Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Mit Vollgas in die Nische
Vorschau Eine kleine Serienmaschine, ein Retro-bike und ein Elektro-sportler: So plant BMW Motorrad das Jahr 2016
Motorräder von BMW, die in München entwickelt und vor allem in Berlin produziert werden, bedienen schon bald immer mehr – und völlig neue – Nischen. Jüngste Stoßrichtungen dieser offensiven Strategie: der kleine Roadster G 310 R für Anfänger und Wiedereinsteiger, der in Indien gebaut wird. Außerdem erweitert BMW sein erfolgreiches Heritage-segment um die leicht geländegängige R ninet Scrambler. Und: Aus dem Supersportler BMW S 1000 RR entstand als Versuchsträger ein elektrisches Superbike mit dem Modellnamen ERR.
Zierlich und dennoch erwachsen wirkt die BMW G 310 R, obwohl sie die kleinste Serien-bmw seit 60 Jahren ist, denn BMW stößt damit nach langer Zeit wieder in Hubraumregionen unterhalb von 500 ccm vor. Die Erklärung dafür aus dem Munde von BMW Motorradchef Stephan Schaller klingt einleuchtend: Weltweit würden jährlich rund 114 Millionen Zweiräder
Weniger ist mehr: Die BMW G 310 R wartet mit nur 313 Kubikzentimetern Hubraum auf und soll für vergleichsweise kleines Geld zu haben sein.
in allen Hubraumklassen verkauft. Bisher decke BMW nur die Klassen über 500 ccm ab und bewege sich damit in einem potenziellen Marktvolumen von nur 865000 Zweirädern. Schaller: „Deshalb stoßen wir mit dem 313-ccm-roadster in eine neue Richtung vor. Sie ist das erste Premiumprodukt in ihrer Klasse. Sie sieht auf den ersten Blick aus wie eine echte BMW, und sie fährt sich auch so.“
Bei ihrer statischen Weltpremiere fügte sich die kleine Schwester des beliebten Roadsters F 800 R nahtlos ein in die Modellpalette. Die neue G 310 R soll der Marke jüngere Käufer in bestehenden Märkten bescheren, aber auch das Tor zu neuen Märkten öffnen – allen voran Asien, wo sie produziert wird, und Südamerika. Mit derselben Strategie werde BMW Motorrad laut Schaller bald auch kleinere Roller anbieten, als die eben modellgepflegten Großroller C 650 GT und Sport.
Der neue kleine Roadster ist laut Schaller in München entwickelt worden. Die Produktion in Indien ermögliche es, das 34 PS starke Motorrad „zu wettbewerbsfähigen Preisen“anbieten zu können. Schätzungsweise wird dies um die 5000 Euro bedeuten. Dass BMWS Liaison mit dem indischen Partner TVS nicht einseitig ist, zeigt dessen Stellenwert: TVS ist schon heute Nummer drei in Indien und produziert
Ein Bike für alle Fälle: Die nostalgisch gestylte BMW R ninet Scrambler.
jährlich 2,5 Millionen Zweiräder. Zum Vergleich: Selbst wenn BMW seine ehrgeizigen Ziele erreicht, wird die Marke bis 2020 jährlich auf gerade mal 200000 Motorräder kommen.
Den hohen Stellenwert von BMW Motorrad innerhalb des gesamten Konzerns unterstrich bei der G-310-r-weltpremiere Vorstandsmitglied Peter Schwarzenbauer, selbst bekennender Biker und neben Motorrädern verantwortlich für Mini und Rolls-royce: „Die Motorrad-sparte war immer schon ein tief verwurzelter Teil von BMW und wird es in Zukunft auch bleiben. Die Marke ist erfolgreich wie nie und in 26 Ländern weltweit Marktführer bei den großen Premium-maschinen.“Für Vorfreude hat nicht nur beim Bmw-vorstand der Anblick der neuen BMW G 310 R gesorgt. Einerseits soll sie wendig durch die Straßen der Großstädte wieseln, andererseits auf der Landstraßen hohen Fahrspaß bereiten. Ihr Einzylindermotor verbraucht nur 3,33 Liter auf 100 Kilometern, gemessen nach dem weltweit harmonisierten Motorrad-testzylklus WMTC. Komponenten wie eine Aluminiumschwinge wirken sehr hochwertig. Besonders vielversprechend klingt das Leergewicht von nur 158,5 Kilogramm.
Damit wird die G 310 R ein spannendes Gefährt sein für Besitzer der Führerscheinklasse A2, ehe diese vielleicht in einigen Jahren mit einer weiteren Neuerung Spaß haben können: Dem 110 PS starken Retrobike R ninet Scrambler, das mit Stollenreifen, leicht erhöhten Federwegen, höher gelegtem Auspuff und entspannter Sitzposition ein Motorrad für alle Fälle und leichtes Gelände sein soll.
Nachdem zur G-310-r-weltpremiere im Norden Münchens verschiedene Serienfahrzeuge auf die Bühne geknattert oder gebollert waren, ließ Schaller eine faustdicke Überraschung anrollen – und zwar fast lautlos: Ein Versuchsträger auf Basis des 199 PS starken Supersportlers BMW S 1000 RR flitzt rein elektrisch und höchst dynamisch über die Teststrecken von BMW. „S 1000 ERR“könnte der Strombolide künftig heißen. Details blieben zunächst geheim, aber im laufenden Jahr soll es Neuigkeiten geben.