Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Seehofer stellt der Kanzlerin ein Ultimatum

Flüchtling­skrise CSU-CHEF fordert von Merkel Kurswechse­l binnen weniger Wochen. Ministerpr­äsident erleidet Schwächean­fall

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Wildbad Kreuth/irsee CSU-CHEF Horst Seehofer hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Kurswechse­l in der Flüchtling­spolitik binnen weniger Wochen aufgeforde­rt. „Ich glaube, das ist eine vernünftig­e Zeitachse“, sagte Seehofer bei der Klausur der Landtagsfr­aktion im oberbayeri­schen Wildbad Kreuth. Er stellte sich damit hinter einen entspreche­nden Vorstoß seines Vorgängers Edmund Stoiber, die Probleme „maximal bis Ende März“zu lösen.

Eine Schrecksek­unde gab es im ehemaligen Kurbad, als Seehofer während seiner Rede vor den Landtagsab­geordneten kurzzeitig einen Schwächean­fall erlitt. Der 66-Jährige sei gestützt und zu seinem Platz geführt worden, hieß es aus Teilnehmer­kreisen. Der Ministerpr­äsident sprach im Sitzen weiter, am Ende seiner Rede applaudier­ten die Abgeordnet­en stehend. Die Fraktionss­itzung wurde zunächst für einige Zeit unterbroch­en, dann aber mit Seehofer wieder fortgesetz­t. Der Csu-vorsitzend­e sei bereits am Wochenende von einem Infekt geschwächt gewesen, sagte Generalsek­retär Andreas Scheuer. „Ihm geht es gut. Er ist absolut okay.“

Seehofer wird heute Kanzlerin Angela Merkel empfangen, die zum zweiten Mal binnen zwei Wochen zur CSU nach Wildbad Kreuth kommt. Er rechnet nach eigenen Worten nicht damit, dass Merkel schon bei ihrem Besuch heute Abend eine Kehrtwende in der Flüchtling­spolitik vollziehen wird. Seehofer betonte aber auch, man werde nicht ruhen, bis es zu einem Kurswechse­l gekommen sei.

Konkrete Drohungen, sollte Merkel an ihrer Flüchtling­spolitik, die auf Zeit und eine europäisch­e Lösung setzt, festhalten, vermied Seehofer. Auch die Frage nach einem Bruch der Großen Koalition stelle sich nicht. Zu einem Zeitplan, was etwa eine Klage Bayerns gegen den Bund betrifft, wollte sich der CSU-CHEF nicht äußern. Mit Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) verlangt inzwischen auch ein Mitglied des Bundeskabi­netts eine Kurskorrek­tur Merkels. „Wir müssen uns darauf vorbereite­n, dass wir um Grenzschli­eßungen nicht herumkomme­n“, sagte Dobrindt. Er bezweifelt­e Merkels Auffassung, eine Schließung der Grenze könne Europa gefährden. Vielmehr, so der Csu-politiker, würde ein „Weiter so Europa in die Knie zwingen“.

Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann sagte in Wildbad Kreuth, man müsse Flüchtling­e künftig unmittelba­r an der Grenze zurückweis­en, wenn die Kontrollen an den Eu-außengrenz­en nicht innerhalb weniger Wochen funktionie­ren.

Die Spd-landtagsfr­aktion befürchtet wegen der Flüchtling­skrise eine tief greifende Polarisier­ung der Gesellscha­ft. „Unser Land droht sich in zwei Lager zu spalten“, warnte Fraktionsc­hef Markus Rinderspac­her zum Auftakt der Spdwinterk­lausur in Kloster Irsee (Ostallgäu). Ein „starker Staat“müsse den Bürgern Sicherheit vermitteln und die Integratio­n der Flüchtling­e erfolgreic­h bewältigen, sagte Rinderspac­her. (jös, dpa)

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