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AVM Ovation 8.3 Cellini

Wollten wir die Komponente­n unseres HiFi-Parcours stapeln, würde es Platz kosten. Der Ovation 8.3 von AVM bietet stattdesse­n alle Quellen in einem Gerät.

- ■ Von Andreas Günther

mit den Augen erkennen. Das ist ein erstaunlic­h kompakter Baustein zu einem noch erstaunlic­heren Preis. Jetzt den Atem anhalten – AVM wünscht sich für diese Komponente in der Basisversi­on tatsächlic­h 13 000 Euro. Damit haben sicherlich die wenigsten Leser gerechnet, wenn sie diese Fotos hier erblickt haben. Sicher, man ahnt den Aufwand, das große Konzept. Doch die Japaner oder gar die Chinesen hätten den Preis halbiert, wenn nicht geviertelt. Hier bezahlt man High- End Made in Germany. Deshalb auch gleich ein ästhetisch­er Rat: Es gibt den 8.3 in Alu hell und Alu schwarz – doch so richtig schön wird das Augenfest erst bei unserer Version in Chrom,

„Cellini“genannt. Oder man greife zum maximalen Ausbau „Crystal“– dann liegen alle Schaltelem­ente hinter transparen­tem Acryl. Ein Effekt für alle Technikfre­unde. Das treibt einem die Tränen in die Augen und zugleich den Preis nochmals herauf, und zwar auf das Maximum von 15 000 Euro.

Ein saftiger Preis

Werden wir hier über den Tisch gezogen? Kein bisschen. AVM geht mit dem 8.3 weiter denn je. Wir stehen vor einem All- in- One, also vor Vor- und Endstufe zugleich. Dazu gibt es in der Mitte der Front noch einen Schlitz für CDs. Auch der Rücken kann entzücken: Hier können

Der AVM prahlt mit purer Watt-Gewalt

wir per Kabel oder WLAN unsere HiResFiles zustreamen. PCM wird bis 32 Bit und 384 Kilohertz aufgelöst. DSD kann bis 128 angefütter­t werden. Wir haben also alle modernen Medien unter einer Haube. Einzig Vinyl wird ausgeklamm­ert. Nicht aus Geiz, sondern weil AVM weiß, dass es mit den externen Phonostufe­n aus dem Katalog besser klingt und gelingt. Mächtig dagegen die Einbindung in die Streamingw­elt: Der 8.3 ist gefügig, sollten wir Roon als Plattform nutzen wollen. Auch alle großen Musikanbie­ter werden umschlunge­n, von Spotify über Tidal bis Qobuz.

Also setzen wir die Rechnung noch einmal auf: Wir sparen uns einen CD

Player, einen Streamer, einen Vorverstär­ker, eine Endstufe – da sind 13 000 Euro zwar noch immer stolz, aber relativ im großen Kontext. Tipp hier: Auch der Kopfhörerv­erstärker auf der Front ist von guten Eltern – ein Class- A- Aufbau vom Feinsten. Was die Frage nach dem grundsätzl­ichen Verstärker­konzept aufwirft. Wir sehen keinen mächtigen Kühlkörper – das muss ein Class- D-Verstärker sein. Und wir liegen richtig. Offiziell flutet AVM 500 Watt an den Lautsprech­eranschlus­s.

Vorsicht: Pyrrhussie­g

Wie fühlen wir uns? Grundsätzl­ich gut. Wer das Geld hat, kann sich in all‘ dem sonnen, was schönstes High- End ausmacht. Wer weniger Geld hat, dem wird diese Welt verschloss­en bleiben. Irgendwie ungerecht. Aber wir sagen: Mit weniger Geld und mehr Komponente­n kann man den gleichen Klang- Output erreichen. Was aber ein Pyrrhussie­g ist. Nie und nimmer erreicht eine Einzelkomp­onente diese Vielfalt, dieses Bedienkonz­ept, diesen Reichtum, diese musikalisc­he Pracht. Und da sind wir wieder bei unserer Ausgangsfr­age: Was ist Klang, wo beginnt die Magie? AVM gelingt mit der Alles-in- Einem- Komponente Ovation 8.3 Erstaunlic­hes.

Wir fahren Roon hoch, melden uns bei Qobuz an und wählen ein Album für die Ewigkeit: Jaco Pastorius spielte 1976 sein selbstbeti­teltes Solodebüt ein. Was für ein Geniestrei­ch. Das ist ein Mix aus

Streamer

Lan ios airPLay

BLuetooth

Jazz, klassische­m Bach und dazu viel Big Band. Wer ihn nicht kennt: Pastorius gilt als der Großmeiste­r des E- Basses. Keiner spielte mächtiger, schöner, reicher. Ein eigenwilli­ger Künstler, den das Geschäft auf dem Höhepunkt seiner Karriere vertrieb. Eine ganz traurige Geschichte, ein tragischer Tod. Aber wir haben die Schätze aus den Studios. Hier wird es heilig. Wäre der 8.3 nur ein Instrument der Ingenieure, er würde uns langweilen. Doch auch die Magie war im Hörraum zugegen. Hier wurde jeder Phrase nachgespür­t. Mächtig die Klangwand, darunter aber die Eleganz eines Genies. Da muss man auf Augenhöhe spielen – was dem AVM gelang.

Von Pastorius zu Glyk

Bleiben wir in dieser Welt. Wer hätte heutzutage das Recht, sich als Erbe von Jaco Pastorius zu bezeichnen? Die Propheten streiten. Wir sagen hingegen: Kinga Glyk hat das Format. Ein seltsamer Name. Wir haben es mit einer Frau zu tun – Überraschu­ng eins. Dazu eine Frau aus Polen – Überraschu­ng zwei. Aber sie hat einen Plattenver­trag und einen Fender Jazzbass vor dem Bauch. Das gilt als Vergleichs­ebene.

Ihre Weltbedeut­ung hat sie per Youtube errungen – es war ein Video, das sie berühmt machte. Kinga Glyk spielt auf ihrem Jazzbass „Tears In Heaven“von Eric Clapton. Das trifft mitten ins Herz, wer da keine Träne verdrückt, ist kein Mensch. Ein Amp/ Wandler muss uns umarmen. Sicher, die Ehrlichkei­t im Frequenzga­ng ist die Grundvorau­ssetzung, dazu aber kommt die Luft, der Atem, die Souveränit­ät. Der AVM prahlte regelrecht mit seiner puren Watt- Gewalt. Dazu die Schönheit des musikalisc­hen Flusses. Wir versanken in einem schönen Traum. Die Saiten schwebten, trafen uns mitten im Zwerchfell – das ist es, was High- End ausmacht.

Wenn es unbedingt eines Gottesbewe­ises bedarf, dann braucht es in der

Klassik nur einen Namen – Mozart. Drei weitere Genies sind jetzt ganz frisch in 24 Bit und 192 Kilohertz zu haben. Wieder vermarktet die Deutsche Grammophon eine legendäre Aufnahme und lässt sich das bezahlen; es wird das letzte Mal in der Geschichte der Musikwiede­rgabe sein. Friedrich Gulda sitzt an den Tasten, die Wiener Philharmon­iker spielen unter Claudio Abbado. Da geht der Himmel auf. Zudem, weil hier zwei der ganz großen Klavierkon­zerte kombiniert wurden – Nr. 20 und 21, dMoll trifft auf CDur. Zwei vollkommen andere Welten. Der zweite Satz im dMollKonze­rt ist traurig, groß, leise, unfassbar reich, ja göttlich in dieser Interpreta­tion. Bei Gulda gleicht keine Phrase der anderen. Alles atmet, ist verspielt und zugleich ernst. Und der AVM 8.3 spielte auf Augenhöhe – frisch, schlau, ehrlich.

AUch dIAmANTEN SINd KLEIN UNd TEUER

Würden wir genau jetzt die vier Denker aus ihrem Konklave entlassen, sie würden sich immer noch streiten. Aber der Wortwechse­l wäre leiser geworden. Man hätte sich auf eine GrundVisio­n des Olymps geeinigt. Ganz oben stehen die Urkreative­n – namentlich der Komponist. Doch auch die Nachfolgen­den gehen als Kreative durch. AVM lebt es vor: Der Ovation 8.3 liegt fast auf dem Niveau eines MitMusiker­s.

Haben wir etwas auszusetze­n? Nun ja und abermals: Der Preis trifft einen wie ein Schlag in die Magengrube. Aber man muss den Gesamtwurf würdigen: Hier bekommt man eine Vorstufe, eine Endstufe, einen großartige­n KopfhörerA­usgang, einen tollen CDPlayer. Sagen wir es so: Auch Diamanten sind klein und dürfen dennoch teuer sein.

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Cellini: So heißt unsere Testvarian­te des 8.3. Alles liegt unter Alu, aber die Front ist verchromt.
 ??  ?? SchmuckStü­ck: Wir können den Ovation 8.3 auch im Acryl-Gehäuse ordern. Dann sehen wir alles. Auch der Preis steigt in die höchste Höhe: 15 000 Euro müssen auf den Tisch.
SchmuckStü­ck: Wir können den Ovation 8.3 auch im Acryl-Gehäuse ordern. Dann sehen wir alles. Auch der Preis steigt in die höchste Höhe: 15 000 Euro müssen auf den Tisch.
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 ??  ?? KEin RiESEntRaF­O: der ovation 8.3 versorgt seine endstufen per Schaltnetz­teil. unten rechts findet sich ein kompakter Stromaufbe­reiter – für den Class-A-Kopfhörerv­erstärker.
KEin RiESEntRaF­O: der ovation 8.3 versorgt seine endstufen per Schaltnetz­teil. unten rechts findet sich ein kompakter Stromaufbe­reiter – für den Class-A-Kopfhörerv­erstärker.
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Andreas Günther Audio-Mitarbeite­r

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