Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Droht nun eine neue Gefahr durch linken Terror?
Interview Der Raf-experte Butz Peters spricht über die Hintergründe der Tat und die untergetauchten Ex-terroristen
Herr Peters, Sie haben sich als Autor in mehreren Bücher mit der Raf-geschichte beschäftigt und dabei auch die Spätphase der Terrorgruppe beleuchtet. Was hat dieser Raubüberfall zu bedeuten? Droht der Bundesrepublik eine neue linksterroristische Gefahr durch eine neue sogenannte vierte Generation der Roten Armee Fraktion? Butz Peters: Früher gab es vor Anschlägen immer eine Beschaffungsphase. Da hat die RAF Banken überfallen, konspirative Wohnungen angemietet, sich Autos beschafft für die Anschläge. Als typisches Vorlaufverhalten für politische Anschläge dürfte dieser Raubüberfall jetzt so gut wie ausgeschlossen sein. Also, dass jetzt eine vierte Generation losmarschieren will, glaube ich nicht. Glauben Sie, ging es bei dem Raubüberfall in erster Linie um Geld für das Leben im Untergrund der untergetauchten Ex-terroristen? Peters: Es dürfte so eine Art Altersvorsorge gewesen sein. Es gab ja 1999 den Überfall in Duisburg – von der Ausführung her ganz ähnlich wie auch jetzt, mit großkalibrigen Schusswaffen. Alles deutete damals darauf hin, dass es sich um eine Art Altersvorsorge für mindestens drei ehemalige Raf-mitglieder handelte. Wer viele Jahre im Untergrund gelebt hat, der kann halt in keine Rentenversicherung einzahlen oder sich Ähnliches aufbauen. Und wenn Sie davon ausgehen, dass die Beute bei dem Überfall damals etwas über eine Million Deutsche Mark war – dann ist das heute aufgebraucht, wenn da mehrere Leute davon leben wollen. Wie leben denn Ex-terroristen? Peters: Das ist ein riesengroßes Rätsel – praktisch das größte Rätsel, das die dritte Generation der RAF hinterlassen hat. Das sind die, die 1984 in den Untergrund gegangen sind und 1998 ihre Auflösung erklärt haben. Von ihnen hat man ja praktisch überhaupt nichts gefunden. Keine konspirative Wohnung, ganz, ganz wenige Autos nur – also man weiß nicht, wie diese dritte Generation gelebt hat. Wie Klette, Staub und Garweg jetzt leben und sich die Waffen beschafft haben, kann ich auch nicht genau sagen. Aber es war nie ein Problem für Raf-mitglieder, an
die
untergetauchten scharfe Waffen heranzukommen. Einiges wurde mit gefälschten Papieren – besonders gern in der Schweiz – gekauft, anderes stammt aus dem Ausland. Und auch Überfälle auf Waffengeschäfte hat es nicht wenige gegeben. Julia Naue, dpa
„Es dürfte so eine Art Altersvorsorge gewesen sein.“
Der Anwalt und Autor Butz Peters
Zur Person Butz Peters ist Rechtsanwalt und gelernter Journalist. Bundesweit bekannt wurde der 57-Jährige, als er von 1991 bis 2001 die Zdf-sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“moderierte. Der Autor hat drei Bücher über die Geschichte der RAF geschrieben. Heute betreibt Peters eine auf die Branchen Kultur, Kunst und Medien spezialisierte Anwaltskanzlei in Dresden.