Avantgarde Acoustic
Uno Fino Edition.
Konsequent umgesetzte Hornlautsprecher mit amtlichem Wirkungsgrad sind nicht so einfach zu bauen, besonders nicht, wenn sie den Qualitätsansprüchen von Avantgarde Acoustic entsprechen sollen. Für die Verhältnisse der Exoten aus dem Odenwald ist das zweitgünstigste Einstiegsmodell Uno Fino Edition geradezu ein Schnäppchen, unter ihr rangiert nur noch die Zero-Serie. Wer angesichts des Preises von gut 17 000 Euro dennoch Schnappatmung bekommt, darf an anderer Stelle aufatmen: Dank überirdischem Wirkungsgrad von über 100 dB (1 W/1 m) begnügen sich die je 56 Kilo schweren Hörner mit minimaler Verstärkerleistung. Und auch an die Kon
trolle werden niedrige Anforderungen gestellt, denn dank teilaktivem Konzept verfügt der Bass über eigenen Antrieb. Dass dieses 3- Liter- Auto unter den Lautsprechern wirklich nur so viel Watt verbraucht, wie der Hersteller angibt, sieht man beim Blick in die Spezifikationen des markeneigenen Vollverstärkers XA INT. Der leistet sich den raren Luxus, im Class
A- Modus gerade mal 1,1 Watt pro Kanal zu produzieren. Mit dieser asketischen Leistung würde ein klassischer britischer Studiomonitor glatt verhungern. Kein Gedanke an jene Urgewalt, die der Autor bei seiner ersten Begegnung mit der Avantgarde- Kombi erlebte.
Zum Test brachte Sales Manager Babak Moayedpour die Boxen selbst in die Redaktion, um sie auf den AUDIO- Hörraum einzumessen. Mit dem aktiven Verstärkermodul existiert ein sinnvolles Werkzeug, um den ehrfurchtgebietenden Bass entsprechend der räumlichen Gegebenheiten zu zügeln. Außerdem lässt sich damit ganz nebenbei der im Wirkungsgrad den Mittel- und HochtonHörnern hinterherhinkende Bass grundsätzlich an die passive LautsprecherSektion anpassen. Außerdem nutzt
Avantgarde Acoustic die Möglichkeit der Entzerrung, um kompaktere Gehäuse zu realisieren. Dazu setzt der aus dem Profibereich stammende Entwickler Matthias Ruff nicht auf einen gewöhnlichen Equalizer, sondern auf das Prinzip des „Motional Feedback“. Die diskret aufgebauten Real-Time- Schaltung vergleicht mit ihrem analogen Integrator Einganssignal und Schwingspulensignal, sprich Soll- und Ist-Zustand, und kompensiert Abweichungen durch blitzschnelle Kompensationssignale.
Was die Passivsektion betrifft, vertraut Avantgarde auf minimalistische Frequenzweichen, die mit hochwertigen Bauteilen bestückt sind. Das Credo des Entwicklers Ruff besagt: Widerstände zum Ausgleich von Wirkungsgraddifferenzen sind tabu. Deshalb kommen unter dem klangvollen Namen „OmegaTechnologie“ausschließlich sehr hochohmige Schwingspulen zur Anwendung. Statt der üblichen 4 oder 8 Ohm weisen die Avantgarde-Treiber für den Mittelhochtonbereich üblicherweise zweistellige Impedanzen auf, um ein Matching herbeizuführen. Den Hochtöner teilt sich die Uno Fino Edition mit der Einsteigerserie Zero. Doch nicht nur das unterscheidet sie von der Uno XD, die sich in diesem Punkt sogar bei der noch teureren Duo bedient. Die große Schwester hebt sich außerdem durch ein etwas größeres geschlossenes Gehäuse mit zwei 25cm- Bässen ab – die Uno Fino begnügt sich mit nur einem Tieftöner mit Downfire- Bassreflexrohr.
Wer die abgrundtiefe, dabei selbst in Wandnähe extrem trockene Basswiedergabe live erlebt hat, dürfte trotz dieser Sparmaßnahme nichts vermissen. Schließlich kann man mit der markeneigenen PC- Software via USB-Verbindung zum Elektronikmodul sogar den QFaktor, sprich die Chassis- Güte in 25 Stufen verschieben. Und man kann den Übergang zum Mitteltöner nach Gusto verändern oder den Rolloff am unteren Ende gezielt beeinflussen. Der Effekt dieser Maßnahmen, etwa auch die Verschiebung der werksseitigen Übernahmefrequenz auf 300 oder 320 Hz, beeinflusste auch die Stimmwiedergabe. Unabhängig von den immensen Möglichkeiten der teilaktiven Bauweise begeisterte die Uno Fino mit trägheitslosem, ungestümem Ansprechen auf Impulse und einer entspannten, aber extrem druckvollen Spielweise. Selten haben wir ein Drumsolo oder das Anreißen von E- Bass oder Gitarrensaiten so authentisch erlebt. Die Homogenität lag auf einem Level, der auch Ausflüge in die Klassik zum packenden, realitätsnahen Erlebnis machte, auch wenn hier bei aller Neutralität das Horn den besten konventionellen Boxen dieser Preisklasse in der Natürlichkeit nicht die Butter vom Brot nahm. Doch diese Luftigkeit und Durchhörbarkeit, das Gefühl für Raumgröße und Dynamik wog diese Petitesse locker auf. Was viele vielleicht noch mehr überraschen dürfte, war die Fähigkeit, selbst beim Leisehören ein Maximum an Klangfülle und Feindynamik zu bieten.