Vielfalt für Viele
Alte Schallplatten können nach eigenen Kurven geschnitten sein. Der neue Gold Note PH-10 gleicht das aus und ist auch ein hervorragender Pre für ganz neue Scheiben.
Analog ist nicht wirklich analog. Jedenfalls nicht so ganz. Der gemeine Bürger geht ja davon aus, dass die Auslenkungen der Schallplattenrille die Musik analog ihren Schallwellen speichern. Tun sie aber nicht. Jedenfalls nicht so ganz. Wenn der Stichel die Musik in die Rillenspirale schneidet, müssen die Bässe erheblich abgesenkt und die Höhen ziemlich stark angehoben werden, weil sonst der Platzbedarf viel zu groß wäre und hohe Töne im Oberflächenrauschen des Vinyls untergehen würden. Bei der Wiedergabe muss das Ganze spiegelbildlich wieder rückgängig gemacht werden, sonst klängen LPs dünn und ätzend piepsig. Dieser Job, auch Entzerrung genannt, gehört ins Pfllichtenheft jedes Phonovorverstärkers, so auch des Gold Note PH-10, der aus Montespertoli nahe Florenz stammt und hierzulande 1250 Euro kostet. Chefentwickler Giovanni Rialti machte ihn dafür besonders flexibel. Als die Long Playing Record vor 70 Jahren eingeführt wurde, da schnitt System- Miterfinder Columbia nach eigenen Regeln. Plattenfirmen wie London/ Decca oder RCA zogen nach, änderten aber die sogenannte Schneid- Kennlinie nach Gusto, vor allem was die Höhen anging. Bis die Recording Industry Association of America Mitte der 1950er- Jahre einen Standard einführte, und noch eine Zeit danach, gab es viele Kurven – eine britische Kollegin zählte unlängst rund 200. Inzwischen werden LPs nach RIAA in ihrem Frequenzgang vorverzerrt und sollten so wieder entzerrt werden. Der PH-10 kann sich aber nun serienmäßig neben der RIAA auch auf die gängigsten alten Kurven einstellen, sprich London/ Decca und Columbia/CBS. Optional sollen noch weitere Kurven im plantiert werden können. Die RIAA- Kurve kann außerdem in den „Enhanced“-Modus gesetzt werden, das heißt, die übliche „Totalabsenkung“jenseits von 20 Kilohertz weicht einem erweiterten Verlauf bis 50 kHz. Doch vor allem die Fans und Besitzer wirklich alter LPs werden sich freuen, denn sie haben nun endlich für bezahlbare Münze die Möglichkeit, ihre guten Stücke in der korrekten Frequenzbalance zu hören. Das bieten sonst nur sehr viel teurere Vorverstärker. Auch beim zweiten Kapitel des Pflichtenheftes, der Verstärkung, zeigt sich der PH-10 flexibel. Zwei Eingänge, beide auf MM oder MC umschaltbar, dürften Betreiber von zwei Plattenspielern oder Zweiarm- Laufwerken glücklich machen. Der Abschlusswiderstand von MCs lässt sich in neun Stufen an wohl alle gängigen Werte zwischen 10 und 47000 Ohm justieren, und auch der Verstärkungsfaktor von angegebenen, rein analog erzielten 45 dB bei MM und 65 dB bei MC kommt in vier Schritten eher lauten (Gain minus 3 dB) bis sehr leisen (Gain plus 6 dB) Systemen entgegen. Das alles lässt
sich schon nach kurzer Einlernzeit sehr bequem mit der mikroprozessorgesteuerten „Single Knob Control“über den TFT- Bildschrim managen. Wir hörten den anpassungsfreudigen Italiener zunächst mit dem überragenden Thales TTT Compact II, an dessen Arm Thales Simplicity II der exzellente MC-Tonabnehmer EMT JSD P6 (siehe AUDIO 8/18) hing. Da kam uns die superbe Nachpressung von Johnny Cashs Columbia- Debüt „The Fabulous Johnny Cash“von 1958 gerade recht. Impex hat dieses Reissue offensichtlich nach RIAA schneiden lassen, denn in dieser Ein stellung kam die sonore Stimme der Country- Legende ausgesprochen präsent und mit reichlich Schmackes rüber. Eine frühe US- Pressung spielten wir auch nach Columbia- Kennlinie ab, was nicht um Welten, aber merklich weniger aggressiv klang als über RIAA. Doch auch mit ganz neuen (RIAA)- LPs – siehe Seite 126 – hatten wir viel Freude. Eine sehr gute, abgezirkelte Raumabbildung, differenzierte Klangfarben, dynamische Bässe und nie lästige Höhen machen den Gold Note PH-10 zum Tipp für alle, die Flexibilität zum erstklassigen Klang haben wollen. Bravissimo.