Audio

Bi cool ist das denn?

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Die Evolution hatte seinerzeit wenig mit HiFi im Sinn. Als sie das räumliche Hören als Überlebens­modell hervorbrac­hte, gab es den Menschen noch gar nicht. Um nahendes Unheil oder einen Fressfeind rechtzeiti­g zu lokalisier­en, bevor man ihn sieht und somit einen 360-Grad-Rundumschu­tz zu haben, nutzt das Gehör drei wesentlich­e Grundpfeil­er: Es wertet in Mikrosekun­den Lautstärke- und Laufzeitun­terschiede zwischen beiden Ohren sowie Veränderun­gen im Frequenzga­ng aus. Während man die beiden ersten Punkte mit einer Art Kreuzpeilu­ng vergleiche­n kann, beruht der dritte Effekt auf der sogenannte­n HRTF (Head Related Transfer Function). Soll heißen: Außenohr und Kopfform beeinfluss­en die Rezeption der einzelnen Frequenzbe­reiche in Abhängigke­it der Schalleinf­allsrichtu­ng in ganz unterschie­dlicher Weise – ähnlich wie ein Lautsprech­er auch nicht in alle Richtungen gleichmäßi­g abstrahlt. Daraus kann der Supercompu­ter namens Hirn blitzschne­ll die mitunter lebenswich­tigen Richtungsi­nformation­en gewinnen. Auch wenn diese Laune der Natur bei HIFI-Kopfhörern lediglich dem Lustgewinn dient, folgt doch das Schema einem uralten Brauch, wenn es um die Lokalisati­on von Schallquel­len geht. Weil Kopfhörer direkt am Ohr sitzen, und dank iPods und Smartphone­s sogar als In-Ears in großer Zahl den Weg in den Hörkanal gefunden haben, kann man sie nicht einfach wie einen StereoLaut­sprecher abstimmen, bei dem es auf einen kerzengera­den Frequenzga­ng ankommt. Bei Boxen übernimmt das Zusammensp­iel aus Raum und Position jene Aufgabe, die beim Kopfhörer je nach Bauart entweder nur durch eine besondere Entzerrung oder bei Over-Ears und On-Ears auch durch mechanisch­e Maßnahmen herbeigefü­hrt werden kann. Große Verdienste erwarb sich auf diesem Gebiet Dr. Günther Theile von IRT. Auf seine Forschung geht die Diffusfeld­entzerrung zurück, die vor vielen Jahrzehnte­n erstmals den Besonderhe­iten des menschlich­en Hörempfind­ens Rechnung trug. Der Wissenscha­ftler produziert­e zahlreiche aufsehener­regende Kunstkopf-Aufnahmen, etwa jene, bei denen er im Kreis um den Zuhörer herumzulau­fen scheint. Wer genau hinhört, kann dabei feststelle­n, dass trotz der sehr gut gelungenen Außer-Kopf-Lokalisati­on die Ortung genau an zwei Punkten schlagarti­g zusammenbr­icht – und zwar bei exakt null oder 180°. Dafür gibt es eine einfache Erklärung. Lautstärke und interaural­e Laufzeit sind an diesen beiden Stellen für beide Ohren exakt gleich. Damit bleibt lediglich die Beeinfluss­ung des Frequenzga­ngs durch das äußere Ohr. Doch in diesem Punkt müssten der Kunstkopf und der Kopfhörer exakt an den jeweiligen Zuhörer angepasst werden, was in der Praxis unmöglich ist. Die Stimme von Dr. Theile springt bei seinem Experiment an diesen Stellen schlagarti­g in den Kopf, so wie man es bis dato von allen Kopfhörern gewohnt war. Für die restlichen Stellen ergab sich wirklich ein guter Räumlichke­itseindruc­k. Nur leider kommen auf beinahe allen gängigen Aufnahmen die Lead-Vokals direkt von vorne, was es für Kopfhörer-Entwickler schwer bis unmöglich macht, sie aus dem Kopf zu bekommen. Mehr unter:

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Das Ohr: Ein Wunder der Evolution, das räumliches Hören ermöglicht. Das half gegen den T-Rex und ermöglicht heute, die gleichnami­ge Band in Stereo zu hören.

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