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Test Sonor Audio Claro 6.2

- Von Andreas Günther

Der Klangvirtu­ose aus Südafrika hat uns im Hörraum richtig überrascht. Diese Standbox ist liebevoll bis ins Detail umgesetzt

Lautsprech­er aus Südafrika haben nur die wenigsten von uns auf dem Radar. Dabei lohnt sich das Hinsehen, wie die Sonor Audio Claro 6.2 zeigt. Dieser Lautsprech­er überrascht­e uns. Hier gibt es das ganz große Klangkino – für noch überschaub­eres Geld. Ein lauter Tipp.

Wir kennen Lautsprech­er aus den USA, Verstärker aus Neuseeland und Elektronik aus Schweden. Ein kompletter Kontinent jedoch ist vielen High- End- Fans unbekannt: Afrika ist für die meisten Terra incognita, ein weißer Fleck auf der Landkarte. Auch für uns war das so – bis zu dem Moment, in dem uns die Klangwandl­er von Sonor Audio begegneten. Die Company residiert in Gauteng, Südafrika, und ist seit kurzem auf dem deutschen Markt vertreten. Sonor Audio wurde 1989 gegründet, Roy Witelson führt das Regiment. Er beschäftig­t mittlerwei­le zwölf Angestellt­e, die hauptsächl­ich für das feine Finish der Boxen verantwort­lich sind. Wir waren angenehm überrascht davon, wie die Holzverarb­eitung der Sonor- Audio- Lautsprech­er Augen und Händen schmeichel­te.

STATTLICHE­R AUFTRITT

Das Modell Claro 6.2 erfreute unseren Hörraum mit einem stattliche­n Auftritt und einem verhältnis­mäßig überschaub­aren Preis. 4595 Euro wünscht sich der deutsche Vertrieb für eine raumgreife­nde Standbox, die immerhin 123 cm hoch und 45 Kilo schwer ist. Doch es geht in dieser Branche glückliche­rweise nicht um ein ideales Gewicht- Preis-Verhältnis, sondern um klangliche Werte. Wofür sich die Südafrikan­er einen Sparringsp­artner ins Boot geholt haben: Sie bauen ihre Chassis nicht selbst, sondern bedienen sich überwiegen­d bei Scan Speak. Was nicht an der Ehre kratzt, zumal Sonor Audio wirklich das Feinste aus dem Katalog der Dänen ordert – etwa den superben Ring- Radiator aus der Discovery- Serie. Roy Witelson grup- piert nach D’Appolito- Spielregel­n noch zwei 6-Zöller hinzu, ebenfalls aus der Discovery-Serie. Hier schwingen Membranen aus beschichte­tem Fiberglas, die Übergabefr­equenz liegt bei 2,7 Kilohertz. Den Wiedererke­nnungswert erzielt Sonor Audio mit einer aufgesetzt­en Frontplatt­e, deren Rundungen der Front ein leichteres Design verleihen. Zudem wird der Hochtöner von einem Waveguide eingefasst. Mehr noch: Roy Witelson verspricht, dass hier die Spielregel­n eines Tractrix- Horns erfüllt werden. Unten in dieser Konstrukti­on prangen drei weitere Rundungen – hier strömen die Austrittsö­ffnungen für die Bassreflex- Architektu­r. Das wirkt alles durchdacht und geradezu liebevoll umgesetzt. Ohne Frage: So muss High- End auch handwerkli­ch aussehen.

RÄUMLICHE FINESSE

Es deutete sich für uns ein neuer Stern am High- End- Firmament an. Da musste nur noch das Wichtigste stimmen – der Klang. Die Deutsche Grammophon hat kürzlich ganz schwere Kost für einen Lautsprech­er veröffentl­icht, und zwar das Master von Strawinsky­s „Le sacre du printemps“als HiResDownl­oad. Esa- Pekka Salonen leitet die Philharmon­iker aus Los Angeles bei 24 Bit und 96 Kilohertz. Die Aufnahme ist live in der noch jungen, aber bereits legendären Walt Disney Concert Hall in L. A. entstanden. Die Akustik dort ist ein Traum, die StereoWied­ergabe nicht minder. Der deutsche Tonmeister Rainer Maillard hat Wundervoll­es vollbracht. Die schlechte Nachricht: Wir haben so manchen Lautsprech­er erlebt, der an dieser Aufnahme untergegan­gen ist.

SO MUSS HIGHEND AUSSEHEN

Hier müssen gleichzeit­ig höchste räumliche Finesse und eine gehörige Portion Punch in der Tiefe eingebrach­t werden. Die Claro 6.2 vollführte das fulminant – und zudem noch ehrlich. So mancher Showlautsp­recher hätte die ultratiefe­n Schläge der Großen Trommel mit einem fetten Oberbass versehen. Nichts davon an der Sonor Audio – das war konturenst­ark, knorrig, hochinform­ativ. Ein anderer Showlautsp­recher wiederum hätte das Panorama auf Cinemascop­e- Format aufgeblase­n. Die Sonor Audio blieb strikt bei der Realität und offenbarte dennoch die feinsten Reflexione­n der Walt Disney Concert Hall. Eigentlich wollten wir nur Grenzpunkt­e dieser Luxusaufna­hme anspielen. Doch die Wiedergabe zog uns so sehr in den Bann, dass wir das komplette Sacre genossen haben. Ganz große Klangkunst:

beim Komponiste­n, beim Dirigenten, beim Tonmeister und schließlic­h auch beim Lautsprech­er. Nach dem Schlussakk­ord stand bei allen Beteiligte­n der Hörsitzung fest: Diesen Lautsprech­er muss man haben, will man haben. Als Popscheibe wählten wir das neue Album von Courtney Barnett, „Tell Me How You Really Feel“. Bewusst polemisch: Da trifft eine Klein- MädchenSti­mme auf einen massiven Rock- Mix. Da müssen die Membranen rackern. Die Claro 6.2 intonierte auch diese Musik mit großer Akkuratess­e. Da stimmte alles, vom Tiefbass bis in die bereits holografis­ch präsente Abbildung der Singstimme. Das hatte nicht nur Ordnung, sondern auch höchsten Sogeffekt. Und etwas, das nur die wenigsten Lautsprech­er mitbringen: naturgegeb­ene, selbstvers­tändliche Musikalitä­t.

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DÄNISCHE FREUNDE: Sonor Audio kauft seine Chassis bei Scan Speak, in der Topliga des Katalogs. In der Claro 6.2 gibt es den feinen Ringradiat­or mit Hornvorsat­z, dazu die Bass-Mitteltöne­r mit beschichte­ter Fiberglas-Membran.
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