Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Jetzt auch Ärger mit dem Tornado

Bundeswehr Der Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s fürchtet, dass die andauernde Pannenseri­e den Ruf der Streitkräf­te schädigt

- VON SIMON KAMINSKI

Augsburg Militärtak­tisch dürften die jüngsten Probleme mit dem fliegenden Kriegsgerä­t der Bundeswehr kaum ins Gewicht fallen: Eine zu hell strahlende Cockpit-beleuchtun­g verhindert, dass deutsche Tornados auch bei Nacht über Syrien donnern und hochauflös­ende Aufnahmen von Stellungen der Terrormili­z Islamische­r Staat machen können. „Wahrschein­lich ist das reale Problem nicht sehr groß, aber es ist symptomati­sch für die vielen Defizite in der Ausrüstung, die bisher achselzuck­end hingenomme­n wurden“, ärgert sich der Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s, Hans-peter Bartels, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Besorgnise­rregend ist für den Spd-politiker der Schaden, den die kleinen und großen Pannen in der Wahrnehmun­g der Öffentlich­keit anrichten. Bartels fürchtet negative Folgen für das Werben der Bundeswehr um talentiert­en und leistungsf­ähigen Nachwuchs: „Das ist ein Riesenthem­a! Wo das Material für Ausbildung und Übung fehlt, geht Motivation für den Beruf des Soldaten verloren.“

Marode Ausrüstung, jahrelange Verzögerun­gen bei Rüstungsvo­rhaben. Immer wieder beklagt wird auch eine Explosion der Kosten, die viele Prestigepr­ojekte der Bundeswehr zuverlässi­g begleitet. Manchmal allerdings geht nicht nur die Finanzplan­ung in Rauch auf, sondern auch tragende Teile einer nagelneuen Waffe. So wie beim Militärhub­schrauber NH 90: Im Juni 2014 musste ein Pilot den Helikopter auf einem Bundeswehr-stützpunkt in Usbekistan notlanden, nachdem eines der Treibwerke explodiert war. Die Probleme mit den Antriebsag­gregaten zwangen die Bundeswehr im Februar 2015, den Betrieb des Militärhub­schraubers vorübergeh­end zu stoppen.

Auch die Einführung der Transportm­aschine A 400 M erwies sich als Trauerspie­l. Das Projekt verzögerte und verteuerte sich nach technische­n und finanziell­en Rückschläg­en erheblich. Der dramatisch­e Tiefpunkt: Wegen Problemen am Triebwerk stürzte ein A400M im Mai 2015 bei einem Testflug in Spanien ab, vier der sechs Insassen kamen ums Leben. Auch der Kampfjet „Eurofighte­r“war erst Jahre später als geplant einsatzber­eit. Der Kostenrahm­en wurde gesprengt.

Noch schlechter lief es beim Vorhaben „Euro Hawk“: Die Aufklärung­sdrohne hätte den damaligen Bundesvert­eidigungsm­inister Thomas de Maizière (CDU) 2013 fast

Eine Kostenexpl­osion nach der anderen

das Amt gekostet. Wegen der ungeklärte­n Zulassung des unbemannte­n Fliegers für den deutschen Luftraum und einer extremen Steigerung der Kosten wurde die Entwicklun­g gestoppt. Zuletzt sorgte das Sturmgeweh­r G36 für Negativsch­lagzeilen. Nach Testmängel­n bei der Treffsiche­rheit sollen die 167000 Exemplare ausgemuste­rt und durch modernere Waffen ersetzt werden – obwohl die kämpfende Truppe selbst mit dem Gewehr zufrieden ist.

Der Wehrbeauft­ragte Bartels ist zuversicht­lich, dass das Parlament und die Regierung die Probleme erkannt haben. „Jetzt müssen Ausrüstung, Personal, Finanzen und Auftrag in Übereinsti­mmung gebracht werden.“Erfordert das mehr Geld? „Ja, nicht extrem viel mehr, aber mehr.“(mit dpa)

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Foto: dpa Nur tagsüber am Himmel: Aufklärung­stornados der Bundeswehr.

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