Der Systemkörper
Seit 2018 haben Soundsmith-Systeme den aktuellen Korpus aus zwei unterschiedlichen Aluminium-Legierungen. Eine Besonderheit stellen die drei Vertiefungen auf der Oberseite dar. Für deren Befüllung liegen den Tonabnehmern drei Stäbchen aus einer AluminiumoxidKeramik-Mischung bei: ein Rundstab und zwei halbrunde.
Der Rundstab kommt in die Mitte und ermöglicht eine Azimut-Justage bei Armen ohne Azimut-Verstellbarkeit. Hat man die Schrauben des Systems etwas gelockert, kann man den Korpus so kippen, dass der Nadelträger mit den Linien auf der Schablone perfekt fluchtet, also im 90-Grad-Winkel zur Plattenoberfläche steht. Schrauben festziehen, fer(„slightly lush“). Beide Systeme verlangen nach 1,3 bis 1,6 Gramm Auflagekraft. Eingebaut wurden sie in identische Aluminium-Headshells des Bottroper Tonabnehmer-Spezialisten Thakker. Sie liefen unter anderem im 10-Zoll-Arm meines Magnat MTT990, auf dessen Teller immer eine Hexmat-Tellerauflage ruht. tig. Die beiden halbrunden Stäbe dienen der Behebung von Brummproblemen, sofern diese auftreten. Sie isolieren den Tonabnehmer vom Arm, was in manchen Fällen die Lösung der Probleme sein kann. Im Test waren die Stäbchen nicht nötig und brachten auch keinen klanglichen Vorteil, sofern man das nach der Umbaupause seriös beurteilen kann.
Hörtest
Zunächst musste das Otello für 800 Euro ran. Auf dem Plattenteller lag „Hausmusik“von Carolin und Andreas Obieglo (aka Carolin No). Der Klavierbeginn klang sehr angenehm, homogen und neigte nicht dazu, aufgebläht zu wirken. Im zweiten Stück kamen Druck und Bass dazu. Wie
der Hersteller verspricht, liegt dem Ganzen ein kleiner Schuss Wärme zugrunde. Das führt dazu, dass man lange hören kann, ohne zu ermüden, da sich Präsenzbereich und Hochton dezent mild geben. Das ist eine sehr gelungene Abstimmung, die den goldenen Mittelweg zwischen Gnade und Analyse beschreitet. Das Carmen MK II (1100 Euro) inszeniert den Hochton anspringender, prägnanter. Das hört man sofort, auch am lauteren Rillenrauschen, das beim Einsetzen von Musik aber nicht mehr zu hören ist. Carolin Obieglos Stimme hebte sich besser vom Rest ab, wirkte etwas größer und noch natürlicher. Alles war etwas heller ausgeleuchtet, sodass auch die Durchhörbarkeit gegenüber dem Otello zunahm.
Klassik und Rock
Mit Albéniz’ Suite Española (Decca) unter Dirigent Rafael Frühbeck de Burgos war das Carmen MK II dem Pro-Ject MC9 beinahe ebenbürtig. Die Bläsereinsätze klangen grandios dynamisch, die Räumlichkeit war sogar etwas besser als beim Pro-Ject (S. 72). Das Otello bot eine sehr ähnliche Abbildung und Räumlichkeit, spielte aber auch hier minimal zurückhaltender. Das Carmen, so kann man sagen, beherrscht die für viele klassische
Aufnahmen hilfreiche oder vielleicht lieber: erforderliche Dramatik besser. Genrewechsel, Tonabnehmerwechsel: „Pill Shovel“von Monster Magnets Frühwerk „Spine Of God“kann einen über das 800-Euro-System Otello fast wegblasen. Die Abstimmung passt perfekt. Selbst bei hohen Pegeln, die zum Wegblasen naturgemäß erforderlich sind, blieb das Ganze angenehm, rundum gut auszuhalten. Wohingegen hier das Carmen erwartungsgemäß ein wenig anstrengend wurde. Das erste Album (oder zweite, je nachdem, ob man den Vorgänger „Monster Magnet“als EP oder Album einsortiert) ist keine audiophile Aufnahme, auch wenn das 91erOriginal der Neuauflage klar überlegen ist, was etwa Durchhörbarkeit und Detailfülle angeht.
Beide top
Hochton- und Präsenzbereich sind dann auch der Hauptunterschied zwischen Otello und Carmen. Wer viel Rock und Metal hört oder Platten, die hell klingen, vielleicht auch nervig, der sollte eher das Otello in Betracht ziehen. Wer die zusätzlichen 300 Euro locker machen kann und eher im Bereich Jazz und/oder Klassik unterwegs ist oder lieber gut produzierte Rockmusik hört, sollte sich das Carmen
MK II auf jeden Fall anhören. Mit Carmen knallte Lou Reeds „The Original Wrapper“heftig aus den Boxen, etwas zu heftig vielleicht, dafür aber ultradetailreich und mit einer felsenfesten Abbildung. Mit dem Otello kehrte auch hier wieder etwas mehr Entspannung ein. Da wollte man dann noch ein wenig lauter drehen.
Die Unterschiede zwischen den beiden FixedCoil-Systemen sind deutlich und empfehlen sie für verschiedene Hörer.
Fazit:
Die beiden Soundsmith-FixedCoil-Systeme sind zwei Träumchen. Das Otello ist ein wunderbarer Einstieg und richtet sich mit seiner dezent warmen und etwas zurückhaltenderen Abstimmung an Menschen, die auch mal schwierige Platten genießen wollen, dabei aber auf audiophile Tugenden wie Abbildung, Durchhörbarkeit und Detailreichtum Wert legen. Das Carmen MK II zeigt, was man für 300 Euro mehr bekommen kann: Für moderate 1100 Euro ist man hier schon in der Königsklasse: Stimmwiedergabe, Auflösung und Abbildung sind spitze. Die Abstimmung ist ehrlich, aber nie aufdringlich, das Carmen liefert sauber ab. Zwei Top-Systeme zum Verlieben. ■