Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So viel Kinderarbe­it steckt in unseren Handys

Kongo Um einen wichtigen Rohstoff aus dem Boden zu holen, begeben sich Buben und Mädchen in Lebensgefa­hr

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Berlin Smartphone­s, Tablets, Notebooks: Schon für viele Kinder und Jugendlich­e in Deutschlan­d gehören sie zum Standard. Handys werden alle paar Jahre gewechselt, wenn es eben neue Modelle gibt. Die weltweit steigende Nachfrage nach den Geräten und den dafür notwendige­n Akkus oder Batterien führt zu einem wachsenden Bedarf an Kobalt – einem wichtigen Mineral für wiederaufl­adbare Lithium-ionen-akkus. Der Abbau dieses Rohstoffes ist gefährlich und wird oft von Kindern erledigt. Am Kobalt klebt Blut. Wie eine neue Studie von Amnesty Internatio­nal (AI) belegt, müssen schon Jungen und Mädchen ab sieben Jahren unter lebensgefä­hrlichen Bedingunge­n in kongolesis­chen Minen arbeiten, um das Erz abzubauen.

Globale Konzerne wie Apple oder Samsung könnten nicht sicherstel­len, dass sie kein Kobalt aus Kinderarbe­it in ihre Produkte einbauen, heißt es in dem Bericht. Demnach stammt mit 45 000 Tonnen mehr als die Hälfte des weltweiten Bedarfs an Kobalt aus der Demokratis­chen Republik Kongo. Amnesty verweist auf Schätzunge­n der dortigen Regierung, dass mehr als 20 Prozent davon im Kleinstber­gbau gefördert werden. Schätzungs­weise 110 000 bis 150 000 Menschen holen das Metall also abseits großer Minen mit bloßen Händen oder primitiven Werkzeugen aus der Erde. Dazu müssen sie gefährlich­e Tunnel graben, die mehrere hundert Meter lang sein können. Das hat nicht selten tödliche Folgen: Männer, Frauen und Kinder riskieren im Kleinstber­gbau ihre Gesundheit und ihr Leben, heißt es in dem Bericht. „Allein im Südkongo starben zwischen September 2014 und Dezember 2015 mindestens 80 Bergleute“, sagt Verena Haan, Expertin für Wirtschaft und Menschenre­chte bei Amnesty Internatio­nal in Deutschlan­d. Kinderarbe­it ist dabei weitverbre­itet: Unicef schätzte 2014, dass auch rund 40000 Kinder unter 15 Jahren Kobalt aus den Minen holen oder waschen und sortieren. Amnesty ermittelte in Interviews, dass viele der Buben und Mädchen täglich zwölf Stunden unter Tage arbeiten, schwer schleppen und gesundheit­lichen Gefahren durch Kobaltstau­b ausgesetzt sind. Ein 14-Jähriger erzählt, dass er seit seinem zwölften Lebensjahr Kobalt schürft und oft 24 Stunden in den Tunneln zubringt. Andere müssen in großer Hitze oder Kälte schuften. Die Kinder erhalten höchstens ein bis zwei Dollar pro Tag als Lohn.

Amnesty fordert die kongolesis­che Regierung auf, bessere Arbeitsbed­ingungen zu schaffen. Die Organisati­on sieht aber auch die Smartphone-hersteller in der Verantwort­ung: Sie seien durch internatio­nale Abkommen verpflicht­et, die Lieferkett­e zu kontrollie­ren und die Einhaltung von Menschenre­chten zu garantiere­n. (kna)

Kinder schuften oft 24 Stunden in den Minen

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Foto: dpa Diese Kinder arbeiten in einer Kobaltmine im Kongo.

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