W
enn der Verkäufer freundlich ist, so ist das gut. Wenn der Verkäufer zu freundlich ist, dann sollte man vorsichtig sein. Beispiel Cabasse The Pearl Akoya: Würde
Ihr Vertragspartner den Satz „Das Komplettsystem können wir gern auch bei Ihnen im Wohnzimmer installieren“fallen lassen, dann sollten Sie kritisch sein. Denn es macht Spaß, diese Klangkugel zum ersten Mal zum Klingen zu bringen.
In der Regel liefert der deutsche Vertrieb die Pearl Akoya in zwei mittelgroßen Kartons. Darin finden sich die Bedienungsanleitung, die Fernbedienung und – umfassend verkapselt – die Lautsprecher selbst. Hinter dem Kunststoff entdeckt man ein Kraftwerk, eine mächtige Kugel mit eigener Tragetasche. Das könnte auch als Beschwerer für Fitnessübungen dienen.
Sehr elegant, dieser Auftritt.
drei aufstellmöglichkeiten
Wo platzieren wir sie? Das entscheidet unsere Ästhetik. Wir können die kleinen, aber immerhin 8 Kilo schweren Klangkugeln einfach auf ein Sideboard stellen. Das kostet nix. Wir können sie auf die passgenauen Ständer stellen, für die im Paar 600 Euro fällig werden. Oder wir schrauben sie an die Wand, die passgenauen Halter gibt’s für 200 Euro. Also eine überraschende Vielfalt. An den Kabeln können wir sparen: Im Kern genügt die Kraftzufuhr per Stromstecker. Dann muss einer der beiden Lautsprecher zum Master erklärt werden – das geht hier drahtlos.
Was die Pearl Akoya so gefährlich macht: Jede Frau wird dem HighEndEhemann eine Vorhaltung machen. Schau doch mal. So klein geht es auch. Reicht das nicht? Brauchst du wirklich diese Kühlschränke links und rechts in unserem Wohnzimmer? Recht hat die Frau. Man ist plötzlich in die Ecke gedrängt. Schlaue, dumme Entscheidung. Das ist in etwa so, als ob der WhiskeyLiebhaber seiner Gattin einen Alkoholmesser schenken würde – permanente Kontrolle.
Mit
len können eigentlich jedes aktuelles Format in Hochbit anlegen, hinauf bis zu 32 Bit und 768 Kilohertz. Auch DSD ist keine Fremdsprache, bis hin zu 512. Unfassbar, welche Möglichkeiten, welche Kraft die Franzosen hier verbaut haben. Alles entsteht am Firmensitz.
Worüber wir noch nicht gesprochen haben: Das Duo kann über eine passgenaue App gesteuert werden oder mit der beiliegenden Fernbedienung. Auch diese ist ein Machtwort des Designs: Sie ist rund, kommt mit fünf Tasten aus und steuert die Akoya fast mit snobistischer Eleganz. Nebenbei: nicht per Infrarot, sondern per Bluetooth- Protokoll. Nochmals sei der Preis für das Paar genannt: unter 3000 Euro. Er kommt einem plötzlich gar nicht mehr so hoch vor.
Spielt auch das Klangerlebnis mit? Die Frage ist im Grunde eine rhetorische – die Akoya überzeugte im Hörraum. Dies vor allem mit der Botschaft: Je hochwertiger der Stream, desto besser der Klang.
Diesen Satz erfüllen nur wenige Streaming- Boxen. Ganz tief unten, im Wortsinn, schleicht sich aber eine andere Frage an: Können die beiden Kleinen auch Bass? Ja, und wie! Ein schöner, runder, druckvoller Bass – er wird schlau gezügelt, damit er bei hohen Lautsräkren nicht aus dem Ruder läuft. Für die meisten Musikrichtungen völlig ausreichend, außer man ist Motörhead- Fan und möchte Lemmys Rickenbacker bis zum tiefsten Grund erfühlen.
punktgenauer Bass
Das neue Album von Norah Jones, „Pick Me Up Off The Floor“, ist für diese zwei Kugeln wie geschaffen. Alles hell, alles transparent, keine bösen Basswellen. „Flame Twin“ist ein wunderbarer Blues mit Jazzanklängen. Klasse, wie die Akoyas den Flügel zentral ins Klangbild stellten, rechts die Orgel, links die Sologitarre. In der Mitte des Songs gibt Norah Jones richtig Gas – die kleinen Aktivlinge zeigten, welche dynamische Bereitschaft sie an den Tag legen konnten. In „Heartbroken, Day After“lebt das ganz feine Jazz- Gedeck – Flügel, Schlagzeug und ein eleganter Kontrabass. Hier fühlten wir der Basspotenz auf den Zahn: Wir hörten einen punktgenauen, feinen Blop, klar umrissen, sittsam, nicht übertrieben – so, wie er sein sollte. Insgesamt staunten wir über das ausladende Klangbild. Das hatte Definition und Drive. Ein feines Loft über den Dächern, ein weiter Ausblick – und diese beiden Lautsprecher links und rechts davon. Das wäre ein Lebenstraum.
Apropos Lebenstraum. Der Star-Tenor Jonas Kaufmann träumte in jungen Jahren davon, einmal Verdis Otello zu singen. Die Kritiker und Stimmkenner rieten ab – diese Partie ist mörderisch schwer. Domingo war darauf abonniert, Pavarotti hat sie nur konzertant gegeben. Und Jonas Kaufmann hat sich Zeit gelassen. Erst kürzlich hat er den Otello in Covent
Garden gegeben und in München wiederholt. Nun ist eine Studioaufnahme bei Sony erschienen. Wer die ganze Pracht haben will, gönnt sich den Stream in 24 Bit und 96 Kilohertz.
seHR RealistisCH, seHR PlastisCH
Was sich bei Norah Jones angedeutet hat, wurde hier zum ganz großen Fest: Die Akoyas stemmten ein mächtiges, hochdynamisches Klangbild in unseren Hörraum. Die Sturmszene schwankte zwischen Gebet, Zittern und Furor, es wird mächtig laut. Sehr realistisch, sehr plastisch, was die kompakten CabasseKugeln da inszenierten. Dann der große erste Auftritt des Titelheldens: „Esultate!“Allein nach diesen exponierten Takten weiß der Kenner, ob der Tenor der Partie gewachsen ist. Und Jonas Kaufmann ist es – er besitzt Macht, Strahlkraft und Timbre. Und die Akoya hatte es ebenfalls – diese Hochenergie, wenn einem die flirrenden Stimmbänder mitten zwischen die Augen zielen. Das sind die Wundermomente: Wir sehen diese kompakten Schallwandler und sind angenehm verwirrt darüber, wie sich hier große Ingenieure an die Grenzen der Physik heranpirschen.
Geben wir uns noch einen. Musik zwischen Blues und Rock – Larkin Poe mit „Self Made Man“. Der erste Track zeigt uns den rotzfrechen Sound, mächtig kreischt die E- Gitarre von links auf der Klangbühne, während rechts deutlich vernehmbar der Tonabnehmer nachbrummt. Da müssen die Lautsprecher ihren Charakter wechseln. Nur nicht zu feingeistig und elegant sein, Schmutz muss her. In „Easy Street“will man gleich mitstampfen – super, wie die Akoyas den Nerv dieser Musik trafen. Alles ging nach vorn, permanenter Motor, wunderbarer Drive. Es war uns eine Freude, diese beiden Kraftkugeln in unserem Hörraum gehabt zu haben. Ehrliche Verbeugung.
HiGHliGHt