DIE WAHRE PRACHT
Eine Vorstufe, die alle audiophilen Herausforderungen meistert und noch dazu fast jeden Spieltrieb befriedigt. Dazu eine Endstufe mit fast unendlicher Kraft. Und beide auch noch schön wie die Sünde: Die Kombination McIntosh C53 AC / MC462 AC weckt die wonnige Lust am Hören.
Anpassen der Abschlussimpedanz für MovingCoil-Tonabnehmer? Klar, kein Problem, in sechs Stufen zwischen 25 und 1000 Ohm. Anpassen des Pegels von DSD512- Signalen auf den des Schallplattenspielers? Klar, kein Problem, geht aufs Dezibel genau. Anpassen des Frequenzgangs an einen besonders modenfreudigen Hörraum oder im Bass übermotivierte Lautsprecher? Klar, kein Problem, geht in acht verschiedenen Frequenzbändern per Equalizer. Anpassen der Lippenbewegungen der Darsteller auf dem TV- Bildschirm mit dem gesprochenen Wort? Klar, kein Problem, Lip Sync Mode ist an Bord. Die Fragen, beziehungsweise die Antworten zeigen so in etwa die Spannbreite an Einsatzmöglichkeiten der McIntosh C53 AC. Eine der bemerkenswertesten Vorstufen, die dem Autor seit Langem untergekommen ist. Nicht, weil sie die vielen Features hat
– die haben manche kapitale AV- Receiver auch.
Sondern, weil die Ausstattungsfülle einhergeht mit einer audiophilen Klangqualität, die auch in ihrer Preisklasse ihresgleichen sucht.
PRÄCHTIG BESTÜCKT
Der knapp 9500 Euro Vorverstärker ist ein McIntosh vom Scheitel bis zur Sohle, vor allem aber nach dem Angesicht mit den typischen Pegel-Anzeige- Instrumenten. Wer einmal in diese tiefblau illuminierten Augen geschaut hat, wird die Frage nach der Sinnhaftigkeit von VU- Metern bei Vorstufen nie wieder stellen. Und bestimmt nicht quengeln, dass der auch mit weiteren Funktionen beaufschlagte Pegelsteller dazu fast schon zierlich wirkt. Auf der stylishen System- Fernbedienung scheint sich die entsprechende Wippe fast zu verstecken rechts unter der Navigations- Scheibe für das Einstell- Menü. Der Setup Mode eröffnet einem die unfassbare Vielseitigkeit der C53 AC, die erschöpfend zu behandeln den Umfang dieser AUDIOAusgabe sprengen würde. Wir können uns hier konzentrieren auf zwei Audio
relevante Bereiche, wo sich die C53 AC prächtig bestückt zeigt. Da ist zum einen die Phonostufe, die nicht nur mit getrennten Eingängen für Moving- Magnet- und Moving- Coil Systeme den entsprechenden Abtastern dank wählbarer Kapazität und Abschlussimpedanz ideale Bedingungen stellt. Sondern die auch mit exzellenten Messwerten dokumentiert, dass hier keine Alibi- Stufe eingezogen ist, sondern ein Angebot für ansprechsvolle Vinylhörer.
Da ist zum Zweiten das neue Digitalboard DA2, das hier erstmals in einen McIntosh-Verstärker Einzug hielt. Sieben Eingänge stehen zur Verfügung, darunter der proprietäre „MCT“für die DSDReihen aus dem hauseigenen SACD/ CD- Laufwerk. Fernsehern mit Audio Return Channel ARC steht ein entsprechender HDMI- Eingang zur Verfügung (im Heimkino- Heimatland USA ist auch eine Home Theater PassThru- Funktion obligatorisch), der dann auch Dolby Digital oder DTS- Mehrkanalsignale auf Stereo konvertiert. Die Audio- Fraktion wird sich lieber an den USB- Eingang hängen, der nicht nur PCM bis zu 32 Bit/ 384 Kilohertz und DXD, sondern auch DSD bis zu DSD512 verarbeitet. Dahinter steckt eine Quadrupel- Architektur von achtkanalligem 32- Bit- DA-Wandlern, die auch über die jeweils zwei optischen und koaxialen Eingänge noch bis zu 24 Bit / 192 Kilohertz entgegennehmen. Auch das DA2- Modul durchlief den Labor- Parcours ohne Fehl und Tadel.
PRÄCHTIG KRÄFTIG
Die Kollegen des TestLab kamen erst recht ins Schwärmen, als sie die Leistungsdaten der knapp 12 500 Euro teuren Endstufe MC462 AC erfassten – siehe unten. Wie bei der Vorstufe C53 steht hier der Zusatz AC für den deutschen Importeur Audio Components, der jede McIntosh- Komponente noch einmal intensiv endcheckt. Ob man in Hamburg allerdings entsprechende Widerstands/ Kondensator/ Spulen- Bänke hat, alle Stromliefer- Reserven der MC462 auszutesten? In unserem Labor machte sie an
3 Ohm stramme 16,1 Ampere locker. Das dürfte auch die widerspenstigsten Lautsprecher am Markt zähmen – oder besser gesagt auf Trab bringen.
Die Nachfolgerin der MC 452 lässt ihre in „Quad- Balanced“Schaltung schwitzenden, vierbeinigen ThermalTrack- Endtransistoren der Semiconductor Components Industries LLC jetzt auch an den „Heatsinks“ihr Mütchen kühlen. In die seitlichen Rippenkörper ist „Mc“monogrammiert. Doch das Schönste sind die riesigen Anzeigeinstrumente, jetzt auch LED- hinterleuchtet. Und so gar keine Makel? Na, so ein paar kleine Schönheitsfehler entdeckte das Messlabor schon noch. Zunächst bei der C53 AC. Da war im Menü des Testgerätes bei der MM- Kapazitäts- Anpassung wohl die Skala verkehrt: Stellt man 800 Picofarad ein, sind 50 pF gegeben, bei Stellung 50 pF sind es dagegen 670 pF. Nun gut, im Zweifelsfall stellt der McIntosh- Händler die Kapazität präzise aufs Kundensystem ein. Der symmetrische XLR- Pfad mit 97 Dezibel Fremdspannungsabstand rauscht dazu mehr als der dafür mit 110 dB überragende analoge Hochpegeleingang und die DACs mit 108 dB. Nun denn, der Autor ist wohl nicht der einzige Highender dieser Welt, der ohnehin in den meisten Fällen die Cinch-Verbindung bevorzugt. Auch bei der Verbindung Vor- zur Endstufe. Dass dann die MC462 AC im linken Kanal tatsächlich etwas mehr Noise unterhalb der Wahrnehmungsschwelle bei realistischen Bedingungen produziert – siehe Messlabor – das müssen die McIntoshTechniker auf ihre Kappe nehmen. Auf jeden Fall kein Weltuntergang.
PRÄCHTIG KLANGSTARK
Dass der Autor allerdings so viele Zeilen auf diese Mini- Mängel verwendet, mag seinem fast hilflosen Streben nach Objektivität angelastet sein. Denn subjektiv geriet er beim Hörtest der McIntoshKombi recht bald aus der Fassung. Er hätte nie damit gerechnet, dass schon der Phono- Durchgang zu einem solchen Triumphzug werden würde. Die amerikanischen Schwergewichte gingen hier dermaßen agil, farbenfroh und souverän zur Sache, dass der Autor, als er seine Fassung wiedergefunden hatte, sie kurzerhand auch zum Abhören des Platten
spielers PE 2020 Jubilee (Seite 42) heranzog. Dessen Ortofon-System 2M Bronze mochte vielleicht nicht alle Qualitäten des MM-Zuges der C53 AC ausloten, doch es reichte allemal, den vollmundig-kraftvollen, dabei herrlich nuancierten Charakter aufzuzeigen. Zwischenzeitlich dockten dann diverse digitale Zuspieler am DA2- Board an. Das autoreigene Macbook mit dem Player Audirvana Plus konnte sich gar nicht sattliefern am USB- Eingang. Bei aller Feinauflösung und Detailarbeit blieb das insgesamt wohltuend warme, grundtonsatte Wesen der Vorstufe erhalten. Damit kein Missverständnis aufkommt: Das driftete nie in seichtes Plätschern ab, sondern wogte, wenn es sein musste, auch erfrischend spritzig mit gewaltiger Dynamik. Die bis dahin leistungsmäßig kaum geforderte MC462 AC, die dem kräftigen Farbenspiel mit kaum über 4,5 Watt zuckenden Zeigern mit prononcierter Feinarbeit gefolgt war, kam nun erheblich stärker ins Rennen.
Und blieb ohne jedes Zeichen von Anstrengung oder gar Ermüdung bei aller Behendigkeit prächtig klangstark.
PRÄCHTIG IM TEAM
Nur zu gerne spannte der Tester die C53 AV und MC462 AC zusammen, denn das Team America harmonierte einfach perfekt. Weil es einfach auch keine „Schwächen“des anderen auszugleichen gab, sondern Stärken sich quasi hochschaukelten. Also noch mal Schallplatte. Mit dem Clearaudio Jubilee MC zeigte die
McIntosh- Kombi, was so alles in einer Polyvinylchloridrille drinstecken kann. Als Bob Dylan seinen „Man in the Long Black Coat“( Vinyl Seite 120) losschickte, da stellten sich die Nackenhaare auf. Die Intensität der Stimmwiedergabe gab auch David Roth oder Alexa Rodrian eine fast greifbare physische Präsenz und tiefe Emotionalität. Wow, genaus so muss High End klingen.
Nachdem das geklärt war, hieß es Leinen los. Der Autor liebt die Beatles, also „Come Together“rauf auf den Teller. Zuerst in der MFSL-Fassung von „Abbey Road“und dann, weil es so schön war, gleich in dem Giles- Martin-Remix hinterher. Die Zeiger der MC462 züngelten jetzt weitgehend über die 45 Watt-Marke, was im Zusammenspiel mit den B&W 802 D3 schon reichlich Saft auf die Fichte gab. Erschüttert zeigte sich nur das Zwerchfell, die Elektronik blieb völlig straight – da verschwand kein Gitarrenton im Soundnebel, versackte keine Stimme im Klangbrei. Weil „Let It Be“ziemlich genau vor 50 Jahren rauskam, setzte der nostalgiebeseelte Autor die Nadel auf „I‘ve Got a Feeling“und drehte die geniale SongKombi richtig auf. Bevor John Lennon am Ende „Oh my soul, it‘s so hard“kommentierte, hatte die Leistungsanzeige mehrfach am 450-Watt- Strich geleckt. Doch bei allen Gefühlswallungen, die sie so mit ihrer Klangpracht und -macht auslösten, blieben McIntoshs C 53 AC und MC462 AC völlig unbeeindruckt. Da zerrte, plärrte, nervte gar nichts, da wollte man einfach nur noch: mehr.