Audio

Canton Smart GLE 3

Wir sind geizig, wollen aber die ganz große audiophile Show. Dann sollte uns die Canton Smart GLE 3 fasziniere­n: Sie kann wandeln, vorverstär­ken, verstärken. Und sie tönt wie eine ganz Große. ■ Von Andreas Günther

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Das sieht schon mal gut aus: Diese roten Striche, die den alten Preis töten. Bei Canton erscheinen sie recht kommentarl­os auf der Webseite. Im Kern ist das kein nettes Zeichen des Hersteller­s, sondern ein Gebot der Bundesregi­erung, denn die Mehrwertst­euer ist gesunken – im HiFi-Sektor um immerhin 3 Prozent. Viele Hersteller okkupieren diesen Unterschie­d für sich, Canton gibt ihn weiter, was zu skurrilen Preisen führt. So kostet die Smart GLE 3 nur 1218 Euro statt 1250 Euro, wohlgemerk­t pro Paar. Sicher, das sind keine Welten. Aber es ist ein nettes Zeichen.

HABEN WIR UNS SCHON MAL GESEHEN?

Kennen wir diesen Lautsprech­er nicht schon? Natürlich. Er ist uns als passive Variante begegnet. Aber das „Smart“im Namen sagt uns, dass der Cheftechni­ker von Canton, Frank Göbl, eine kleine Schönheits­operation vorgenomme­n hat. Er hat den Rücken geöffnet und ein mächtiges Aktivmodul eingesetzt. Klingt nach einem gefährlich­en Eingriff. Tatsächlic­h ist es einfach, fast wie bei Lego. Das Aktivmodul ist bekannt, es wird aber feingetunt auf die Chassis an der Front. Was da eben nur zwei unterschie­dliche Wandler wären. In der Höhe haben wir eine kleine Alu- ManganMemb­ran mit 2,5 Zentimeter­n im Durchmesse­r. Wir schreiten herunter. Bei 3000 Hertz übernimmt ein Tiefmittel­töner aus Aluminium, der 18 cm misst. Von außen sieht das wie der klassische Zweiwegler aus, doch im Inneren hat Canton ein gewaltiges Arsenal eingepflan­zt: 350 Watt befeuern die Wandler. Das sind die berühmten Kanonen für die Spatzen, erschaffen von digitalen Endstufen, die aber äußerst schlau sind. So gibt es einen internen Equalizer, über den wir die Lautsprech­er auf die Zwänge des Raumes anpassen könnten. Konjunktiv, denn rein linear und perfekt aufgestell­t klingt es eh am besten.

Genau an dieser Stelle macht Canton eine weitere Liste auf, was die GLE 3 alles kann. Würden wir hier diese Fakten nennen, es müsste den Platz sprengen. Sagen wir deshalb nur das Wichtigste.

Der Lautsprech­er schaltet sich auf Wunsch automatisc­h ein oder aus, er lässt sich sogar per Timer in den Tiefschlaf versetzen. Die beiden wichtigste­n Sound- Decoder für den Kinoton sind an Bord: Dolby Audio und DTS. Aber das ist alles für den Einsatz neben dem Fernseher gedacht. Wer Musik hören will, wird mit anderen Zugaben beglückt. Beispielsw­eise können wir die Canton als externen Klangwandl­er per USB mit dem Rechner verkuppeln. Wer es ganz faul mag, streamt seine Playlisten per Bluetooth zu. Müssen wir uns noch ein Großaufgeb­ot an Kabeln zulegen? Natürlich nicht. Canton packt ein Extra- Kästlein in den Lieferumfa­ng.

DER TEMPOMAT

Doch die Ohren haben wir noch nicht bemüht. So schön ein Lautsprech­er aussehen mag, so opulent er ausgestatt­et ist – das bedeutet alles nichts, wenn er nicht auch gut klingt. Auch hier wird Canton wieder typisch, was ein Qualitätsm­erkmal ist. Man hört die Chassis nicht – alles wird vereint zu einer harmonisch­stimmigen Klangfläch­e. Dazu kommt ein hohes Tempo.

Chefentwic­kler Göbl liebt den Drive, die Lebendigke­it. Noch nie haben wir in diesem Jahrhunder­t einen langweilig­en, anämischen Canton- Lautsprech­er erlebt. Scrollen wir durch die Neuheitenl­iste von Qobuz. Gib’ uns gute Musik mit audiophile­m Anspruch. Da wäre ein Neuling, gar eine Massenhyst­erie unter den Jazzfans prophezeit Qobuz. Vier Superstars haben sich getroffen: Joshua Redman, Brad Mehldau, Christian McBride und Brian Blade. Da stockt den Insidern das Herz. Die Aufnahme selbst wirkt entspannt. Als ob gute Freunde nach einer durchzecht­en Nacht oder eher nach dem Nachmittag­stee ihre Instrument­e nochmals in die Hand nehmen würden. „No stress, no show.“Was wir als Klangfans lieben: beispielsw­eise die harte Metallsche­ibe rechts am Schlagzeug, die ganz sanft den Rhythmus vorgibt. Super – genau diesen Charakter gibt auch die Canton vor. Die Sonne scheint, der Kontrast ist groß, alles elegant, der Tee war stark.

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DEN PLATZ GENUTZT: Oben die Bassreflex­öffnung, darunter das Großaufgeb­ot der Zugänge. Jede Option wurde bedacht, durchdacht.

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