Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Eine Nacht im Wohnwagen für Tickets
FCA Um an Karten für das Europa-league-heimspiel gegen Liverpool zu kommen, nehmen Fans einige Mühen auf sich. Warum nicht alle Wünsche erfüllt werden können
Gerhard Lechner strahlt übers ganze Gesicht. In Händen hält er, wovon andere Fans in der Warteschlange neben ihm träumen: zwei Tickets für das Heimspiel des FC Augsburg gegen den FC Liverpool. Lechner wird in der Arena erleben, wenn der FCA seiner Erfolgsgeschichte in der Europa-league ein Kapitel hinzufügen möchte. Um am 18. Februar dabei zu sein, überließ der 52-jährige Fußballfan nichts dem Zufall.
Am Montagabend hatte er bei Minusgraden im zweistelligen Bereich gegen 20 Uhr seine Warteposition eingenommen. Auf dem Parkplatz an der Donauwörther Straße, direkt vor der Fca-geschäftsstelle. In einem Wohnwagen. Lechner weiß, wie man an die begehrten Tickets kommt. „Das mache ich immer so, wenn ich Karten brauche“, sagt er mit einem Grinsen, das nicht mehr verschwinden will. So habe er sich auch schon Karten gegen den FC Bayern gesichert, erzählt Lechner. Wenn es ernst wird, nimmt sich der Augsburger aus dem Stadtteil Kriegshaber einen Tag Urlaub und sich den Wohnwagen eines Freundes. „Und dann heißt es warten“, fügt er hinzu. Über 24 Stunden. Bevor um 9.30 Uhr der Vorverkauf für Mitglieder und Dauerkartenbesitzer beginnt, verteilen Mitarbeiter des FC Augsburg Kekse, schenken Tee gegen die Kälte aus. Nicht alle der rund 150 Wartenden haben eine derart gute Ausgangsposition wie Gerhard Lechner. Dass etliche Anhänger enttäuscht nach Hause gehen würden, wird schnell klar. Die rund 10000 Karten, die nach Abzug der Europaleague-dauerkarten-besitzer, der Sponsoren und der Uefa-kontingente zur Verfügung stehen, reichen bei weitem nicht aus. An sämtlichen Verkaufsstellen bilden sich lange Schlangen, die Telefonhotline ist besetzt, im Onlineshop ist lange kein Durchkommen.
An der Donauwörther Straße geht es schleppend voran. Mitgliedsausweise und Vollmachten werden gezückt, alle wollen das Maximum an Karten abgreifen. Das kann dauern. Stefan Stepperger, 53, hat das hinter sich. Der Kissinger zählt wie Lechner zu den Glücklichen, die in Augsburgs Arena dabei sein werden. Als Erster der Warteschlange darf er in die Geschäftsstelle. Am Montagabend war er um kurz vor 18 Uhr vor Ort. Warum? „Für Liverpool muss man das tun“, antwortet er überzeugt.
Glücklich lässt er sich mit seinen zwei Karten fotografieren. Ohne Lechners Hilfe hätte er die Nacht im Freien wohl nicht überstanden, mutmaßt Stepperger. Vermutlich hätte die Kälte irgendwann seinen Willen gebrochen. „Das wäre nicht gegangen“, sagt er. Lechner öffnete für seine Brüder im Geiste die Tür des Wohnwagens. Das sei doch selbstverständlich, meint er. Gemeinsam verkürzten sie sich die Wartezeit, schauten Fca-videos auf dem Handy. Lechner erzählt: „Es war eine kurzweilige Nacht.“
Während sich für Stepperger und Lechner die Mühen und der Tag Urlaub lohnten, hatten andere FCAFANS weitaus weniger Glück. Umsonst standen sie vor den Vorverkaufsstellen an, aktualisierten seleiht kündlich die Seite des Onlineshops oder versuchten über die Telefonhotline an Karten zu kommen. Schon nach etwas über einer Stunde waren die 10000 Karten vergeben, vermeldete der FC Augsburg noch am Vormittag. Dass sich Anhänger ärgerten, die leer ausgingen, sei absehbar gewesen, teilt der FCA mit. Alle Kartenwünsche hätten nie erfüllt werden können. Insgesamt sei man mit dem Ablauf zufrieden.
Das Ticketmanagement versuchte, Bestellungen online möglichst rasch abzuwickeln. Der Server soll nicht überlastet gewesen sein, sondern lief stabil, erläutert der FCA. Wurden Käufer informiert, der Onlineshop sei nicht erreichbar, hätten sie sich in einer Warteschleife befunden. Nach längerem Warten gelangten Fans so zu den Bestellungen und konnten den Kauf abschließen. Allein 79 Prozent der Karten wurden im Internet verkauft.
Gestern zählte Lechner zu den Glücklichen. Ob er Karten für das Rückspiel in Liverpool bekommt, ist nicht sicher. Rund 5000 Fans haben sich für 2000 Karten beworben. Lechner ist einer von ihnen. Weil gelost wird, helfen ihm aber weder Warten noch Wohnwagen.
„Für Liverpool muss man das tun.“
FCA-FAN Stefan Stepperger zum Übernachten vor der Geschäftsstelle