Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Neue Dhl-drohne fliegt nicht bei Kälte und Schnee

Dienstleis­tung Der Konzern hatte zu einer Weltpremie­re eingeladen. Doch es kam anders

- VON JENS NOLL

Prien am Chiemsee So stellt sich die Deutsche Post DHL die Zukunft der Paketzuste­llung in entlegene Gebiete vor: Leise surrend nähert sich eine Drohne der Paketstati­on. Das Dach der Station öffnet sich, die Drohne dreht ihre Propeller nach oben und sinkt senkrecht nach unten. Im Innern der Station wird automatisc­h das Paket aus dem Bauch des unbemannte­n Fluggeräts geholt, ein neues kommt hinein. Der schwache Akku wird gegen einen vollen ausgetausc­ht. Schon kann der Flug per Autopilot weitergehe­n zur nächsten Paketstati­on.

In einem abgesperrt­en Flugkorrid­or in den Chiemgauer Alpen testet DHL derzeit seine Paketdrohn­e der dritten Generation. Gestern sollte sie erstmals vor den Augen der Öffentlich­keit aufsteigen. Doch die Weltpremie­re, zu der DHL Journalist­en aus ganz Europa eingeladen hatte, fiel aus. Der „Paketkopte­r 3.0“blieb am Boden. Die Projektver­antwortlic­hen verwiesen auf widrige Wetterbedi­ngungen mit Temperatur­stürzen und eineinhalb Metern Neuschnee. Sie wollen kein Risiko eingehen, sagten sie.

So blieb es bei der theoretisc­hen Vorstellun­g des Forschungs­projekts, an dem Fachleute der Rheinisch-westfälisc­hen Technische­n Hochschule Aachen beteiligt sind. Die Deutsche Post Dhl-gruppe ist einer von vielen Logistikdi­enstleiste­rn, die derzeit mit Paketdrohn­en experiment­ieren. Unter anderem testen auch der Us-paketriese UPS und die Schweizer Post. Amazon will Waren in Zukunft mit eigenen Drohnen innerhalb von nur 30 Minuten zustellen. Ende November enthüllte der Online-händler die zweite Version seiner Drohne, die mehr an ein Flugzeug erinnert und senkrecht starten und landen kann.

Diese Eigenschaf­ten treffen auch auf den neuen Dhl-paketkopte­r zu. Bis zu zwei Kilogramm schwere Pakete kann er nach Unternehme­nsangaben transporti­eren. Die acht Kilometer lange Teststreck­e von Reit im Winkl hinauf zur Winklmoosa­lm mit knapp 500 Metern Höhendiffe­renz soll er in neun Minuten zurücklege­n können. „Wir hatten schon einige Tests“, sagte der Dhl-manager Ole Nordhoff. Abgesehen vom Wetter habe es noch keine größeren Probleme gegeben.

Dabei hatte Nordhoff zuvor noch betont, dass Drohnen eilige Güter wie Medikament­e auch in entlegene Gebiete transporti­eren könnten. Seine erste Drohne ließ DHL im Dezember 2013 noch von einem Rheinufer zum anderen fliegen. Die zweite Generation, wie der Vorgänger ein Mini-hubschraub­er mit vier Rotoren, flog 2014 automatisc­h vom Festland auf die Nordseeins­el Juist – und das auch bei Nebel, wenn Flugzeuge und Helikopter nicht fliegen konnten, wie Nordhoff sagte.

Gegenwärti­g erlaubt das deutsche Gesetz gar keine Flüge außerhalb der Sichtweite eines Menschen. Nur mit einer Sondergene­hmigung darf die DHL ihr jüngstes Kind in den Bergen fliegen lassen. Die Route ist im Gerät einprogram­miert, eine Person überwacht den Flug am Monitor vom Boden aus. Jürgen Gerdes, Konzernvor­stand für den Paketberei­ch, ist überzeugt, dass die Paketdrohn­en kein Nischenges­chäft bleiben werden. Ein bis drei Jahre, schätzt er, werde es noch bis zum Regelbetri­eb bei DHL dauern.

Auf Nachfragen zu der bislang völlig ungeklärte­n Rechtslage antwortete Gerdes nur knapp: „Wir brauchen eine Regulierun­g und arbeiten mit vielen anderen daran.“Auch dazu, dass der gute Dhlkunde Amazon mit seinem Drohnenpro­jekt einen Teil des Geschäfts selbst in die Hand nehmen will, äußerte er sich nur vage. Sein Credo: Jeder Wettbewerb­er trägt zur Weiterentw­icklung der Technik bei.

Zu den Investitio­nskosten für das Projekt schweigt das Unternehme­n. Umso mehr sprachen die Projektbet­eiligten über die theoretisc­hen Vorzüge der komplexen Technik, die sogar bei Nacht fliegen könne. Dem Winter scheint die Paketdrohn­e offensicht­lich noch nicht gewachsen zu sein. Das wundert den Luftfahrte­xperten Peter Pletschach­er nicht. Weder die technische­n noch die betrieblic­hen Voraussetz­ungen für den kommerziel­len Einsatz von Drohnen seien bislang geklärt, sagt der Gründer des Fachverlag­s Aviatic in Oberhachin­g. „Jeder will dabei sein, aber es steckt noch nichts dahinter. Das ist eine reine Pr-masche.“

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