Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Jetzt auch Ärger mit dem Tornado
Bundeswehr Der Wehrbeauftragte des Bundestages fürchtet, dass die andauernde Pannenserie den Ruf der Streitkräfte schädigt
Augsburg Militärtaktisch dürften die jüngsten Probleme mit dem fliegenden Kriegsgerät der Bundeswehr kaum ins Gewicht fallen: Eine zu hell strahlende Cockpit-beleuchtung verhindert, dass deutsche Tornados auch bei Nacht über Syrien donnern und hochauflösende Aufnahmen von Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat machen können. „Wahrscheinlich ist das reale Problem nicht sehr groß, aber es ist symptomatisch für die vielen Defizite in der Ausrüstung, die bisher achselzuckend hingenommen wurden“, ärgert sich der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-peter Bartels, im Gespräch mit unserer Zeitung.
Besorgniserregend ist für den Spd-politiker der Schaden, den die kleinen und großen Pannen in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit anrichten. Bartels fürchtet negative Folgen für das Werben der Bundeswehr um talentierten und leistungsfähigen Nachwuchs: „Das ist ein Riesenthema! Wo das Material für Ausbildung und Übung fehlt, geht Motivation für den Beruf des Soldaten verloren.“
Marode Ausrüstung, jahrelange Verzögerungen bei Rüstungsvorhaben. Immer wieder beklagt wird auch eine Explosion der Kosten, die viele Prestigeprojekte der Bundeswehr zuverlässig begleitet. Manchmal allerdings geht nicht nur die Finanzplanung in Rauch auf, sondern auch tragende Teile einer nagelneuen Waffe. So wie beim Militärhubschrauber NH 90: Im Juni 2014 musste ein Pilot den Helikopter auf einem Bundeswehr-stützpunkt in Usbekistan notlanden, nachdem eines der Treibwerke explodiert war. Die Probleme mit den Antriebsaggregaten zwangen die Bundeswehr im Februar 2015, den Betrieb des Militärhubschraubers vorübergehend zu stoppen.
Auch die Einführung der Transportmaschine A 400 M erwies sich als Trauerspiel. Das Projekt verzögerte und verteuerte sich nach technischen und finanziellen Rückschlägen erheblich. Der dramatische Tiefpunkt: Wegen Problemen am Triebwerk stürzte ein A400M im Mai 2015 bei einem Testflug in Spanien ab, vier der sechs Insassen kamen ums Leben. Auch der Kampfjet „Eurofighter“war erst Jahre später als geplant einsatzbereit. Der Kostenrahmen wurde gesprengt.
Noch schlechter lief es beim Vorhaben „Euro Hawk“: Die Aufklärungsdrohne hätte den damaligen Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) 2013 fast
Eine Kostenexplosion nach der anderen
das Amt gekostet. Wegen der ungeklärten Zulassung des unbemannten Fliegers für den deutschen Luftraum und einer extremen Steigerung der Kosten wurde die Entwicklung gestoppt. Zuletzt sorgte das Sturmgewehr G36 für Negativschlagzeilen. Nach Testmängeln bei der Treffsicherheit sollen die 167000 Exemplare ausgemustert und durch modernere Waffen ersetzt werden – obwohl die kämpfende Truppe selbst mit dem Gewehr zufrieden ist.
Der Wehrbeauftragte Bartels ist zuversichtlich, dass das Parlament und die Regierung die Probleme erkannt haben. „Jetzt müssen Ausrüstung, Personal, Finanzen und Auftrag in Übereinstimmung gebracht werden.“Erfordert das mehr Geld? „Ja, nicht extrem viel mehr, aber mehr.“(mit dpa)