Exposure 3010S2d
Exposure hat sich etabliert, aber nicht angepasst. Der 3010S2D bietet eine Reihe pfiffiger Lösungen und eine außergewöhnliche Musikalität.
integrated amp Der britische Vollverstärker überzeugt mit seinem Modulkonzept. D/A-Wandler oder Phonovorstufe – Sie haben die Wahl
Boygroups und Geheimtipps teilen das traurige Schicksal, dass ihnen ein Verfallsdatum innewohnt. Doch es gibt Ausnahmen. Dabei denken wir weniger an Robbie Williams, der nach seiner Zeit als Frontman bei „Take That“eine beachtliche Karriere als Entertainer begann. Sondern an Exposure. Dem Hersteller ist das einmalige Kunststück gelungen, seit der Gründung 1974 als ewiger Geheimtipp die etablierten HiFi- Hersteller das Fürchten zu lehren. Die Briten mussten nicht einmal „My Way“zum Besten geben, um ihren eigenen Weg jenseits des Mainstreams zu gehen. Einmal mehr kreuzt dieser Weg jetzt den der Mainstream- Medien. Als Flaggschiff unter den Vollverstärkern vereint der Exposure 3010S2D in sich die Technologie der Vor- und Endstufen der 3010 Series, die sich hinter den gleichen Zahlenkürzeln verbergen. Für Vinyl- Junkies gibt es sogar noch den 3010S2 Phono Amplifier. Doch auch der 3010S2 Integrated Amplifier lässt sich in Richtung Phono erweitern. Dafür bietet der Hersteller optionale, diskret aufgebaute Phono- MM- und MC- Boards, von denen jedes 300 Euro kostet und dann den entsprechenden Steckplatz samt der rückseitigen vergoldeten CinchBuchsen für sich allein beansprucht. Wer sich nicht auf ein TonabnehmerPrinzip festlegen will, muss also zum externen Phono- Pre- Amp greifen. Aber nicht zum 3010S2 Phono Amplifier, denn auch der hat nur einen Steckplatz, der die Festlegung auf eines der beiden Module erforderlich macht. Nach einem externen Phono-Verstärker müssen sich ferner ausgerechnet auch jene umsehen, die ihren 3010S2D Integrated Amplifier mit dem optionalen DAC- Board bestücken wollen, denn das steht mit den Phono- Platinen in Konkurrenz um den frei konfigurierbaren Steckplatz.
Ausbau zum Digitalverstärker
Mit der Digitaloption (400 Euro) wachsen dem Vollverstärker zwei zusätzliche Digital- Eingänge auf der Rückseite: ein S/ PDIF- Koaxial- Eingang mit BNC- Buchse für PCM-Ton mit bis zu 24 Bit/92 kHz plus ein USB-2.0- Anschluss, der ebenfalls PCM- Signale mit 24 Bit/192 kHz sowie DSD 64 (DoP) von einem Computer entgegennimmt. Alle, deren Vollverstärker nicht so flexibel ausgelegt sind, etwa Besitzer der kleineren ExposureVerstärkerserien, mögen also getrost von Luxussorgen reden. Wer sich ob des vergleichsweise großen Anschlussangebots Sorgen wegen langer Signalwege macht, kann beruhigt sein: Exposure blieb sich treu und hält auch beim 12 Kilo schweren 3010S2D am Konzept der direkten Wege fest. Man sieht das dem blitzsauber aufgebauten Gerät schon an. Die Schaltungen von Vor- und Endstufensektion sitzen auf einer gemeinsamen Platine, die den Boden des halben Gehäuses bedeckt. Das gekapselte Motor- Potenziometer zur Lautstärkeregelung wurde direkt auf die Platine gelötet. Die gegenüberliegenden Anschlüsse sind dagegen mit ihren massiven Cinch- Buchsen mit der Rückwand verschraubt und halten über großzügig dimensionierte Kabel Verbindung
GEHEIMTIPP SEIT 1974: DAS MACHT KEINER NACH!
mit der Patine, die damit gegen Mikrofonie geschützt wird. Auf ihrer rechten Seite reihen sich die vier Siebkondensatoren von vorne nach hinten direkt vor der Ausgangsstufe auf, deren je vier bipolaren Endtransistoren für jeden Kanal auf einem massivem Aluminium- Kühlkörper sitzen. Auf der Rückseite des gleichzeitig als „Raumteiler“gegen Interferenzen fungierenden Bauteils haben die Entwickler den streufeldarmen Ringkerntransformator untergebracht. Hohe Stromlieferfähigkeit ist ein wichtiger Punkt für Verstärker von Exposure. Was den Dämpfungsfaktor betrifft, setzt der englische Hersteller auch beim 3010S2D wieder auf einen wohlbalancierten Kompromiss aus starrer Kontrolle der verbundenen Lautsprecher und einer lässigen Musikalität, die bisweilen an Röhrenverstärker erinnert. Genau diese virtuose Gratwanderung macht seit jeher den Charme der Exposure- Amps aus, die früher vielen als erschwingliche Alternative zu Naim galten. Mit den britischen Mitbewerbern aus Salisbury verbindet Exposure nicht nur der gewisse Boogie- Faktor, der die Füße der Hörer zum Wippen bringt. Beide hegen auch eine Affinität zu modular ausbaubaren Systemen. Dazu verfügt der 3010S2D Integrated Amplifier über gleich zwei Vorverstärker-Ausgänge. Damit animiert er seinen Besitzer zum Aufbau von Bi- und Tri- Amping-Systemen unter Nutzung von ein oder zwei zusätzlichen 30102D Power Amps, die über die gleichen Schaltungskonzepte und identische Leistungswerte verfügen wie der Vollverstärker. >>
Im Hörraum der AUDIO- Redaktion musste sich der Exposure allerdings allein beweisen. Das gelang ihm selbst an der teuren, gegenüber dem Verstärker nicht ganz anspruchslosen Bowers & Wilkinis 802 D3. Ohne Anzeichen von Mühe entlockte der bodenständige Vollverstärker den Superboxen zünftige Pegel und mitreißende Dynamiksprünge. Der Brite malte mit warmen, wunderbar harmonischen Klangfarben. Stimmen besaßen über ihn einfach das gewisse Etwas, strahlten Charme und Ausdruck aus. Das mag manchen dazu verleiten, ihm im Vergleich zu extrem neutralen Verstärkern wie dem auf Seite 30 getesteten Luxman LU- 505uXII ein gewisses Maß an Schönfärberei zu unterstel- len. Aber hey, die Sache soll doch Spaß machen! Der 3010S2D ist der geborene Sieger der Herzen, selbst wenn er sich mit großen Tieren misst. Gitarren gewährte er einen plastischen hölzernen Korpus, wo sich viele andere nur auf das Anreißen, aber nicht auf der Abklingen der Saiten konzentrieren. Das vermittelt eher den Eindruck, live dabei zu sein, als der Konserve zu lauschen. Und der Bass besaß über den Exposure Volumen und vor allem Drive. Da konnte man dem kleinen Vollverstärker schon mal nachsehen, dass er am untersten Ende der Frequenzskala das letzte Quäntchen Kontrolle vermissen ließ. Der Exposure will verführen, mitreißen und Gänsehaut erzeugen.