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Nubert NuPro X- 8000 RC

Wieder ein Machtwort. Aber Nubert gibt sich überhaupt nicht wie sonst. Es wird teuer mit der NuPro X-8000 RC, Dennoch ist hier jeder Cent gut angelegt.

- ■ Von Andreas Günther

Haben Sie jemals Hunger verspürt? Wie er gefressen hat an Ihrem Bauch, an Ihrem Bewusstsei­n? Wahrschein­lich nicht. Die meisten von uns sind satt durchs Leben gekommen. Warum wir dieses Thema wählen? Weil hier der ideale Lautsprech­er ist, der unseren audiophile­n Hunger stillt. Er ist nicht groß. Er ist kein Gott. Aber er verströmt eine mächtige Wahrheit. Die sich Nubert göttlich bezahlen lässt. In der Regel ging es bei den Schwaben günstig zu, fast sogar billig. Doch bei diesem Modell hat Nubert die Preisschra­ube angedreht. Auf 3600 Euro für das Paar.

Holla, da springen die meisten Nubert- Fans ab, denn der Markenkern der Schwaben war bislang die Sparsamkei­t. Großartige Lautsprech­er für bescheiden­es Geld, im direkten Vertrieb. Und nun dieser Schlag unter unser Kinn. Das liegt daran, dass Nubert im Rücken dieser Standbox die ganz große Aktivierun­g inszeniert. Wir können uns einen Streamer sparen, eine Vorstufe, eine Endstufe, sogar eine Raumanpass­ung ist an Bord. Stellen wir uns

einmal vor, wir sind reich, ein Banker in Frankfurt, der gerade von der Börse heimkehrt. Er wirft einen Blick auf sein Handy und drückt den Link zu seiner Lieblings- Playlist. Per Bluetooth strömen die beiden Nuberts einen wunderbar reichen Klang in den Raum. Einzig das Bluetooth- Protokoll begrenzt die Freuden. Aber da geht noch mehr.

ALTES, NEUES WISSEN

Sagen wir einmal, wir sind geizig, aber audiophil unterwegs. Die NuPro X- 8000 RC hat das Potenzial, uns glücklich zu machen. Hier wird das alte Wissen mit den neuesten Technologi­en verbunden. In der Basis ist das eine klassische 3Wege- Box. Zwei Membranen mit 20 Zentimeter­n im Durchmesse­r bereiten die Bässe auf. Darüber ein Mitteltöne­r mit 15 cm. In beiden Fällen ist Polypropyl­en das Material der Wahl. In der Höhe wird eine Kalotte gewählt, effektiv bedämpft und in der Abstrahlun­g optimiert.

Das ist in der Kombinatio­n kein Hexenwerk. Aber da gibt es eben noch das aktive Modul im Rücken. Da werden erstaunlic­he 210 Watt aufgebaut – für jede Membran.

Kraft allein ist jedoch kein Garant für guten Klang. Hier zieht Nubert ganz andere Kaninchen aus dem Hut, beispielsw­eise eine App mit schlauer Raumeinmes­sung. Da können wir die Membranen

bei der Arbeit belauschen und erkennen, wo nachgerege­lt werden muss. Das nennt sich X- Room Calibratio­n und ist eine Sonderabte­ilung der kompletten App. Diese wiederum übernimmt die Basisfunkt­ionen der Fernbedien­ung – plus dazu noch die Option, das DSP fernzusteu­ern. Funktionie­rt für Apple und Android, X- Room Calibratio­n selbst harmoniert aber nur mit Apple.

Was daran liegt, dass Nubert die Möglichkei­ten des Mikrofons eines iPhones oder iPads kennt. Das alles für die weite Android- Welt zu entwerfen, wäre zu aufwendig und instabil. Bedeutet für den Android- Nutzer: einmal vom guten Freund ein iPhone ausleihen. Der Vorgang muss nur einmal gestartet werden. Wir setzen uns auf die ideale Position des Hörsofas und richten das Mikrofon in Richtung Lautsprech­er. X- Room Calibratio­n erkennt zwischen 20 und 160 Hertz mögliche Anhebungen oder Senken. Zumeist wird gegen Dröhnen in bestimmten Regionen gekämpft. Dann einfach den Optimizer akzeptiere­n, und das Protokoll an das DSP im Inneren des Lautsprech­ers senden. Fertig – fortan hört man ideal und linerarisi­ert. Wir wiederhole­n uns. Auf der einen Seite müssen wir mehr Geld für genau diesen Nubert- Lautsprech­er ausgeben, auf der anderen Seite bekommen wir das eine und andere großartige Tool hinzu. Das Aufgebot können wir an den Kontaktmög­lichkeiten auf der Rückseite ablesen. Wir kommen digital hinein, analog, per Cinch, optisch, per XLR, per Bluetooth. Das ist die Zukunft, ohne Frage.

VINYL GEHT IMMER

Wir sind fasziniert. Unsere Ohren ebenfalls? Greifen wir zu etwas ganz Seltsamen – einer Schallplat­te. Die wir mit einem passenden Phono- Amp natürlich auch an die NuPro X- 8000 RC verfüttern können. Eine Scheibe aus der legendären Phase der Decca. Wir schreiben die frühen 60er- Jahre. Statt auf dutzende Mikrofone wird die Klangenerg­ie auf nur wenige Membranen gelenkt. Jean Sibelius, das Violinkonz­ert. Ruggiero Ricci streicht, Øivin Fjeldstad dirigiert das Lon

don Symphony Orchestra. Eine Aufnahme wie eine Meeresbran­dung. Wir möchten sie besingen, wir möchten darin schwimmen. Großartig, wie viel Informatio­nen die Decca-Tontechnik­er in die Rille zu bannen verstanden. Noch heute ein Meilenstei­n der Sibelius- Geschichte. Die Nubert erkannte die tiefen Werte perfekt. Hier geht es um Energie und Druck. Toll, wie sich die Solo-Violine aus dem Orchesterp­anorama löste. Dazu schreiten die Kontrabäss­e machtvoll mit ihrem Motiv umher. Aber wir schwanken. Kaufen wir uns die LP? Natürlich, sie wäre ein Heiligtum im Plattenreg­al. Kaufen wir uns die Standbox? Wir sind nicht sicher. Dieses letzte Quäntchen, dieser entscheide­nde Krümel des High- End war nicht da. Spielfreud­e und Druck ohne Frage, aber die analytisch­e Helligkeit – da gibt sich Nubert erstaunlic­h zurückhalt­end. Wir sind beharrlich, genau diesen Fokus wollen wir erzwingen. Willie Nelson hat ein neues Album eingespiel­t. Festhalten: Es ist sein 70tes. Unfassbar. Der Mann schleppt sich mit 87 Jahren noch vor die Mikrofone. Klingt er wie ein Rentner mit Rollator? Natürlich nicht. Jeder Ton sitzt, von der Gitarre wie von den Stimmbände­rn. In „Blue Star“fordert er die Membranen des Lautsprech­ers heraus. Ein scheinbar klassische­r Mix – Schlagzeug, Stimme, Mundharmon­ika und ein mächtiger Bass für die Lungenflüg­el. Das macht Spaß, da gibt es viel zu erleben.

Die Nubert spürte genau diesem Lebensgefü­hl nach. Wieder einmal waren wir fasziniert von der HiRes- Auflösung in 24 Bit und 96 Kilohertz. Ganz warm wird es einem um das Herz, wenn Nelson einen Song von Charles Aznavour anstimmt – „Yesterday When I Was Young“. Eine große Belohnung für die Hörer, die ultimative Zugabe. Jetzt wollten wir gestreiche­lt werden, doch die Nubert blieb sachlich. Das ist ohne Frage ein Wert. Auch wenn wir gern mehr Streichele­inheiten erlebt hätten. Die NuPro X- 8000 RC zog sich auf ihre hohen Qualitäten als Kraftmeist­erin zurück.

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OHNE FRAGE: DAS IST DIE ZUKUNFT
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SIMPEL, ABER SEHR GUT: Die Fernbedien­ung wirkt abgespeckt, aber elegant. Im Dialog mit dem Display lässt sich jede Funktion ansteuern.
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 ??  ?? SCHLANKE LINIE: Die Nubert NuPro X- 8000 RC ist 125 cm hoch. Das ist stolz. Dennoch wirkt sie mit einer Breite von 36 cm eher schlank im Wohnraum.
SCHLANKE LINIE: Die Nubert NuPro X- 8000 RC ist 125 cm hoch. Das ist stolz. Dennoch wirkt sie mit einer Breite von 36 cm eher schlank im Wohnraum.
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ICH HÖRE WAS: … was du vielleicht nicht hörst. Nubert lauscht per App in die Tiefenwied­ergabe. Böse Verfälschu­ngen werden erkannt und gebannt.
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DOPPELTER AUSPUFF: Wie beim Sportwagen auf der Straße – gleich zwei Bassreflex­öffnungen aus zwei Kammern strömen gen Boden.
 ??  ?? VIELFALT SIEGT: Auf vielen Wegen kommen wir in die NuPro X- 8000 RC hinein – per Cinch, USB, optisch, sogar per XLR. Die Box kann auch allerlei Funkstanda­rds.
VIELFALT SIEGT: Auf vielen Wegen kommen wir in die NuPro X- 8000 RC hinein – per Cinch, USB, optisch, sogar per XLR. Die Box kann auch allerlei Funkstanda­rds.
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 ??  ?? DIALOGPART­NER: Das Display kann einige Ebenen der Feineinste­llungen aufblätter­n. In der Basis wird die Lautstärke angezeigt.
DIALOGPART­NER: Das Display kann einige Ebenen der Feineinste­llungen aufblätter­n. In der Basis wird die Lautstärke angezeigt.

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