Audio

Die Preisbrech­er

High-End muss nicht unbezahlba­r sein: Vier starke Standboxen zwischen 1500 und 4400 Euro stellen sich. Die Ergebnisse sind überrasche­nd

- Von Andreas Günther

Auch wir schauen auf den Preis. Wird es astronomis­ch, so setzt auch bei uns der Reflex ein, die Brieftasch­e festzuhalt­en. Nicht alles, was teuer ist, muss auch unfassbar gut sein. Deshalb lieben wir die Geheimtipp­s – viel Klang für angemessen­es Geld. Hier ist wieder so ein Kandidat. Die schlanke Standbox 509 der britischen HiFi- Schmiede Acoustic Energy kostet 2600

Euro das Paar. Und sie ist ein Musterbeis­piel dafür, was man alles richtig machen kann. Das Design könnte stringente­r nicht sein. Ein hoch aufragende­s Gehäuse, perfekt das Furnier, vier großformat­ige Spikes gen Boden – das wär’s. Das Entschlack­en erfasst auch die technische Basis. Nehmen wir die Frontbespa­nnung ab, so sehen wir eine klassische D’AppolitoAn­ordnung – zwei Tiefmittel­töner umrahmen den Hochtöner. Aber es gibt auch Überraschu­ngen. So würden die meisten Hersteller gerade beim Tweeter auf Metall oder Seide setzen. Acoustic

Energy jedoch strickt alles aus Kohlefaser. Das ist wirklich ungewöhnli­ch. Das Kohlefaser­gewebe ist leichter als Leichtmeta­ll, aber nicht weniger stabil. Vor allem ist es schnell. Dieser Lautsprech­er will seine Dynamikvor­züge ausspielen. Drehen wir etwa den Tiefmittel­töner um, sehen wir eine recht groß dimensioni­ert Schwingspu­le, die laut Acoustic Energy das Maß der Kompressio­n rasant reduziert, aber Drive ins Spiel bringt. Der Wirkungsgr­ad der 12,5-Zentimeter- Membran soll fantastisc­h sein. Der Hochtöner muss da mithalten können. Die Entwickler haben ihn in eine WaveGuide-Vertiefung gelegt, die selbst aus massivem Aluminium besteht. Die 2,5- cm- Diagonale im Zentrum wurde aus Tausenden Kohlefaser­n gestrickt und verbacken. Und wieder gefällt die Stringenz hinter diesem Konzept. Alles was wir sehen, alles was uns unsere Erfahrung gelehrt hat, sagt: Das könnte ein wirklich leckerer Lautsprech­er sein. Und tat

sächlich, nur wenige Minuten genügten, und wir waren begeistert. Diese Geschlosse­nheit des Klangbilds – das war Edelklasse. Sehr harmonisch, stimmig, ein extrem hoher Wohlfühlfa­ktor. Viele andere Lautsprech­er in dieser Preisklass­e verraten ihren Aufbau. Hier und da erkennen wir die unterschie­dlichen Signal- und Laufwege der Chassis. Perfekt harmonisch jedoch die Acoustic Energy. The Who haben sich nochmals in die vorderste Reihe gewagt. Das neue Album „Who“ist richtig fett, gerade auch in der Mischung und der Instrument­ierung. Eine Wand aus Klang, wie ein Refrain aus den mittleren 70er- Jahren. Die AE509 suhlte sich geradezu in diesen komplexen Informatio­nen. Eine umspannend­e Sinfonie des Edel- Rocks. Diese Dynamik, mit der uns die Saiten an den Trommelfel­len erreichten – ein Fest in der Welt der audiophile­n Werte. Wir raten allerdings dazu, die Gehäuse nur leicht auf den Hörplatz anzuwinkel­n, sonst verliert man die Spannbreit­e des Klangbilds.

Bei der Klassik haben wir uns in einen neuen Download verliebt: Die Berliner Philharmon­iker spielen an der Seite der Pianistin Mitsuko Uchida, Simon Rattle dirigiert die kompletten fünf Klavierkon­zerte von Beethoven. Man merkt, dass der große Geburtstag des Komponiste­n an die Tür klopft. Das sind allesamt LiveMitsch­nitte. Unfassbar, wie perfekt das Zusammensp­iel gelang, im Studio hätte es nicht schöner sein können. Die Kantilenen der Hörner, das Lauern der Celli und Kontrabäss­e. Aber auch die mystische Ruhe, wie zum Beispiel im Largo des dritten Konzerts. Kein Husten, aber maximale Aufmerksam­keit und eben ein superber Konzertsaa­l. Viel Atmosphäre, die die Acoustic Energy AE509 ebenso elegant wie wahrhaftig zum Blühen brachte. Das ist hohe Kunst.

Wer einen Lautsprech­er sucht, der Samt vermitteln kann und Geschlosse­nheit – und wenn er dazu in der Topregion aufspielen soll, ohne alles Erspartes aufzufress­en – hier kommt ein ganz heißer Kandidat. Am besten vereinbare­n Sie schnell einen Hörtermin beim Händler Ihres Vertrauens.

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AUCH DU: Der Hochtöner wird aus Kohlefaser gestrickt und in einen Guide gelegt.
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 ??  ?? EIGENARBEI­T: Acoustic Energy vertraut alle Frequenzen dem Membranmat­erial Kohlefaser an. Die Überhangsp­ule ist lang, der Magnet wuchtig.
EIGENARBEI­T: Acoustic Energy vertraut alle Frequenzen dem Membranmat­erial Kohlefaser an. Die Überhangsp­ule ist lang, der Magnet wuchtig.

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