Nubert NuPro X- 8000 RC
Wieder ein Machtwort. Aber Nubert gibt sich überhaupt nicht wie sonst. Es wird teuer mit der NuPro X-8000 RC, Dennoch ist hier jeder Cent gut angelegt.
Haben Sie jemals Hunger verspürt? Wie er gefressen hat an Ihrem Bauch, an Ihrem Bewusstsein? Wahrscheinlich nicht. Die meisten von uns sind satt durchs Leben gekommen. Warum wir dieses Thema wählen? Weil hier der ideale Lautsprecher ist, der unseren audiophilen Hunger stillt. Er ist nicht groß. Er ist kein Gott. Aber er verströmt eine mächtige Wahrheit. Die sich Nubert göttlich bezahlen lässt. In der Regel ging es bei den Schwaben günstig zu, fast sogar billig. Doch bei diesem Modell hat Nubert die Preisschraube angedreht. Auf 3600 Euro für das Paar.
Holla, da springen die meisten Nubert- Fans ab, denn der Markenkern der Schwaben war bislang die Sparsamkeit. Großartige Lautsprecher für bescheidenes Geld, im direkten Vertrieb. Und nun dieser Schlag unter unser Kinn. Das liegt daran, dass Nubert im Rücken dieser Standbox die ganz große Aktivierung inszeniert. Wir können uns einen Streamer sparen, eine Vorstufe, eine Endstufe, sogar eine Raumanpassung ist an Bord. Stellen wir uns
einmal vor, wir sind reich, ein Banker in Frankfurt, der gerade von der Börse heimkehrt. Er wirft einen Blick auf sein Handy und drückt den Link zu seiner Lieblings- Playlist. Per Bluetooth strömen die beiden Nuberts einen wunderbar reichen Klang in den Raum. Einzig das Bluetooth- Protokoll begrenzt die Freuden. Aber da geht noch mehr.
ALTES, NEUES WISSEN
Sagen wir einmal, wir sind geizig, aber audiophil unterwegs. Die NuPro X- 8000 RC hat das Potenzial, uns glücklich zu machen. Hier wird das alte Wissen mit den neuesten Technologien verbunden. In der Basis ist das eine klassische 3Wege- Box. Zwei Membranen mit 20 Zentimetern im Durchmesser bereiten die Bässe auf. Darüber ein Mitteltöner mit 15 cm. In beiden Fällen ist Polypropylen das Material der Wahl. In der Höhe wird eine Kalotte gewählt, effektiv bedämpft und in der Abstrahlung optimiert.
Das ist in der Kombination kein Hexenwerk. Aber da gibt es eben noch das aktive Modul im Rücken. Da werden erstaunliche 210 Watt aufgebaut – für jede Membran.
Kraft allein ist jedoch kein Garant für guten Klang. Hier zieht Nubert ganz andere Kaninchen aus dem Hut, beispielsweise eine App mit schlauer Raumeinmessung. Da können wir die Membranen
bei der Arbeit belauschen und erkennen, wo nachgeregelt werden muss. Das nennt sich X- Room Calibration und ist eine Sonderabteilung der kompletten App. Diese wiederum übernimmt die Basisfunktionen der Fernbedienung – plus dazu noch die Option, das DSP fernzusteuern. Funktioniert für Apple und Android, X- Room Calibration selbst harmoniert aber nur mit Apple.
Was daran liegt, dass Nubert die Möglichkeiten des Mikrofons eines iPhones oder iPads kennt. Das alles für die weite Android- Welt zu entwerfen, wäre zu aufwendig und instabil. Bedeutet für den Android- Nutzer: einmal vom guten Freund ein iPhone ausleihen. Der Vorgang muss nur einmal gestartet werden. Wir setzen uns auf die ideale Position des Hörsofas und richten das Mikrofon in Richtung Lautsprecher. X- Room Calibration erkennt zwischen 20 und 160 Hertz mögliche Anhebungen oder Senken. Zumeist wird gegen Dröhnen in bestimmten Regionen gekämpft. Dann einfach den Optimizer akzeptieren, und das Protokoll an das DSP im Inneren des Lautsprechers senden. Fertig – fortan hört man ideal und linerarisiert. Wir wiederholen uns. Auf der einen Seite müssen wir mehr Geld für genau diesen Nubert- Lautsprecher ausgeben, auf der anderen Seite bekommen wir das eine und andere großartige Tool hinzu. Das Aufgebot können wir an den Kontaktmöglichkeiten auf der Rückseite ablesen. Wir kommen digital hinein, analog, per Cinch, optisch, per XLR, per Bluetooth. Das ist die Zukunft, ohne Frage.
VINYL GEHT IMMER
Wir sind fasziniert. Unsere Ohren ebenfalls? Greifen wir zu etwas ganz Seltsamen – einer Schallplatte. Die wir mit einem passenden Phono- Amp natürlich auch an die NuPro X- 8000 RC verfüttern können. Eine Scheibe aus der legendären Phase der Decca. Wir schreiben die frühen 60er- Jahre. Statt auf dutzende Mikrofone wird die Klangenergie auf nur wenige Membranen gelenkt. Jean Sibelius, das Violinkonzert. Ruggiero Ricci streicht, Øivin Fjeldstad dirigiert das Lon
don Symphony Orchestra. Eine Aufnahme wie eine Meeresbrandung. Wir möchten sie besingen, wir möchten darin schwimmen. Großartig, wie viel Informationen die Decca-Tontechniker in die Rille zu bannen verstanden. Noch heute ein Meilenstein der Sibelius- Geschichte. Die Nubert erkannte die tiefen Werte perfekt. Hier geht es um Energie und Druck. Toll, wie sich die Solo-Violine aus dem Orchesterpanorama löste. Dazu schreiten die Kontrabässe machtvoll mit ihrem Motiv umher. Aber wir schwanken. Kaufen wir uns die LP? Natürlich, sie wäre ein Heiligtum im Plattenregal. Kaufen wir uns die Standbox? Wir sind nicht sicher. Dieses letzte Quäntchen, dieser entscheidende Krümel des High- End war nicht da. Spielfreude und Druck ohne Frage, aber die analytische Helligkeit – da gibt sich Nubert erstaunlich zurückhaltend. Wir sind beharrlich, genau diesen Fokus wollen wir erzwingen. Willie Nelson hat ein neues Album eingespielt. Festhalten: Es ist sein 70tes. Unfassbar. Der Mann schleppt sich mit 87 Jahren noch vor die Mikrofone. Klingt er wie ein Rentner mit Rollator? Natürlich nicht. Jeder Ton sitzt, von der Gitarre wie von den Stimmbändern. In „Blue Star“fordert er die Membranen des Lautsprechers heraus. Ein scheinbar klassischer Mix – Schlagzeug, Stimme, Mundharmonika und ein mächtiger Bass für die Lungenflügel. Das macht Spaß, da gibt es viel zu erleben.
Die Nubert spürte genau diesem Lebensgefühl nach. Wieder einmal waren wir fasziniert von der HiRes- Auflösung in 24 Bit und 96 Kilohertz. Ganz warm wird es einem um das Herz, wenn Nelson einen Song von Charles Aznavour anstimmt – „Yesterday When I Was Young“. Eine große Belohnung für die Hörer, die ultimative Zugabe. Jetzt wollten wir gestreichelt werden, doch die Nubert blieb sachlich. Das ist ohne Frage ein Wert. Auch wenn wir gern mehr Streicheleinheiten erlebt hätten. Die NuPro X- 8000 RC zog sich auf ihre hohen Qualitäten als Kraftmeisterin zurück.