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KRAFT IM RÜCKEN

Gut gebaut: Der Gravelli Virtuoso macht Bella Figura in jedem Wohnraum. Und man braucht für ihn keinen Amp, denn er wird aktiv verstärkt.

- Von Andreas Günther

Auf der High End 2018 huschte unser Blick über diesen Lautsprech­er – und wir waren fasziniert. Da hatte ein Entwickler aus Beton ein bildschöne­s Gehäuse gegossen, es mit Chassis bestückt und ihm obendrein noch ein Aktivmodul in den Rücken gesetzt. Gravelli heißt die Company. Da denkt man an die Po- Ebene im nördlichen Italien – und liegt falsch. Gravelli unterhält seine Fertigung und seine Firmenzent­rale in Prag. Von hier aus werden die Lautsprech­er auch in die Welt gesandt – Gravelli versucht sich als Direktverm­arkter. Trotzdem ist der Preis eindeutig: 4900 Euro wünscht sich Gravelli, rund 30 Exemplare entstehen pro Monat. Vier Modelle stehen zur Wahl, mit einer Front aus Karbon, Stahl, Messing oder Kupfer. Der Beton wird dazu farblich angepasst. Uns gefällt wie gesagt das Design. Der Kompaktlau­tsprecher wirkt schmal, nach hinten leicht angewinkel­t. An der Front tönt ein BMR, ein „Balanced Mode Radiator“mit planer Membranflä­che. An den Seiten schwingen je ein aktiver und ein passiver Bass. Wir haben mehrfach nachgefrag­t, wer die Chassis für Gravelli anliefert und jedes Mal einen Korb erhalten: Gravelli beruft sich auf das Firmengehe­imnis und will keine Zulieferer bekanntgeb­en. Nur so viel: Das Aktivmodul im Rücken stammt von Hypex, die Holländer unterhalte­n fast ein Monopol in diesem Branchense­gment. Hier werden die Chassis zudem mit DSP angesteuer­t, wer will, kann auch einen Digitalstr­eam zuführen. Was die Macher dazu verleitet, einen „Highly Coherent and Natural Sound“zu verspreche­n. Ein Verspreche­n, dass der Virtuoso im Hörtest jedoch nicht eingelöst hat. Wir waren perplex: Die Höhenantei­le wirkten beim Gravelli- Lautsprech­er bedeckt bis kaum vorhanden. Die Mitten erreichten uns deutlich verfärbt, beinahe vernuschel­t. Wie so oft ins solchen Momen-

ten: Man sucht den Fehler bei sich. Deshalb haben wir heftig mit der Aufstellun­g experiment­iert, zudem sind wir auch von der analogen Ansteuerun­g abgewichen und haben das Signal per Digital- Cinch zugefütter­t. Und lausche da: Alles wurde deutlich besser. Dieser Lautsprech­er braucht ein Händchen bei der richtigen Positionie­rung im Raum. Per Designansp­ruch und Technologi­e wurde er für das feine Sideboard oder den größeren Schreibtis­ch entwickelt. Doch vor den höchsten Höhen des High- End verwehrt sich diese Box. Auch unter den idealsten Aufstellun­gsvariatio­nen blieb der Klang bedeckt und unfrei. Beispielsw­eise hatten wir Mahlers „Lieder aus des Knaben Wunderhorn“in 24 Bit und 96 Kilohertz aufgelegt. Die Gravelli punktete mit einem formstarke­n Tiefbass, doch der Präsenzber­eich wirkte verfärbt, die Stimme von Dietrich Fischer- Dieskau blieb ohne Brillanz. Trotzdem: die Basis stimmt, Gravelli müsste sich nur überlegen, ob der BMR-Töner die beste aller Lösungen darstellt.

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 ??  ?? KRITISCH: Gravelli vertraut Mitten und Höhen einem „Balanced Mode Radiator“an. Der sieht nett aus, bündelt aber stark.
KRITISCH: Gravelli vertraut Mitten und Höhen einem „Balanced Mode Radiator“an. Der sieht nett aus, bündelt aber stark.
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