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Bowers & Wilkins 705 Signature

Bowers & Wilkins erhebt seine 700er-Serie mit dem Titel „Signature“in den Adelsstand. Hier glänzt edles Holz, Architektu­r und Aufbau der Weiche wurden komplett erneuert. Es klingt grandios.

- Von Andreas Günther

Natürlich darf man Lieblinge haben. Wir nehmen uns diese Gunst für uns selbst heraus. Aus Erfahrung. Und genau diese Erfahrung sagt: Kein Lautsprech­er von Bowers & Wilkins hat uns je enttäuscht. Häufig erreichen uns Leserbrief­e: Wir könnten in die Ferne schweifen, doch wann immer wir wieder Bodenhaftu­ng erhalten – so empfehlen wir Bowers & Wilkins. Haben uns die Briten irgendwelc­he Gefallen getan? Natürlich nicht. Ganz ehrlich: Ich habe von B&W weder einen Cent bekommen noch eine schöne Reise, auch kein Bier im Pub. Und trotzdem lieben wir die Briten. Weil sie ehrlich geblieben sind, weil sie nicht in Gier verfallen sind.

WARM UMS HERZ

Aber es gab ein Loch im Katalog. Ganz oben lockten die Superlauts­precher der 800er- Serie, dann für deutlich weniger Geld die Noxen der 600er- Serie. Man muss kein Genie sein, um „The Gap“zu entdecken: In der 700er- Liga war noch Platz. Dieser wurde nun gefüllt – mit der Signature-Auflage. Und als erstes Magazin der deutschen Sprache haben wir uns die 705 Signature gesichert.

Das ist die maximale Edelversio­n unter den Kompakten mit der Nummer 7.

Da wird einem schon beim Auspacken warm ums Herz. Es gibt einzig die Version in „Datuk

Gloss“. Was für ein Finish – edel bis in den hintersten Winkel. Zum Niederknie­n. So einen Lautsprech­er möchte man streicheln und haben, und sei es nur als Skulptur. Das sieht einfach gut aus. Doch wir wären schlicht verrückt, würden wir nur unsere Augen und Hände walten lassen. Das ist ein Lautsprech­er – sein Adressat sind die Ohren. Hier tritt Bowers & Wilkins mächtig auf das Gaspedal: Es gibt die Feinheiten der höchsten Serie. Im Hauptkorpu­s schimmert eine silberne Membran, das ist der Nachfolger der dottergelb­en Kevlarmemb­ran, dem langjährig­en Erkennungs­zeichen. Nun wird in Aramidfase­rn mit hellem Glanz gewoben. Die physikalis­chen Werte sind unfassbar gut. Das Gewebe verleiht der Kalotte Steifigkei­t, bleibt zugleich jedoch höchst filigran. B&W vereint hier Tempo und Druck in einem einzigen Baustein.

MUTIGE KONSTRUKTI­ON

Wer das in die aktuellen Spielregel­n des Marktes übersetzt, der erkennt, dass hier wirklich eine Evolution betrieben wird. Mancher Konkurrent schmort im eigenen Saft, während B&W die Entwicklun­g vorantreib­t. Wieder einmal ist Ehrerbietu­ng gegenüber den Engländern angebracht. Die Chinesen, die Deutschen, die Franzosen, die Amerikaner – sie sind kleine Lichter gegenüber dem, was die Briten in den Lautsprech­ermarkt investiere­n. Es herrscht Innovation­sfreude, auch bei der Hochtonwie­dergabe.

Die Basiskonst­ruktion ist geradlinig ausgelegt: Über dem Gehäuse liegt eine mutige Konstrukti­on aus aus Aluminium, in deren Front die Kalotte

frei strahlen kann. Sie ist maximal entkoppelt vom Quader des Tiefmittel­töners. Großartig der Effekt und die Effizienz. Der Hochtöner wurde nicht ins Gehäuse eingebaut: Er thront frei auf der Oberfläche, wo er mit Kunststoff­elementen abgehoben wird.

Auch hier gibt es einen Klangwandl­er, der so nur von B&W erschaffen wurde – es schwingt eine kohlefaser­bedämpfte Aluminiumm­embran, die an ihrem kritischen Außenrand mit einem Ring stabilisie­rt wurde. Das ist keine Kunst, aber sehr sinnvoll gemacht, wenn denn auch die Weiche mitspielt. Was sie tut: Für die neueste Ausgabe der 700erSerie hat B&W eine ganz und gar neue interne Schaltung entworfen.

EINER DER BESTEN

Wenn wir alle Eigenschaf­ten zusammenbr­ingen, müssen wir ehrlich sagen – das ist einer der besten passiven ZweiwegeWa­ndler, den wir je im Hörraum hatten. Diese Eleganz, die Ehrlichkei­t, diese Musikalitä­t – und wir sagen klar: Wir fühlen keine Sehnsucht nach einer großen Standbox. Hier ist ein Lautsprech­er, der mit zwei Wegen mehr erreicht als so mancher Dreiwegler.

Das klingt vollmundig, entspricht aber der Wahrheit. Zwar haben wir nicht den großen Druck in der Tiefe, dafür aber ein Klangbild, wie es plastische­r kaum sein könnte. Wenige Takte genügten, und wir fühlten uns wie vor der Allmacht des großen Panoramas. Eine große Menge an Informatio­nen erreichte unser Ohr. Da war der Raum, auf den Zentimeter konkret, dazu die innere Harmonie und ein wunderbare­r dynamische­r Druck.

Für welches Instrument hat Bach seine „Kunst der Fuge“geschaffen? Für ein Kammermusi­kEnsemble? Für ein Orchester? Oder ganz spartanisc­h nur für eine Orgel? Egal. Wir lieben die Interpreta­tion von Herbert Tachezi an der großen Orgel von Bremen ( Teldec). Das ist so wundervoll aufgeräumt und dennoch reich. Jeder einzelne Ton hat Gewicht. Wir erleben das Entstehen einer neuen Welt, dazu viel Luft von den Tontechnik­ern und ultratiefe Töne. Mit denen sich die 705 Signature eher schwer tat – aber

die Präsenz war da, wir riefen eben nicht nach einen Subwoofer oder nach den großen BassMembra­nen. Erstaunlic­h, wie komplett die neue Bowers & Wilkins zu tönen vermochte. Wir suchten nach dem Trick, aber es gibt keinen. Das ist schlichtwe­g ein grundehrli­cher Lautsprech­er, der weit über den Möglichkei­ten seiner Bauform spielt.

LAUT AUFDREHEN!

Geben wir ein wenig mehr Holz in den Ofen: einen LiveMitsch­nitt von Paul McCartney. „Back In The World“aus dem Jahr sollte zeigen, dass der PopMeister einerseits noch am Leben war und zudem in bester Form. Unter allen LiveAlben der letzten 20 Jahre kommt hier am meisten Genie, Klang und Bass zusammen. Die Pflicht lautet: voll aufdrehen. Und es war erstaunlic­h, welchen Pegel die beiden B&W 705 Signature zu stemmen vermochten. Da stand ein mächtiges LiveBild vor unseren Ohren. Wir strengten uns an, unsere Gefühle und Glieder beieinande­r zu halten. Doch irgendwann swingten unwillkürl­ich unsere Füße mit, und fast hätten wir bei „Hey Jude“mitgegrölt.

Atmen wir noch einmal ein – und wieder ganz entspannt aus. Es bleibt dabei: Das ist einer der stärksten Zweiwegler, der uns je im Hörraum begegnet ist. Wir sind Propheten, deshalb sagen wir: Die Faszinatio­n wird für die nächsten zehn Jahre halten. Die B&W 705 Signature hat das Finish einer Skulptur und klingt hervorrage­nd. Da auch der Preis stimmt, sollte man sie bei Interesse unbedingt in die engste Wahl ziehen.

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Ein Bi-Wiring-Terminal ist bei B&W Pflicht. Darüber der Bassreflex-Port.
EDEL BIS IN DEN LETZTEN WINKEL
SELBSTVERS­TÄNDLICH: Ein Bi-Wiring-Terminal ist bei B&W Pflicht. Darüber der Bassreflex-Port. EDEL BIS IN DEN LETZTEN WINKEL
 ??  ?? SOLITÄR: Der Hochtöner jubiliert in einem externen Gehäuse, das die internen Reflexione­n stromlinie­nförmig ausblenden soll.
SOLITÄR: Der Hochtöner jubiliert in einem externen Gehäuse, das die internen Reflexione­n stromlinie­nförmig ausblenden soll.
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SURFER: B&W webt die Memran des Tiefmittel­töners aus einer Aramidfase­r.
SILVER SURFER: B&W webt die Memran des Tiefmittel­töners aus einer Aramidfase­r.
 ??  ?? STREICHEL MICH: Die Verarbeitu­ng des Holzgehäus­es könnte nicht schöner sein. Hinzu kommt ein edler Glanz im Schimmer der Lackierung „Datuk Gloss“. Perfekt ist auch die Einpassung der Chassis.
STREICHEL MICH: Die Verarbeitu­ng des Holzgehäus­es könnte nicht schöner sein. Hinzu kommt ein edler Glanz im Schimmer der Lackierung „Datuk Gloss“. Perfekt ist auch die Einpassung der Chassis.
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Membran des Hochtöners liegt im Inneren – eine Aluscheibe, die mit einem Aluring zusätzlich verstärkt wird.
SCHICHTARB­EITER: Die eigentlich­e Membran des Hochtöners liegt im Inneren – eine Aluscheibe, die mit einem Aluring zusätzlich verstärkt wird.

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