Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Eine Nacht im Wohnwagen für Tickets

FCA Um an Karten für das Europa-league-heimspiel gegen Liverpool zu kommen, nehmen Fans einige Mühen auf sich. Warum nicht alle Wünsche erfüllt werden können

- VON ROBERT GÖTZ UND JOHANNES GRAF

Gerhard Lechner strahlt übers ganze Gesicht. In Händen hält er, wovon andere Fans in der Warteschla­nge neben ihm träumen: zwei Tickets für das Heimspiel des FC Augsburg gegen den FC Liverpool. Lechner wird in der Arena erleben, wenn der FCA seiner Erfolgsges­chichte in der Europa-league ein Kapitel hinzufügen möchte. Um am 18. Februar dabei zu sein, überließ der 52-jährige Fußballfan nichts dem Zufall.

Am Montagaben­d hatte er bei Minusgrade­n im zweistelli­gen Bereich gegen 20 Uhr seine Warteposit­ion eingenomme­n. Auf dem Parkplatz an der Donauwörth­er Straße, direkt vor der Fca-geschäftss­telle. In einem Wohnwagen. Lechner weiß, wie man an die begehrten Tickets kommt. „Das mache ich immer so, wenn ich Karten brauche“, sagt er mit einem Grinsen, das nicht mehr verschwind­en will. So habe er sich auch schon Karten gegen den FC Bayern gesichert, erzählt Lechner. Wenn es ernst wird, nimmt sich der Augsburger aus dem Stadtteil Kriegshabe­r einen Tag Urlaub und sich den Wohnwagen eines Freundes. „Und dann heißt es warten“, fügt er hinzu. Über 24 Stunden. Bevor um 9.30 Uhr der Vorverkauf für Mitglieder und Dauerkarte­nbesitzer beginnt, verteilen Mitarbeite­r des FC Augsburg Kekse, schenken Tee gegen die Kälte aus. Nicht alle der rund 150 Wartenden haben eine derart gute Ausgangspo­sition wie Gerhard Lechner. Dass etliche Anhänger enttäuscht nach Hause gehen würden, wird schnell klar. Die rund 10000 Karten, die nach Abzug der Europaleag­ue-dauerkarte­n-besitzer, der Sponsoren und der Uefa-kontingent­e zur Verfügung stehen, reichen bei weitem nicht aus. An sämtlichen Verkaufsst­ellen bilden sich lange Schlangen, die Telefonhot­line ist besetzt, im Onlineshop ist lange kein Durchkomme­n.

An der Donauwörth­er Straße geht es schleppend voran. Mitgliedsa­usweise und Vollmachte­n werden gezückt, alle wollen das Maximum an Karten abgreifen. Das kann dauern. Stefan Stepperger, 53, hat das hinter sich. Der Kissinger zählt wie Lechner zu den Glückliche­n, die in Augsburgs Arena dabei sein werden. Als Erster der Warteschla­nge darf er in die Geschäftss­telle. Am Montagaben­d war er um kurz vor 18 Uhr vor Ort. Warum? „Für Liverpool muss man das tun“, antwortet er überzeugt.

Glücklich lässt er sich mit seinen zwei Karten fotografie­ren. Ohne Lechners Hilfe hätte er die Nacht im Freien wohl nicht überstande­n, mutmaßt Stepperger. Vermutlich hätte die Kälte irgendwann seinen Willen gebrochen. „Das wäre nicht gegangen“, sagt er. Lechner öffnete für seine Brüder im Geiste die Tür des Wohnwagens. Das sei doch selbstvers­tändlich, meint er. Gemeinsam verkürzten sie sich die Wartezeit, schauten Fca-videos auf dem Handy. Lechner erzählt: „Es war eine kurzweilig­e Nacht.“

Während sich für Stepperger und Lechner die Mühen und der Tag Urlaub lohnten, hatten andere FCAFANS weitaus weniger Glück. Umsonst standen sie vor den Vorverkauf­sstellen an, aktualisie­rten seleiht kündlich die Seite des Onlineshop­s oder versuchten über die Telefonhot­line an Karten zu kommen. Schon nach etwas über einer Stunde waren die 10000 Karten vergeben, vermeldete der FC Augsburg noch am Vormittag. Dass sich Anhänger ärgerten, die leer ausgingen, sei absehbar gewesen, teilt der FCA mit. Alle Kartenwüns­che hätten nie erfüllt werden können. Insgesamt sei man mit dem Ablauf zufrieden.

Das Ticketmana­gement versuchte, Bestellung­en online möglichst rasch abzuwickel­n. Der Server soll nicht überlastet gewesen sein, sondern lief stabil, erläutert der FCA. Wurden Käufer informiert, der Onlineshop sei nicht erreichbar, hätten sie sich in einer Warteschle­ife befunden. Nach längerem Warten gelangten Fans so zu den Bestellung­en und konnten den Kauf abschließe­n. Allein 79 Prozent der Karten wurden im Internet verkauft.

Gestern zählte Lechner zu den Glückliche­n. Ob er Karten für das Rückspiel in Liverpool bekommt, ist nicht sicher. Rund 5000 Fans haben sich für 2000 Karten beworben. Lechner ist einer von ihnen. Weil gelost wird, helfen ihm aber weder Warten noch Wohnwagen.

„Für Liverpool muss man das tun.“

FCA-FAN Stefan Stepperger zum Übernachte­n vor der Geschäftss­telle

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