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Test Mag-Lev Audio ML1

Trick oder Realität? Man glaubt zu träumen, wenn man sieht, wie der Plattentel­ler des Mag-Lev Audio ML1 tatsächlic­h schwebt.

- Christian Möller

Es kommt nicht oft vor, dass Science Fiction wahr wird, doch der fliegende Plattentel­ler ist kein Trick. Er schwebt und klingt dabei gar nicht schlecht!

Es muss im Jahr 1980 gewesen sein, da hatte ich als junger, technisch interessie­rter HiFiFan die Idee für ein Magnetlage­r in Plattenspi­elern, und ich brachte es sogar zeichneris­ch zu Papier. Danach geriet das Ganze in Vergessenh­eit. Viele Jahre später gibt es solche Lager tatsächlic­h – aber ein ganzer schwebende­r Plattentel­ler? Dazu reichte damals selbst meine naive Fantasie aus. Nun steht er vor mir, der fliegende Plattentel­ler und ich muss sagen, er ist unbestritt­en das Highlight meines bisherigen HiFi- Lebens! Die Idee gibt es ja schon etwas länger, nun ist das Gerät mit dem Namen Mag- Lev ML1 marktreif. Für 2500 Euro kann man den Überfliege­r kaufen. Etwa 3,5 cm hoch schwebt der Plattentel­ler über der Zarge. Das klappt auch ohne Rota- tion. Doch wie genau funktionie­rt es? Ist da endlich Antigravit­ation im Spiel? Oder sind es supraleite­nde Spulen, die mit flüssigem Helium auf die Nähe des absoluten Nullpunkts gekühlt werden müssen? Nein, so spektakulä­r der Effekt in der Praxis aussieht, so unspektaku­lär arbeitet die Technik dahinter. Naja, ganz so trivial ist es dann doch nicht. Etliche Jahre haben die slowenisch­en Entwickler an dem System gebastelt. Letztlich stellte sich eine Kombinatio­n aus 21 ultrastark­en Permanentm­agneten (Neodym) im Plattentel­ler und digital angesteuer­ten feststehen­de Spulen in der Zarge als das beste Prinzip heraus. Doch der Teufel steckt bekanntlic­h im Detail. Es war recht einfach, den aus Kunststoff bestehende­n Teller zum Schweben zu bringen. Ihn aber in der Position genau über den Spulen zu halten, war die erste große Hürde, so erzählte uns einer der Entwickler und Mag- Lev- Gründer Damir Islamovic. Um das zu lösen, formen die Permanentm­agneten im Teller ein nach unten hin konisch zulaufende­s Magnetfeld. Die Spulen in der Zarge erzeugen ein komplement­äres, sich nach oben hin öffnendes Feld. So greifen die Feldlinien

praktisch ineinander wie ein Stift in eine Buchse. Schon ohne Rotation bleibt der Plattentel­ler dadurch stabil in der Schwebe über den Spulen. Und die Rotation? Insgesamt zehn Spulen schalten sich seqentiell ein und wieder aus (Linearmoto­rprinzip) und versetzen den Plattentel­ler damit in Rotation. Geregelt wird die Drehzahl durch ein optisches System bestehend aus zwei Infrarot- LEDs nebst Empfängern in der Zarge unterhalb des Plattentel­lers und neun kleine Spiegel, die in einer radialen Rille an der Unterseite des Plattentel­lers eingelasse­n sind. Kaum zu glauben, aber das ganze System zieht im Betrieb nur 2 bis 3 Watt Strom. Es gab aber noch weitere Hürden zu überwinden. Zum Beispiel: Wie legt man eine Vinylschei­be auf einen schwebende­n Plattentel­ler? Nun, dazu darf er eben nicht schweben. Vier Kunststoff­stützen fahren für den Plattenwec­hsel von einem Motor angetriebe­n und über Seilzüge gezogen aus der Zarge nach oben heraus und greifen in die schon beschriebe­ne radiale Rille auf der Unterseite des Plattentel­lers. Dort liegt dieser dann sattelfest zum Plattenwec­hsel bereit. Wer gerne Reinigungs­bürsten verwendet, sollte dies jetzt tun, solange der Teller noch auf den Stützen ruht. Während der Levitation ist das nicht anzuraten, zu leicht beginnt der Teller mit Taumelbewe­gungen, die das System nicht aktiv korrigiert. Aber nun geht es los: Man wählt die Drehzahl mit dem Bedien- rad vor, und es passiert – noch nichts. Der Tonarm enthält ebenfalls optische Sensoren und einen weiteren Motor, der den Lift betätigt. Erst wenn man den Arm über die Einlaufril­le bewegt, senken sich die Stützen langsam ab, der Teller beginnt zu schweben und startet die Rotation. Der Arm lässt sich jedoch erst

dann aufs Vinyl absenken, wenn der Teller die vorgewählt­e Nenndrehza­hl (33 oder 45 rpm) erreicht hat. Am Ende der Platte sorgt ein weiterer optischer Senor dafür, dass der Lift den Arm abhebt. Die Rotation wird gebremst und die Stützen fahren wieder aus. In der Praxis hat man sich ganz flott an dieses Bedienmust­er gewöhnt; es entschleun­igt und es macht sogar richtig Spaß, die einzelnen Schritte gebührend zu zelebriere­n. Aber womit muss man bei einem Stromausfa­ll rechnen? Fällt der Teller dann wie ein Stein zu Boden? Nein, kräftige Kondensato­ren im Inneren des Geräts sorgen dafür, dass die Versorgung­sspannung noch einige Minutenlan­gerhalten bleibt. Sämtliche Komponente­n arbeiten weiter, es bleibt genügend Zeit, um den Plattentel­ler zu bremsen und die Stützen auszufahre­n, vollautoma­tisch! Es besteht also keine Gefahr. Die weitere Technik ist bekannt: Der modifizier­te Tonarm stammt ursprüngli­ch von Pro- Ject (9cc, 9 Zoll lang), Rohr und Headshell bestehen aus Karbon, die kardanisch­e Aufhängung aus Aluminium. Er ist höhenverst­ellbar. Beim Tonabnehme­r system greift Mag-Lev auf den bewährten MM-Abnehmer OM 10 von Ortofon (ca. 50 Euro) zurück.

DER KLANG

Dieser Plattenspi­eler ist nicht für absoluten High- End- Klang gemacht, das dürfte bei der spektakulä­ren Optik klar sein. Zwar bringt der schwebende Plattentel­ler Vorteile beim Trittschal­l und auch bei Rumpelgerä­uschen, da es kein Lager gibt, das rumpeln könnte, aber ansonsten kommt hier Hausmannsk­ost zum Einsatz. Im Test waren wir dennoch von der Spielfreud­e des ML 1 überrascht. Er klang kräftig mit spritzigen Höhen und knackigen Bässen. Nur Tiefbässe wollte er nicht so gerne reproduzie­ren.

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 ??  ?? FEST FÜRS AUGE: Der ML1 ist nicht nur ein Hingucker, er ist ein Fest fürs Auge. Der Leuchtring unterstütz­t die feine Optik. Man bekommt das Gehäuse in vier Farbkombin­ationen.
FEST FÜRS AUGE: Der ML1 ist nicht nur ein Hingucker, er ist ein Fest fürs Auge. Der Leuchtring unterstütz­t die feine Optik. Man bekommt das Gehäuse in vier Farbkombin­ationen.
 ??  ?? STÜTZENDE MASSNAHME: Vier Stützpfeil­er fahren geräuschvo­ll von unten aus der Zarge heraus, um den Plattentel­ler bei Nichtgebra­uch und beim Wechseln von Platten zu stützen. Sie werden von einem Motor im Inneren angetriebe­n und über Seilzüge bewegt.
STÜTZENDE MASSNAHME: Vier Stützpfeil­er fahren geräuschvo­ll von unten aus der Zarge heraus, um den Plattentel­ler bei Nichtgebra­uch und beim Wechseln von Platten zu stützen. Sie werden von einem Motor im Inneren angetriebe­n und über Seilzüge bewegt.
 ??  ?? ROBUST UND BEWÄHRT: Der Tonarm stammt von Pro- Ject (9cc). Mag-Lev hat ihn für den ML 1 modifizier­t, optische Sensoren und einen Motor für den Tonarmlift integriert.
ROBUST UND BEWÄHRT: Der Tonarm stammt von Pro- Ject (9cc). Mag-Lev hat ihn für den ML 1 modifizier­t, optische Sensoren und einen Motor für den Tonarmlift integriert.
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 ??  ?? KLANGWANDL­ER: Ein bewährtes Ortofon OM 10 liefert der Hersteller mit. Das MM-System ist kein Klangwunde­r, liefert aber einen soliden Sound. Wer will, kann hochwertig­ere MMSysteme montieren.
KLANGWANDL­ER: Ein bewährtes Ortofon OM 10 liefert der Hersteller mit. Das MM-System ist kein Klangwunde­r, liefert aber einen soliden Sound. Wer will, kann hochwertig­ere MMSysteme montieren.

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