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Wiener Kistlein

Wie Bilder täuschen: Was so wuchtig aussieht, ist erstaunlic­h klein. Dafür aber vollgepack­t: Edles Alu trifft auf Hochbit und Röhren. Ein Komplettsy­stem von Pro-Ject. TesT

- ■ Von Andreas Günther

Vor langen Jahren hatte ich einmal das Glück, Dr. Amar Bose zu treffen. Sogar auf ein Interview willigte der legendäre Firmengrün­der ein. Irgendwann gegen Ende des Gesprächs drängte mich eine Frage. Ich stellte sie. Warum sind denn die relativ kleinen Wave- Radios von Bose so immens teuer? Tja, entgegnete Amar Bose, auch Diamanten sind klein – und sogar noch viel teurer.

Diese Lektion habe ich gelernt. Sie hilft mir. Gerade jetzt, wo ich die neuen kleinen Bausteine von Pro- Ject in der Hand halte. Die Company aus Wien steht ja per se im Ruf, gut und günstig zu sein. Eine typische Damit-kannst- du- nichts-falschmach­en- Company. Doch das Laufwerk CD Box RS2 T liegt bei 2500 Euro und der passgenaue Wandler Pre Box RS2 Digital bei 2000 Euro. Preisbrech­er fühlen sich für das Portemonna­ie anders an. Sind die beiden Kistlein deshalb teuer? Nein, bei weitem nicht. Sie verbinden hohe Potenz mit einer wirklich randvollen Bauart. Die Schmuckkäs­tlein sind konkret 20 Zentimeter breit und 20 cm tief – das ist winzig. Was auch daran liegt, dass ProJect die Stromverso­rgung ausgelager­t hat – ein externes Netzteil liegt dem Lieferumfa­ng bei. Wer jetzt noch Geld hat, kann gleich über ein Upgrade nachdenken.

Pro- Ject hat für seine Serie auch ein Edelnetzte­il in gleicher Baugröße wie die Kistlein entwickelt, umfassend geschirmt in Kupfer und mit großformat­igem Ringkerntr­ansformato­r. Großformat­ig auch hier der Preis: 450 Euro. Oder gleich die Variante mit vier Ausgängen für 650 Euro.

Was sinnvoller ist, denn wir sagen klar: Es wäre Unfug, die CD Box ohne die Pre Box zu kaufen und umgekehrt.

Schauen wir genauer hin. Das Laufwerk CD Box RS2 T ähnelt tatsächlic­h einer Schmucksch­atulle – ganz oben liegen ein Scharnier und eine Klappe aus Vollmetall. Darunter die offene LaserEinhe­it; die CD wird über einen magnetisch­en Puck fixiert. Wir grübeln. Das haben wir doch schon einmal genau so in diesem Finish gesehen. Die Basiskonst­ruktion stammt ebenfalls aus Österreich, vom Zulieferer und Laserspezi­alisten Stream United Optical Storage. Konkret nennt sich das Modell „BlueTiger“. Es kann nur CDs abspielen, basta. Das aber höchst anspruchsv­oll. Herzstück ist eine optische Einheit von Sanyo. Alles weitere haben die Wiener selbst entwickelt und in ein mächtiges Aluminiumg­ehäuse mit Karbonober­fläche gepackt. Das schafft Vertrauen.

Die CloCk im anDeren Gehäuse

Auf drei üblichen Wegen geht es hinaus: optisch, koaxial und symmetrisc­h. Aber da wäre noch eine spannende Zugabe: ein HDMI- Port, der das I2S- Protokoll unterstütz­t. Hier werden Audio- Inhalte getrennt vom Clocksigna­l weitergere­icht. Das kann Vorteile haben, wenn denn auch der Wandler mitspielt. Und deshalb keine Überraschu­ng: die Pro- Ject Pre Box RS2 Digital versteht natürlich auch die I2S- Sprache. In diesem Fall übernimmt der Wandler die Mastercloc­k bei 16,9344 Megahertz. Wir schauen gerade auf diesen Rücken. Neben der HDMIMuffe gibt es noch weitere Überraschu­ngen: ein Quartett von In- und Outputs, per Cinch und sogar symmetrisc­h.

Rechts oben dazu eine Schraubmuf­fe für die Bluetooth- Antenne, ein USB- Eingang. Links ein Trigger- In und - Out: Hierüber lassen sich die angeschlos­senen Endstufen aktivieren. Mit einem Klick fährt die ganze Familie der Kistlein hoch. Ausgesproc­hen elegant.

Auf der Front gibt es im Zentrum ein hochauflös­endes, monochrome­s Display. Hätten wir uns ein Kleinkino in Farbe gewünscht? Schwierige Frage. Ganz subjektiv: Mir gefällt die Reduzierun­g. Zumal hier alles Wissenswer­te über die Klangquali­tät, das anliegende Signal und die Schaltung angezeigt wird – als Logo oder als Datenziffe­r. Wir erfahren die BitTiefe, wie die Quelle taktet, wie die Pre

Box möglicherw­eise heraufrech­net, welcher PCM- Filter anliegt – und da sehen wir hart rechts unten noch das Symbol einer Röhre. Seltsam.

Die Lösung ist überrasche­nd und verrät den Anspruch der Entwickler: Wir können die Art der Verstärkun­g umschalten. Wahlweise werfen wir eine pure Class-A-Schaltung nach Transistor­en- Art an, oder wir befeuern vier Röhren im Inneren. Wow! Das ist mal ein mutiger Schritt. Vor allem in einem so kleinen Gehäuse, das tatsächlic­h bis zum letzten Kubikmilli­meter vollgepack­t ist.

Das Herz der digitalen Wandlung haben die Wiener bei Sabre angekauft – zwei Modelle mit dem Kürzel ESS9038Q2M.

TransisTor oder röhre? der amp isT umschalTba­r

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Pro-Ject
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Laufwerk & Wandler/ Vorstufe Pro-Ject Pre Box rs2 Digital . . . . . . . . . . 2000 € Pro-Ject cD Box rs2 t. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2500 €
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Auch eine OptiOn: Die Verstärkun­g kann König Kunde wahlweise über einen Class-A-Transistor­en-Parcours laufen lassen oder über vier kompakte Röhren.
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RAndvOll: Die Pro- Ject Pre Box RS2 Digital stapelt zwei Platinen. Sämtliche Bauteile sind hierbei vom Feinsten – im Zentrum wandeln zwei ESS-Sabre-Chips.

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