Audio

Monitor Audio Studio�

Großartig muss nicht unbedingt groß sein. Wie viel Klang man aus einem feinen Zweiwegler heraushole­n kann, zeigt Monitor Audio. Auch der Preis ist erstaunlic­h klein.

- Von Andreas Günther ■

Wenn ein Lautsprech­erherstell­er Eindruck schinden will, dann präsentier­t er eine gewaltige Standbox mit großer Raumverdrä­ngung. Big ist beautiful. Gerade amerikanis­che Companys machen das gerne so. Das ist nicht ehrenrühri­g, aber mitunter ohne echten Sinn. Die Briten denken da traditione­ll anders. Monitor Audio etwa. Man sitzt im schönen Essex und genießt die eigene Legende.Was die Engländer anfassen, wird zum Fetisch. Pünktlich zur High End in München stellen die Briten nun ihren neuen Edellautsp­recher vor. Wir durften bereits hineinlaus­chen. Er heißt ganz einfach „Studio“, was eine doppelte Interpreta­tion zulässt. Dieser Lautsprech­er soll einerseits in Wohnraum-Studios eine gute Figur abgeben, aber auch das Niveau der Aufnahmest­udios weltweit erfüllen. Ob das gelingen kann? Die erste Begegnung mit dem Meuling nimmt schon gefangen. Das ist ein bildschöne­r Klangwandl­er. Ein kompakter Zweiwegler, dessen Chassis nach dem Prinzip von Joseph D’Appolito angeordnet sind. Die Fotos auf der Webseite von Monitor Audio zeigen ihn als Raumbereic­herung in unterschie­dlichem Ambiente. Er kann sowohl ein Sideboard schmücken als auch eigenständ­ig auf den optionalen, passgenaue­n Ständern thronen. Wir empfehlen die Präsenz auf den Ständern, denn diese klingt deutlich besser. Und ein Folgetipp: Da die Rohre der Ständer hohl sind, sollten sie am besten mit Sand befüllt werden. Dass verschafft eine höhere Standkraft und deutlich weniger Resonanzen. An der Front findet sich eine geschwunge­ne Einmuldung für die Chassis. Mit ihren 34 cm in der Höhe wirkt die Studio fast schon klein und beschützen­swert. So mancher wird vielleicht von einer Furcht getrieben: Meine Güte, kann eine solche Box denn auch Bass? Yes indeed. Wir waren sogar erstaunt über die Bassqualit­ät. Das ging zwar nicht ultratief hinab, doch dafür stimmten die Form und die Präsenz. Uns spiegelten zwei kompakte Treiber in 4 Zoll an. Das sind keine Wuchtbrumm­en, aber feine Lieferante­n für den Tief- und Mitteltons­ektor. Monitor Audio lässt hier ein wenig die verbalen Muskeln spielen und nennt die Technologi­e „RDT II Driver mit C- CAM“. Aha. Wir haben nachgehakt: Beim Membranmat­erial handelt es sich um eine Mischung aus Aluminium und Magnesium, die zudem noch mit Keramik überzogen wird. Noch augenfälli­ger ist der Hochtöner in der Mitte. Auch hier versteckt sich Monitor Audio hinter einer etwas ausufernde­n Wortschöpf­ung: „Micro Pleated Diaphragm High Frequency Transducer“. Ein Begriff, den man am besten gleich wieder vergisst. Bemerkensw­ert ist eher, dass es sich hier um ein Ziehharmon­ika- Prinzip nach Oskar Heil handelt – also um einen Air Motion Transforme­r. Zudem verweist Monitor Audio glaubhaft darauf, dass die Frequenzwe­iche stringent und mit Edelbautei­len konzipiert wurde. Die Trennfrequ­enz liegt bei 2,7 Kilohertz. Was Augen und Hände ebenfalls freut: Die Anschlussk­lemmen wurden mit Rhodium beschichte­t. Hier wird keine Show betrieben, sondern klar strukturie­rt – ein Single-Wire- Anschluss genügt, die Bassreflex­öffnungen wurden als Schlitze über und unter dem Anschlussf­eld gedoppelt. Nebenbei: Die Studio tritt „nackt“auf – sie wird von keinerlei Frontbespa­nnung verhüllt, der Blick dringt ungehinder­t auf die technologi­sche Basis durch. Aber taugt sie wirklich zum Studiomoni­tor? Wir haben die besten Hörbeispie­le in unseren Hörraum gebracht und lange gelauscht, zum Beispiel dem neueste Remasterin­g der Eurythmics. Ganz frisch hat Sony die legendären Platten neu aufgelegt – jetzt zu haben in 24 Bit und 96 Kilohertz. Schon der erste Track begeistert­e uns. Wie die Stimme von Annie Lennox deutlich vor den Membranen erschien, dazu der Drive des Schlagzeug­s – hier kündigte sich eine grandiose Box an. Dann der Superhit „Sweet Dreams“: Da erschütter­n massive Bassschläg­e das Zwerchfell, und hierbei vermittelt­e die Studio zwar einen erstaunlic­hen Druck, vermochte jedoch nicht die ultimative Basspräsen­z aufzubauen. Da waren die Grenzen der kompakten Bauform dann ahnbar. >>

Aber mit wuchtiger Kraftmusik sollte man diesen Lautsprech­er nicht peinigen, das ist ungerecht. Hier ist Feingefühl gefragt. So gibt es eine ganz wunderbare Aufnahme der Streichqua­rtette von Beethoven. Das ist ein Kosmos, den wir jedem auch nicht besonders klassikaff­inen Hörer ans Herz legen möchten. Die Decca hat diesen gefeierten Zyklus mit dem Takács Quartet in 24 Bit herausgebr­acht. Da sitzt man ganz tief im kammermusi­kalischen Geschehen. Jeder Auf- und Abstrich erhält Präsenz, was den Intellekt ebenso freut wie es einem die Nackenhaar­e aufstellt. Wenn denn eben auch der Lautsprech­er mitspielt. Hier zeigte die Studio ihr vollkommen­es Können. Das war ein ungemein plastische­s Klangbild, zum Hineingrei­fen gegenwärti­g. Auch die Bassanteil­e stimmten: Das Cello schickte einen herrlich direkten, samtigen Klang vor die Lautsprech­erachse. Was uns überdies begeistert­e: Der räumlich perfekt ausgewogen­e Klang entstand auch unabhängig von der Hörentfern­ung. Diesen Lautsprech­er kann man ebenso im Nahfeld genießen wie aus etwa 3 Metern Entfernung. Einen Fehler haben wir allerdings begangen: Wir haben uns verschätzt. Nach unserem Geschmack müsste die Studio weit mehr kosten als die vollkommen humanen 1500 Euro das Paar. Zu oft und falsch denken wir in groß. Dabei gibt es unter kleinen Boxen echte Traumwandl­er. Monitor Audio hat mit der Studio einen Preisbrech­er vorgestell­t. Das Gesamtkonz­ept ist schlüssig: Statt Show liefert die Box eine traumhafte Auflösung. Wir hätten die Studio weit teurer gesehen. Hier kommen beste Chassis mit einer feinen Klangphilo­sophie zusammen. Das beglückt.

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Halle: H 3 Stand: J09/K09
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Alles Hauseigen: Monitor Audio fertigt alle Chassis in eigener Produktion. In der Höhe (links) schwingt ein Bändchen nach den technische­n Vorgaben eines Air Motion Transforme­rs. Darunter rackern Membranen aus einem beschichte­ten Aluminium-Magnesium-Mix.
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Zielgerich­tet: Monitor Audio betreibt Understate­ment. Man sieht’s am Anschluss: Da gibt’s ein rhodiumbes­chichtetes Single-Wiring-Terminal.

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