Best of the Best
Aretha Franklin ist tot, aber die Musik der größten Soul-Sängerin lebt weiter. Eine Auswahl. ■ Von Lothar Brandt
Den Ertegün- Brüdern sei ewig gedankt. Aretha Franklin hatte bereits etliche LPs mit grandioser Stimme, aber meist in zu sülzigen Arrangements für Columbia besungen, als sie 1967 zu Atlantic Records wechselte. Und erst beim Label von Ahmet und Nesuhi Ertegün durfte sie ihre Soul-Seele in passender Begleitung präsentieren. Nach sechs Langspielplatten schob das Label 1969 schon ihr „Gold“- Destillat in den Markt. Auf diesem Sampler findet sich das Nonplusultra. Das 1971 mit Ray Charles eingespielte „Live At Fillmore West“und der GospelGottesdienst „Amazing Grace“von 1972 gehören ebenso in jede gutsortierte Musiksammlung wie ihre großen Hits. Die erstgenannte Live- Scheibe steckt in einer geradezu lächerlich günstigen CDBox mit fünf frühen Atlantic- Alben in Papersleeves, die zwar editorisch kaum, musikgeschichtlich aber extrem wertvoll ist. Ein Super- Schnäppchen. Wer alle AtlanticLPs geschlossen haben möchte, der greife zur 19- CD- Box der Wiederveröffentlichungsspezialisten von Rhino. Das klingende Vermächtnis der schon früh zur „Queen Of Soul“geadelten Baptistenprediger-Tochter reicht über sieben Jahrzehnte. Die am 25. März 1942 in Memphis geborene Sängerin und Pianistin veröffentlichte schon 1956 ihr erstes Album, mit Gospel-Songs. 1960 wech- selte sie zu Columbia – ihre dort erschienenen Platten wie „Now“, „Yeah“oder „Unforgettable“hat Speakers Corner auch auf hochwertigen LPs wiederveröffentlicht. Doch erst mit ihrer unübertroffenen Version der Otis- ReddingNummer zollte ihr die nicht- rassistische Musikwelt den „R.E.S.P.E.C.T.“, den sie in Großbruchstaben für ihre Klasse, ihr Geschlecht und für die Bürgerrechtsrechtsbewegung eingefordert hatte. Höhepunkt ihrer „politischen“Karriere war 2009 die Amtseinführung des ersten afroamerikanischen US- Präsidenten Barack Obama. Als Aretha Franklin am 16. August (wie Elvis Presley) 2018 dem Bauchspeicheldrüsenkrebs erlag, erwies ihr nicht nur das Feuilleton alle Ehre. Einige Bleichgesichter wie Madonna oder gar Ober- Dumpfbacke Donald Trump blamierten sich zwar gründlich, aber das ging in der ungeheuren Sympathiewelle glücklicherweise unter. Musikalisch blieb Aretha Franklin trotz einiger nicht immer gelungenen Spätwerke unangefochten auf ihrem Thron. Andere, jüngere Stars und Superstars baten sie zu Duetten – und zogen regelmäßig den Kürzeren. Diese Frau sang mit so viel Seele, Gefühl und Kraft, dass einem auch heute noch die Kinnlade gar nicht mehr hochklappen möchte. Sicher kennt die Geschichte der schwarzen populären Musik andere großartige Sängerinnen. Aber eine größere als Aretha Franklin gab und gibt es nicht.