Test Sonor Audio Claro 6.2
Der Klangvirtuose aus Südafrika hat uns im Hörraum richtig überrascht. Diese Standbox ist liebevoll bis ins Detail umgesetzt
Lautsprecher aus Südafrika haben nur die wenigsten von uns auf dem Radar. Dabei lohnt sich das Hinsehen, wie die Sonor Audio Claro 6.2 zeigt. Dieser Lautsprecher überraschte uns. Hier gibt es das ganz große Klangkino – für noch überschauberes Geld. Ein lauter Tipp.
Wir kennen Lautsprecher aus den USA, Verstärker aus Neuseeland und Elektronik aus Schweden. Ein kompletter Kontinent jedoch ist vielen High- End- Fans unbekannt: Afrika ist für die meisten Terra incognita, ein weißer Fleck auf der Landkarte. Auch für uns war das so – bis zu dem Moment, in dem uns die Klangwandler von Sonor Audio begegneten. Die Company residiert in Gauteng, Südafrika, und ist seit kurzem auf dem deutschen Markt vertreten. Sonor Audio wurde 1989 gegründet, Roy Witelson führt das Regiment. Er beschäftigt mittlerweile zwölf Angestellte, die hauptsächlich für das feine Finish der Boxen verantwortlich sind. Wir waren angenehm überrascht davon, wie die Holzverarbeitung der Sonor- Audio- Lautsprecher Augen und Händen schmeichelte.
STATTLICHER AUFTRITT
Das Modell Claro 6.2 erfreute unseren Hörraum mit einem stattlichen Auftritt und einem verhältnismäßig überschaubaren Preis. 4595 Euro wünscht sich der deutsche Vertrieb für eine raumgreifende Standbox, die immerhin 123 cm hoch und 45 Kilo schwer ist. Doch es geht in dieser Branche glücklicherweise nicht um ein ideales Gewicht- Preis-Verhältnis, sondern um klangliche Werte. Wofür sich die Südafrikaner einen Sparringspartner ins Boot geholt haben: Sie bauen ihre Chassis nicht selbst, sondern bedienen sich überwiegend bei Scan Speak. Was nicht an der Ehre kratzt, zumal Sonor Audio wirklich das Feinste aus dem Katalog der Dänen ordert – etwa den superben Ring- Radiator aus der Discovery- Serie. Roy Witelson grup- piert nach D’Appolito- Spielregeln noch zwei 6-Zöller hinzu, ebenfalls aus der Discovery-Serie. Hier schwingen Membranen aus beschichtetem Fiberglas, die Übergabefrequenz liegt bei 2,7 Kilohertz. Den Wiedererkennungswert erzielt Sonor Audio mit einer aufgesetzten Frontplatte, deren Rundungen der Front ein leichteres Design verleihen. Zudem wird der Hochtöner von einem Waveguide eingefasst. Mehr noch: Roy Witelson verspricht, dass hier die Spielregeln eines Tractrix- Horns erfüllt werden. Unten in dieser Konstruktion prangen drei weitere Rundungen – hier strömen die Austrittsöffnungen für die Bassreflex- Architektur. Das wirkt alles durchdacht und geradezu liebevoll umgesetzt. Ohne Frage: So muss High- End auch handwerklich aussehen.
RÄUMLICHE FINESSE
Es deutete sich für uns ein neuer Stern am High- End- Firmament an. Da musste nur noch das Wichtigste stimmen – der Klang. Die Deutsche Grammophon hat kürzlich ganz schwere Kost für einen Lautsprecher veröffentlicht, und zwar das Master von Strawinskys „Le sacre du printemps“als HiResDownload. Esa- Pekka Salonen leitet die Philharmoniker aus Los Angeles bei 24 Bit und 96 Kilohertz. Die Aufnahme ist live in der noch jungen, aber bereits legendären Walt Disney Concert Hall in L. A. entstanden. Die Akustik dort ist ein Traum, die StereoWiedergabe nicht minder. Der deutsche Tonmeister Rainer Maillard hat Wundervolles vollbracht. Die schlechte Nachricht: Wir haben so manchen Lautsprecher erlebt, der an dieser Aufnahme untergegangen ist.
SO MUSS HIGHEND AUSSEHEN
Hier müssen gleichzeitig höchste räumliche Finesse und eine gehörige Portion Punch in der Tiefe eingebracht werden. Die Claro 6.2 vollführte das fulminant – und zudem noch ehrlich. So mancher Showlautsprecher hätte die ultratiefen Schläge der Großen Trommel mit einem fetten Oberbass versehen. Nichts davon an der Sonor Audio – das war konturenstark, knorrig, hochinformativ. Ein anderer Showlautsprecher wiederum hätte das Panorama auf Cinemascope- Format aufgeblasen. Die Sonor Audio blieb strikt bei der Realität und offenbarte dennoch die feinsten Reflexionen der Walt Disney Concert Hall. Eigentlich wollten wir nur Grenzpunkte dieser Luxusaufnahme anspielen. Doch die Wiedergabe zog uns so sehr in den Bann, dass wir das komplette Sacre genossen haben. Ganz große Klangkunst:
beim Komponisten, beim Dirigenten, beim Tonmeister und schließlich auch beim Lautsprecher. Nach dem Schlussakkord stand bei allen Beteiligten der Hörsitzung fest: Diesen Lautsprecher muss man haben, will man haben. Als Popscheibe wählten wir das neue Album von Courtney Barnett, „Tell Me How You Really Feel“. Bewusst polemisch: Da trifft eine Klein- MädchenStimme auf einen massiven Rock- Mix. Da müssen die Membranen rackern. Die Claro 6.2 intonierte auch diese Musik mit großer Akkuratesse. Da stimmte alles, vom Tiefbass bis in die bereits holografisch präsente Abbildung der Singstimme. Das hatte nicht nur Ordnung, sondern auch höchsten Sogeffekt. Und etwas, das nur die wenigsten Lautsprecher mitbringen: naturgegebene, selbstverständliche Musikalität.