Test Mag-Lev Audio ML1
Trick oder Realität? Man glaubt zu träumen, wenn man sieht, wie der Plattenteller des Mag-Lev Audio ML1 tatsächlich schwebt.
Es kommt nicht oft vor, dass Science Fiction wahr wird, doch der fliegende Plattenteller ist kein Trick. Er schwebt und klingt dabei gar nicht schlecht!
Es muss im Jahr 1980 gewesen sein, da hatte ich als junger, technisch interessierter HiFiFan die Idee für ein Magnetlager in Plattenspielern, und ich brachte es sogar zeichnerisch zu Papier. Danach geriet das Ganze in Vergessenheit. Viele Jahre später gibt es solche Lager tatsächlich – aber ein ganzer schwebender Plattenteller? Dazu reichte damals selbst meine naive Fantasie aus. Nun steht er vor mir, der fliegende Plattenteller und ich muss sagen, er ist unbestritten das Highlight meines bisherigen HiFi- Lebens! Die Idee gibt es ja schon etwas länger, nun ist das Gerät mit dem Namen Mag- Lev ML1 marktreif. Für 2500 Euro kann man den Überflieger kaufen. Etwa 3,5 cm hoch schwebt der Plattenteller über der Zarge. Das klappt auch ohne Rota- tion. Doch wie genau funktioniert es? Ist da endlich Antigravitation im Spiel? Oder sind es supraleitende Spulen, die mit flüssigem Helium auf die Nähe des absoluten Nullpunkts gekühlt werden müssen? Nein, so spektakulär der Effekt in der Praxis aussieht, so unspektakulär arbeitet die Technik dahinter. Naja, ganz so trivial ist es dann doch nicht. Etliche Jahre haben die slowenischen Entwickler an dem System gebastelt. Letztlich stellte sich eine Kombination aus 21 ultrastarken Permanentmagneten (Neodym) im Plattenteller und digital angesteuerten feststehende Spulen in der Zarge als das beste Prinzip heraus. Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Es war recht einfach, den aus Kunststoff bestehenden Teller zum Schweben zu bringen. Ihn aber in der Position genau über den Spulen zu halten, war die erste große Hürde, so erzählte uns einer der Entwickler und Mag- Lev- Gründer Damir Islamovic. Um das zu lösen, formen die Permanentmagneten im Teller ein nach unten hin konisch zulaufendes Magnetfeld. Die Spulen in der Zarge erzeugen ein komplementäres, sich nach oben hin öffnendes Feld. So greifen die Feldlinien
praktisch ineinander wie ein Stift in eine Buchse. Schon ohne Rotation bleibt der Plattenteller dadurch stabil in der Schwebe über den Spulen. Und die Rotation? Insgesamt zehn Spulen schalten sich seqentiell ein und wieder aus (Linearmotorprinzip) und versetzen den Plattenteller damit in Rotation. Geregelt wird die Drehzahl durch ein optisches System bestehend aus zwei Infrarot- LEDs nebst Empfängern in der Zarge unterhalb des Plattentellers und neun kleine Spiegel, die in einer radialen Rille an der Unterseite des Plattentellers eingelassen sind. Kaum zu glauben, aber das ganze System zieht im Betrieb nur 2 bis 3 Watt Strom. Es gab aber noch weitere Hürden zu überwinden. Zum Beispiel: Wie legt man eine Vinylscheibe auf einen schwebenden Plattenteller? Nun, dazu darf er eben nicht schweben. Vier Kunststoffstützen fahren für den Plattenwechsel von einem Motor angetrieben und über Seilzüge gezogen aus der Zarge nach oben heraus und greifen in die schon beschriebene radiale Rille auf der Unterseite des Plattentellers. Dort liegt dieser dann sattelfest zum Plattenwechsel bereit. Wer gerne Reinigungsbürsten verwendet, sollte dies jetzt tun, solange der Teller noch auf den Stützen ruht. Während der Levitation ist das nicht anzuraten, zu leicht beginnt der Teller mit Taumelbewegungen, die das System nicht aktiv korrigiert. Aber nun geht es los: Man wählt die Drehzahl mit dem Bedien- rad vor, und es passiert – noch nichts. Der Tonarm enthält ebenfalls optische Sensoren und einen weiteren Motor, der den Lift betätigt. Erst wenn man den Arm über die Einlaufrille bewegt, senken sich die Stützen langsam ab, der Teller beginnt zu schweben und startet die Rotation. Der Arm lässt sich jedoch erst
dann aufs Vinyl absenken, wenn der Teller die vorgewählte Nenndrehzahl (33 oder 45 rpm) erreicht hat. Am Ende der Platte sorgt ein weiterer optischer Senor dafür, dass der Lift den Arm abhebt. Die Rotation wird gebremst und die Stützen fahren wieder aus. In der Praxis hat man sich ganz flott an dieses Bedienmuster gewöhnt; es entschleunigt und es macht sogar richtig Spaß, die einzelnen Schritte gebührend zu zelebrieren. Aber womit muss man bei einem Stromausfall rechnen? Fällt der Teller dann wie ein Stein zu Boden? Nein, kräftige Kondensatoren im Inneren des Geräts sorgen dafür, dass die Versorgungsspannung noch einige Minutenlangerhalten bleibt. Sämtliche Komponenten arbeiten weiter, es bleibt genügend Zeit, um den Plattenteller zu bremsen und die Stützen auszufahren, vollautomatisch! Es besteht also keine Gefahr. Die weitere Technik ist bekannt: Der modifizierte Tonarm stammt ursprünglich von Pro- Ject (9cc, 9 Zoll lang), Rohr und Headshell bestehen aus Karbon, die kardanische Aufhängung aus Aluminium. Er ist höhenverstellbar. Beim Tonabnehmer system greift Mag-Lev auf den bewährten MM-Abnehmer OM 10 von Ortofon (ca. 50 Euro) zurück.
DER KLANG
Dieser Plattenspieler ist nicht für absoluten High- End- Klang gemacht, das dürfte bei der spektakulären Optik klar sein. Zwar bringt der schwebende Plattenteller Vorteile beim Trittschall und auch bei Rumpelgeräuschen, da es kein Lager gibt, das rumpeln könnte, aber ansonsten kommt hier Hausmannskost zum Einsatz. Im Test waren wir dennoch von der Spielfreude des ML 1 überrascht. Er klang kräftig mit spritzigen Höhen und knackigen Bässen. Nur Tiefbässe wollte er nicht so gerne reproduzieren.