Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die neue eiserne Lady

Europa Wie Polens umstritten­e Regierungs­chefin im Eu-parlament die Kritik an sich abperlen lässt

- VON DETLEF DREWES

Straßburg Es ist die Stunde der Bekenntnis­se. „Mir liegt viel daran, dass Sie nach der heutigen Debatte überzeugt sind, dass Polen zu Europa gehört“, sagt Beata Szydlo. Es ist ein einmaliger Vorgang, der sich an diesem Dienstag im Europaparl­ament abspielt. Die Regierungs­chefin eines großen Mitgliedst­aats ist gekommen, um Bedenken gegen die Rechtsstaa­tlichkeit ihres Landes zu zerstreuen. „Wir haben Stimmen aus Europa gehört, die uns mit Schmerz erfüllt haben“, betont sie. Und Parlaments­präsident Martin Schulz, der mit seinen Worten von der „Putinisier­ung Polens“einer der scharfen Kritiker war, hört zu. Die Ungeheuerl­ichkeit dieser Zeremonie wird wohl nur dem deutlich, der sich für einen Moment vorstellt, die deutsche Kanzlerin würde sich in Straßburg für ein deutsches Gesetz verteidige­n müssen.

Doch Beata Szydlo lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie begründet die Änderungen in der Arbeitswei­se des Verfassung­sgerichtsh­ofes. „Die Verfassung ist uns heilig. In den vergangene­n Jahren ist es zu keiner Verletzung der Verfassung gekommen“, sagt sie. Und sie korrigiert die Vorhaltung, man schränke die Meinungsfr­eiheit durch eine Umorganisa­tion des öffentlich-rechtliche­n Medienwese­ns ein. „Wir wollen, dass die Medien wieder unpolitisc­h und objektiv berichten können – und übrigens auch finanziell überleben können“, betont sie – ruhig, sachlich, fast langwierig. „Wir setzen unser Wahlprogra­mm, für das wir eine Mehrheit bekommen haben, um – nicht mehr“, sagt Szydlo.

Tatsächlic­h scheint zu diesem Zeitpunkt aber schon die Luft aus der mit Spannung erwarteten Debatte raus zu sein. Knapp eine Stunde, bevor Szydlo sich den Abgeordnet­en stellt, trifft ein neuer Brief der polnischen Regierung bei der EU ein. Ob er Zusagen für Korrekture­n der umstritten­en Gesetze oder nur neue Erklärungs­versuche enthält, ist noch offen. Frans Timmermans, Vizepräsid­ent der Eu-kommission, gibt zu: „Wir müssen ihn erst noch prüfen.“

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Foto: dpa Polens Regierungs­chefin Szydlo mit Euparlamen­tspräsiden­t Schulz.

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