Die Preisbrecher
High-End muss nicht unbezahlbar sein: Vier starke Standboxen zwischen 1500 und 4400 Euro stellen sich. Die Ergebnisse sind überraschend
Auch wir schauen auf den Preis. Wird es astronomisch, so setzt auch bei uns der Reflex ein, die Brieftasche festzuhalten. Nicht alles, was teuer ist, muss auch unfassbar gut sein. Deshalb lieben wir die Geheimtipps – viel Klang für angemessenes Geld. Hier ist wieder so ein Kandidat. Die schlanke Standbox 509 der britischen HiFi- Schmiede Acoustic Energy kostet 2600
Euro das Paar. Und sie ist ein Musterbeispiel dafür, was man alles richtig machen kann. Das Design könnte stringenter nicht sein. Ein hoch aufragendes Gehäuse, perfekt das Furnier, vier großformatige Spikes gen Boden – das wär’s. Das Entschlacken erfasst auch die technische Basis. Nehmen wir die Frontbespannung ab, so sehen wir eine klassische D’AppolitoAnordnung – zwei Tiefmitteltöner umrahmen den Hochtöner. Aber es gibt auch Überraschungen. So würden die meisten Hersteller gerade beim Tweeter auf Metall oder Seide setzen. Acoustic
Energy jedoch strickt alles aus Kohlefaser. Das ist wirklich ungewöhnlich. Das Kohlefasergewebe ist leichter als Leichtmetall, aber nicht weniger stabil. Vor allem ist es schnell. Dieser Lautsprecher will seine Dynamikvorzüge ausspielen. Drehen wir etwa den Tiefmitteltöner um, sehen wir eine recht groß dimensioniert Schwingspule, die laut Acoustic Energy das Maß der Kompression rasant reduziert, aber Drive ins Spiel bringt. Der Wirkungsgrad der 12,5-Zentimeter- Membran soll fantastisch sein. Der Hochtöner muss da mithalten können. Die Entwickler haben ihn in eine WaveGuide-Vertiefung gelegt, die selbst aus massivem Aluminium besteht. Die 2,5- cm- Diagonale im Zentrum wurde aus Tausenden Kohlefasern gestrickt und verbacken. Und wieder gefällt die Stringenz hinter diesem Konzept. Alles was wir sehen, alles was uns unsere Erfahrung gelehrt hat, sagt: Das könnte ein wirklich leckerer Lautsprecher sein. Und tat
sächlich, nur wenige Minuten genügten, und wir waren begeistert. Diese Geschlossenheit des Klangbilds – das war Edelklasse. Sehr harmonisch, stimmig, ein extrem hoher Wohlfühlfaktor. Viele andere Lautsprecher in dieser Preisklasse verraten ihren Aufbau. Hier und da erkennen wir die unterschiedlichen Signal- und Laufwege der Chassis. Perfekt harmonisch jedoch die Acoustic Energy. The Who haben sich nochmals in die vorderste Reihe gewagt. Das neue Album „Who“ist richtig fett, gerade auch in der Mischung und der Instrumentierung. Eine Wand aus Klang, wie ein Refrain aus den mittleren 70er- Jahren. Die AE509 suhlte sich geradezu in diesen komplexen Informationen. Eine umspannende Sinfonie des Edel- Rocks. Diese Dynamik, mit der uns die Saiten an den Trommelfellen erreichten – ein Fest in der Welt der audiophilen Werte. Wir raten allerdings dazu, die Gehäuse nur leicht auf den Hörplatz anzuwinkeln, sonst verliert man die Spannbreite des Klangbilds.
Bei der Klassik haben wir uns in einen neuen Download verliebt: Die Berliner Philharmoniker spielen an der Seite der Pianistin Mitsuko Uchida, Simon Rattle dirigiert die kompletten fünf Klavierkonzerte von Beethoven. Man merkt, dass der große Geburtstag des Komponisten an die Tür klopft. Das sind allesamt LiveMitschnitte. Unfassbar, wie perfekt das Zusammenspiel gelang, im Studio hätte es nicht schöner sein können. Die Kantilenen der Hörner, das Lauern der Celli und Kontrabässe. Aber auch die mystische Ruhe, wie zum Beispiel im Largo des dritten Konzerts. Kein Husten, aber maximale Aufmerksamkeit und eben ein superber Konzertsaal. Viel Atmosphäre, die die Acoustic Energy AE509 ebenso elegant wie wahrhaftig zum Blühen brachte. Das ist hohe Kunst.
Wer einen Lautsprecher sucht, der Samt vermitteln kann und Geschlossenheit – und wenn er dazu in der Topregion aufspielen soll, ohne alles Erspartes aufzufressen – hier kommt ein ganz heißer Kandidat. Am besten vereinbaren Sie schnell einen Hörtermin beim Händler Ihres Vertrauens.