Rupert Neve Designs Fidelice 7566 ...
Rupert Meister Neve der Studiotechnik. war ein alter Zuletzt tüftelte er an HiFi. Sein Phono-Preamp Fidelice 7566 macht ihm alle Ehre – sehr diskret.
Wenn die Bauer Studios in Ludwigsburg ihre berühmten, rein analogen StudioKonzerte für die Vinylaufzeichnung abmischen, tun sie das auf einem Neve- Mischpult. Genauso machen es seit den 1970ern unzählige Tonstudios. Namensgeber Rupert Neve, am 12. Februar 2021 mit 94 Jahren verstorbener Brite und US- Bürger, hatte als highfidele Tochter seiner Company Rupert Neve Designs in Wimberley, Texas, erst kürzlich die Firma Fidelice gegründet. Die beglückt die Welt der Wiedergabe nun unter anderem mit dem Phono-Vorverstärker 7566.
Das coole Kistchen mit seiner trapezförmigen Front sieht seinen Geschwistern wie aus dem unaufdringlichen Gesicht geschnitten ähnlich.
Im Inneren gibt sich der Fidelice fast ganz diskret: Statt integrierter Operationsverstärker übernehmen 48 einzelne (Feldeffekt-) Transistoren die Verstärkung in strikt getrennten Bereichen. Laut Blockschaltbild lupft der eigene Eingangsverstärker die ganz leisen Moving- Coil-Signale erst um 34,5 Dezibel, während den lauteren Moving- Magnets ein anderer Verstärker mit 14,9 dB aufhilft. Bevor die Ausgangsstufe noch einmal 34,5 dB drauflöffelt, muss das Phono- Signal linearisiert werden.
Die RIAA- Entzerrung erledigt der Fidelice rein passiv. Was heißt das eigentlich? Die Recording Industrie Association of America legte Ende der 50er- Jahre fest, wie stark und ab welcher Frequenz die Bässe beim LP-/Single-Schnitt abgesenkt werden, um Platz zu sparen und die Abtastnadeln zu schonen; und ab welcher Frequenz und wie stark die Höhen angehoben werden, um das Rillenrauschen zu übertönen. Vorher kochten die Hersteller wie Decca, Columbia, RCA oder EMI da mehr oder weniger ihr eigenes Filter-Süppchen. Die RIAA normierte die sogenannten Zeitkonstanten, physikalisch , gemessen in Mikrosekunden μs, entspricht Millionstel Sekunden, auf 3180 μs, 318 μs und 75 μs. Die Umrechnung in Frequenzen geschieht nach der Formel f (Frequenz, Einheit 1 / Sekunde oder Hertz) = 1 geteilt durch 2 · π · .
Solide Konzipiert und KonStruiert
Das bedeutet: Die Filter für die sogenannte Entzerrungskurve in den PhonoVerstärkern, die jene Verbiegung – lineare Verzerrung – des Frequenzgangs wieder gerade rücken – entzerren – müssen, setzen gemäß RIAA bei rund 50 Hz, 500 Hz und 2122 Hz ein. Diese Entzerrung kann man aktiven Operationsverstärkern überlassen. Oder man überantwortet sie nicht selbst verstärkenden (passiven), aber den Frequenzgang beeinflussenden Gliedern aus Widerständen (Bezeichnung R, Einheit Ohm) und Kondensatoren (C, Einheit Farad). Wo die einsetzen, errechnet sich nach der Formel = R · C oder f = 1 / 2 π R C. Dass die Neve-Techniker das solide konzipiert und konstruiert haben, zeigen die linealglatten Frequenzgänge – siehe Messlabor. Das schonende Wegfiltern tiefster Frequenzen, wie es etwa weillige Schallplatten oder mechanisch nicht optimale Tonarm-Tonabnehmer- Kombinationen erzeugen, erledigt ein unterhalb 20 Hz einsetzendes, steiles Filter (18 dB/Oktave). Die Entrumpelungs-Stufe kostet im 7566 rund 10 dB Pegel, sodass MM mit 40 dB (Faktor 100) und MC mit etwa 60 dB (1000) gepämpert die Vorstufe verlassen.
Dank deren vorbildlich niedrigem 2Ohm- Ausgangswiderstand dürfen die Kabel zum Vor-/ Vollverstärker auch ein wenig länger sein. Der Fidelice hat selbst alles andere als eine lange Leitung, etwa bei der Impulsverarbeitung. Ohne die geringsten Anzeichen von Nervosität zelebrierte er die rasante Saitenkunst von Andrea Castelfranato (siehe Vinyl) oder die kristallinen Trompetenstöße von Charles Tolliver. Vor allem MM- Pickups wie das MoFi Master Tracker ( Test in diesem Heft) kamen prächtig in Fahrt. Der 7566 übertrieb es aber nie: Da wirkte nichts aufgebrezelt, Frauenstimmen wie von Liza Minnelli oder Valerie Joyce fielen nie ins Schärfelnd- Aufdringliche. Das Kistchen erledigte seinen Job beachtlich souverän und cool, ohne jedoch nur einen Hauch von Kühle einzustreuen. Im Gegenteil: Meistens wurde einem richtig warm um die Ohren.