedrückt sind wir hier bei 100 Kilohertz (!). Würde das HNO- Audiogramm zur Beschreibung der Leistungsfähigkeit des Gehörs ausreichen, würde der gemessene Frequenzgang des Lautsprechers zu seiner Beurteilung genügen. Tut er aber nicht, denn es gibt viel mehr zu hören! Hier kommen uns Testhörern unsere geschulten Ohren und die Erfahrung zugute. Wenn einer unserer Autoren etwas blumig von „in den allerobersten Lagen allerfeinst ziselierten Höhen“schreibt, spricht er vom extremen Auflösungsvermögen eines Hochtöners – und nicht von einer Wahrnehmung oberhalb von 16 kHz.