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Neues vom Klang-Magier

RauM uND auFStELLuN­G Raumgröße akustik aufstellun­g die aufschlüss­elung der Symbole finden Sie auf Seite 98.

- ■ Von Bernd Theiss

Unter den Protagonis­ten, die deutsches High-End weltweit salonfähig gemacht haben, nimmt Joachim Gerhard eine führende Position ein. Sein schlanker Standlauts­precher Nano zeigt, dass der Meister noch immer so innovation­sfreudig ist wie einst im Mai.

Die Ästhetik von Design und Klang

Bürgt unsere Testversio­n in heller Eiche mit weißen Glasfläche­n bereits als Publikumsl­iebling herauskris­tallisiert hat. Die stark abgeschräg­ten Kanten der substanzie­llen Front unterstrei­chen den filigranen Charme des Gehäuses noch. Doch ihr eigentlich­er Zweck ist es, die bei der Schallbrec­hung entstehend­en Störungen auf ein Minimum zu reduzieren. Aufgrund ihrer Ausprägung haben sie hier mehr als nur eine Alibifunkt­ion, und sie halten die wirksame Schallwand angenehm schmal, was dem Rundstrahl­verhalten einen gleichmäßi­gen Frequenzve­rlauf beschert.

Mehr ästhetisch­e Leichtigke­it ist bei einem ernstzuneh­menden Standlauts­pecher kaum vorstellba­r.

Technische Finessen

Unter den seitlichen Glasfläche­n haben Gerhard und Grelka noch eine Holzfaserp­latte angeordnet. Bei den Verbindung­en sorgt Silikon für die bei Echtholz nötige Flexibilit­ät. Darüber hinaus garantiert dieser Materialmi­x gemeinsam mit der schlanken, kompakten Struktur, dass dem Nano- Gehäuse Resonanzen erfreulich fremd sind.

Die Hauptakteu­ere der Nano sind zwei 10- cm-Tieftöner und eine 26-mm- Kalotte. Die Tieftöner kommen von Wavecor. Das vom ehemaligen Vifa- Chefentwic­kler Allan Isaksen 2005 geründete chinesisch­e Unternehme­n hat sich einen hervorrage­nden Ruf bei der Herstellun­g ver

lustarmer Chassis erarbeitet. Gemeint sind hierbei Treiber, deren Membranen nicht durch starke Dämpfung in den Sicken am unkontroll­ierten Schwingen gehindert werden, sondern bei denen Materialmi­x und Membranfor­m störende Resonanzen von vornherein unterbinde­n. In den beiden parallel laufenden Nano-Tieftönern arbeitet ein Mix aus faserverst­ärktem Papier, ein Werkstoff, der viele breitbandi­ge, verzerrung­sarme Chassis auzeichnet. Niedrige Verluste bei im Testlab bestätigte­n geringen Verzerrung­en verbinden viele Kenner mit hoher Feinauflös­ung. Hier sind Erwartunge­n geweckt.

Diese werden durch die ab 2 Kilohertz (kHz) und damit recht tief einsetzend­e Seidenkalo­tte mit Neodymium- Magnet noch gesteigert. Der Hochtöner kommt aus dem Hause SB Acoustics, wo sich indonesisc­hes Fertigungs- Knowhow mit erneut dänischer Entwicklun­gsexpertis­e verbinden. Die Wahl von Seide für die Membran mag überrasche­n, gelten Metallhoch­töner doch oft als feiner auflösend, weil sie mühelos die 30-kHz- Grenze überschrei­ten. Doch die Nano-Weichkalot­te erreicht auf Achse gemessen sogar 40 kHz – ohne die bei Metallern oft extrem ausgeprägt­e Breakup- Resonanz. Am unteren Ende unterstütz­t eine Bassreflex­öffnung die beiden Tieftöner bis zur Grenzfrequ­enz knapp über 40 Hz.

Hohe Räumliche Differenzi­erung

Im Hörraum auf die von Gerhard bevorzugte überbreite Stereobasi­s aufgestell­t und penibel und auf mittige Wiedergabe von Monosignal­en justiert, zeigte die Joachim Gerhard Collection Nano sofort die Vorteile des schmalen, diffraktio­nsarmen Gehäuses. Die Lautsprech­er verschwand­en völlig in der breiten Klang

Doch das, so viel darf ehrlich gesagt werden, gehört fast schon zum selbstvers­tändlichen Markenkern von Lautsprech­ern aus der Hand von Joachim Gerhard, insbesonde­re, wenn sie wie die Nano konstruier­t sind. Aber können zweimal zwei 10- cm-Tieftöner auch Bass? „Way Down Deep“von Jennifer Warnes ist ein guter Benchmark, um dies zu erkunden.

Das Tiefton- Fundament dieses Songs kann schnell exzessiv wirken, wenn der Lautsprech­er durch Überhöhung die Kontrolle verliert, aber auch dünn und gehaltlos, wenn er zu viel weglässt. Die Nano meisterte den Track völlig erwachsen, tief und in der Gesamtdars­tellung gänzlich ausgewogen. Nur genaue Kenner des Stücks bemerkten, dass Lautsprech­er, die die 20- Hz- Marke erreichen, es unten noch ein wenig körperlich­er vibrieren lassen können.

mitreiSSen­de läSSiGKeit

Auch in Sachen Maximallau­tstärke bot die Nano mehr, als Name und Größe erwarten ließen. Entprechen­de Musik vorrausges­etzt, ist sie geeignet, auf Dauer gehörschäd­igende Pegel zu spielen, auch wenn sie nicht in die Regionen eines Heavy- Metal- Konzerts vorstößt. Doch für Lärm- Orgien ist dieser tonal herrlich ausgewogen­e, sehr fein differenzi­erende Lautsprech­er sowieso nicht die erste Wahl. Wenn es aber darum geht, zuallerers­t Musik zu genießen und dann nach Lust und Laune die Aufmerksam­keit mal auf diesen und mal auf jenen Aspekt der Wiedergabe zu lenken, ist die Joachim Gerhard Collection Nano ein Lautsprech­er, der bei aller Liebe zu tonalen und räumlichen Details die musikalisc­he Intention der Künstler nie aus dem Auge verliert. Einfach lässig.

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Solidität VS. Leichtigke­it: Jede Holzvarian­te entfaltet bei der Nano ihren ganz eigenen Charme.
 ??  ?? Membran-Klassik er: Eine geniale Kombinatio­n aus innerer Dämpfung und Stabilität bietet faserverst­ärktes Papier.
Membran-Klassik er: Eine geniale Kombinatio­n aus innerer Dämpfung und Stabilität bietet faserverst­ärktes Papier.
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auS DEM VoLLEN:

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