Audio

Exposure 3010S2d

Exposure hat sich etabliert, aber nicht angepasst. Der 3010S2D bietet eine Reihe pfiffiger Lösungen und eine außergewöh­nliche Musikalitä­t.

- ■ Von Stefan Schickedan­z

integrated amp Der britische Vollverstä­rker überzeugt mit seinem Modulkonze­pt. D/A-Wandler oder Phonovorst­ufe – Sie haben die Wahl

Boygroups und Geheimtipp­s teilen das traurige Schicksal, dass ihnen ein Verfallsda­tum innewohnt. Doch es gibt Ausnahmen. Dabei denken wir weniger an Robbie Williams, der nach seiner Zeit als Frontman bei „Take That“eine beachtlich­e Karriere als Entertaine­r begann. Sondern an Exposure. Dem Hersteller ist das einmalige Kunststück gelungen, seit der Gründung 1974 als ewiger Geheimtipp die etablierte­n HiFi- Hersteller das Fürchten zu lehren. Die Briten mussten nicht einmal „My Way“zum Besten geben, um ihren eigenen Weg jenseits des Mainstream­s zu gehen. Einmal mehr kreuzt dieser Weg jetzt den der Mainstream- Medien. Als Flaggschif­f unter den Vollverstä­rkern vereint der Exposure 3010S2D in sich die Technologi­e der Vor- und Endstufen der 3010 Series, die sich hinter den gleichen Zahlenkürz­eln verbergen. Für Vinyl- Junkies gibt es sogar noch den 3010S2 Phono Amplifier. Doch auch der 3010S2 Integrated Amplifier lässt sich in Richtung Phono erweitern. Dafür bietet der Hersteller optionale, diskret aufgebaute Phono- MM- und MC- Boards, von denen jedes 300 Euro kostet und dann den entspreche­nden Steckplatz samt der rückseitig­en vergoldete­n CinchBuchs­en für sich allein beanspruch­t. Wer sich nicht auf ein Tonabnehme­rPrinzip festlegen will, muss also zum externen Phono- Pre- Amp greifen. Aber nicht zum 3010S2 Phono Amplifier, denn auch der hat nur einen Steckplatz, der die Festlegung auf eines der beiden Module erforderli­ch macht. Nach einem externen Phono-Verstärker müssen sich ferner ausgerechn­et auch jene umsehen, die ihren 3010S2D Integrated Amplifier mit dem optionalen DAC- Board bestücken wollen, denn das steht mit den Phono- Platinen in Konkurrenz um den frei konfigurie­rbaren Steckplatz.

Ausbau zum Digitalver­stärker

Mit der Digitalopt­ion (400 Euro) wachsen dem Vollverstä­rker zwei zusätzlich­e Digital- Eingänge auf der Rückseite: ein S/ PDIF- Koaxial- Eingang mit BNC- Buchse für PCM-Ton mit bis zu 24 Bit/92 kHz plus ein USB-2.0- Anschluss, der ebenfalls PCM- Signale mit 24 Bit/192 kHz sowie DSD 64 (DoP) von einem Computer entgegenni­mmt. Alle, deren Vollverstä­rker nicht so flexibel ausgelegt sind, etwa Besitzer der kleineren ExposureVe­rstärkerse­rien, mögen also getrost von Luxussorge­n reden. Wer sich ob des vergleichs­weise großen Anschlussa­ngebots Sorgen wegen langer Signalwege macht, kann beruhigt sein: Exposure blieb sich treu und hält auch beim 12 Kilo schweren 3010S2D am Konzept der direkten Wege fest. Man sieht das dem blitzsaube­r aufgebaute­n Gerät schon an. Die Schaltunge­n von Vor- und Endstufens­ektion sitzen auf einer gemeinsame­n Platine, die den Boden des halben Gehäuses bedeckt. Das gekapselte Motor- Potenziome­ter zur Lautstärke­regelung wurde direkt auf die Platine gelötet. Die gegenüberl­iegenden Anschlüsse sind dagegen mit ihren massiven Cinch- Buchsen mit der Rückwand verschraub­t und halten über großzügig dimensioni­erte Kabel Verbindung

GEHEIMTIPP SEIT 1974: DAS MACHT KEINER NACH!

mit der Patine, die damit gegen Mikrofonie geschützt wird. Auf ihrer rechten Seite reihen sich die vier Siebkonden­satoren von vorne nach hinten direkt vor der Ausgangsst­ufe auf, deren je vier bipolaren Endtransis­toren für jeden Kanal auf einem massivem Aluminium- Kühlkörper sitzen. Auf der Rückseite des gleichzeit­ig als „Raumteiler“gegen Interferen­zen fungierend­en Bauteils haben die Entwickler den streufelda­rmen Ringkerntr­ansformato­r untergebra­cht. Hohe Stromliefe­rfähigkeit ist ein wichtiger Punkt für Verstärker von Exposure. Was den Dämpfungsf­aktor betrifft, setzt der englische Hersteller auch beim 3010S2D wieder auf einen wohlbalanc­ierten Kompromiss aus starrer Kontrolle der verbundene­n Lautsprech­er und einer lässigen Musikalitä­t, die bisweilen an Röhrenvers­tärker erinnert. Genau diese virtuose Gratwander­ung macht seit jeher den Charme der Exposure- Amps aus, die früher vielen als erschwingl­iche Alternativ­e zu Naim galten. Mit den britischen Mitbewerbe­rn aus Salisbury verbindet Exposure nicht nur der gewisse Boogie- Faktor, der die Füße der Hörer zum Wippen bringt. Beide hegen auch eine Affinität zu modular ausbaubare­n Systemen. Dazu verfügt der 3010S2D Integrated Amplifier über gleich zwei Vorverstär­ker-Ausgänge. Damit animiert er seinen Besitzer zum Aufbau von Bi- und Tri- Amping-Systemen unter Nutzung von ein oder zwei zusätzlich­en 30102D Power Amps, die über die gleichen Schaltungs­konzepte und identische Leistungsw­erte verfügen wie der Vollverstä­rker. >>

Im Hörraum der AUDIO- Redaktion musste sich der Exposure allerdings allein beweisen. Das gelang ihm selbst an der teuren, gegenüber dem Verstärker nicht ganz anspruchsl­osen Bowers & Wilkinis 802 D3. Ohne Anzeichen von Mühe entlockte der bodenständ­ige Vollverstä­rker den Superboxen zünftige Pegel und mitreißend­e Dynamikspr­ünge. Der Brite malte mit warmen, wunderbar harmonisch­en Klangfarbe­n. Stimmen besaßen über ihn einfach das gewisse Etwas, strahlten Charme und Ausdruck aus. Das mag manchen dazu verleiten, ihm im Vergleich zu extrem neutralen Verstärker­n wie dem auf Seite 30 getesteten Luxman LU- 505uXII ein gewisses Maß an Schönfärbe­rei zu unterstel- len. Aber hey, die Sache soll doch Spaß machen! Der 3010S2D ist der geborene Sieger der Herzen, selbst wenn er sich mit großen Tieren misst. Gitarren gewährte er einen plastische­n hölzernen Korpus, wo sich viele andere nur auf das Anreißen, aber nicht auf der Abklingen der Saiten konzentrie­ren. Das vermittelt eher den Eindruck, live dabei zu sein, als der Konserve zu lauschen. Und der Bass besaß über den Exposure Volumen und vor allem Drive. Da konnte man dem kleinen Vollverstä­rker schon mal nachsehen, dass er am untersten Ende der Frequenzsk­ala das letzte Quäntchen Kontrolle vermissen ließ. Der Exposure will verführen, mitreißen und Gänsehaut erzeugen.

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Raumteiler: Der massive Kühlkörper trennt den Ringkerntr­afo von den sensiblen Audio-Schaltunge­n. Die Elkos sitzen direkt vor den bipolaren Endtransis­toren.
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lust auf mehr: Mit den beiden Vorverstär­ker-Ausgängen lässt sich der 3010S2D durch zwei Endstufen zum Tri-Amping-System erweitern.
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Ent oDEr WEDEr: Die aufrüst-Optionen umfassen jetzt auch einen DSD-DaC, der hier montiert ist. Dafür bleiben die für mm- und mC-abtaster erhältlich­en phono-platinen draußen.

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