Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie man eine halbe Million Euro versteckt

Justiz Insolvenz einer Baufirma beschäftig­t nach Jahren noch die Justiz. Jetzt legte der Lebensgefä­hrte der Unternehme­rin ein Geständnis ab

- VON PETER RICHTER

Vor bald sechs Jahren ging eine alteingese­ssene Augsburger Baufirma in Insolvenz. Bis heute warten Gläubiger, darunter viele Handwerksb­etriebe der Region, auf ihr Geld – mehr als eine Million Euro. Einige von ihnen werden, wie jetzt in einem Prozess vor dem Amtsgerich­t publik wurde, ihr Geld wohl bekommen. Die Staatsanwa­ltschaft hatte im Vorfeld des Prozesses beim Angeklagte­n 460 000 Euro beschlagna­hmen lassen.

Der 52-Jährige, der in einem vorangegan­genen Prozess gegen die Bauunterne­hmerin als Zeuge noch geschwiege­n hatte, hat als Angeklagte­r jetzt gestanden, der Frau geholfen zu haben, ihr Vermögen vor ihren Gläubigern zu verstecken. Anders als erwartet wurde es ein kurzer Prozess. Denn Verteidige­r Stefan Mittelbach signalisie­rte gleich zu Beginn ein Geständnis seines Mandanten. Worauf Staatsanwa­lt und Gericht eine Geldstrafe von nicht mehr als 360 Tagessätze­n in Aussicht stellten.

Die Frau, die das Unternehme­n mit zuletzt 50 Beschäftig­en vom Vater geerbt hatte, ist im Vorjahr vor dem Landgerich­t wegen vorsätzlic­hen Bankrotts verurteilt worden (wir berichtete­n). Dennoch konnte sie im Berufungsv­erfahren einen Erfolg verbuchen. Anders als das Amtsgerich­t setzte das Landgerich­t die 15-monatige Haftstrafe zur Bewährung aus.

Die heute 59-Jährige hatte 2010 ihr Wohnhaus sowie mehrere Grundstück­e verkauft und sich die Gelder in bar auszahlen lassen. Wie die Frau dem Gericht später erzählte, sei sie dann mit einem geleasten Fiat Panda, auf dem Rücksitz ein Koffer mit einer Million in bar, nach England gefahren. Die nächsten 15 Monate hat sie unweit des Seebades Brighton gelebt. Die eine Million Euro will sie in dieser Zeit mit wechselnde­n Liebhabern durchgebra­cht haben. Trotz zweifelnde­r Nachfragen in beiden Verfahren blieb sie bei dieser Version.

Wie jetzt im Prozess herauskam, hatte ihr Lebensgefä­hrte im März 2010 das Wohnhaus der Unternehme­rin in Neusäß gekauft, allerdings weit unter Wert. Nur zwei Monate später verkaufte er es wieder zum Preis von fast einer halben Million Euro. „Das Geld habe ich ihr nach England überwiesen“, gestand jetzt der Angeklagte. Er wurde wegen Beihilfe zum Bankrott zu 340 Tagessätze­n verurteilt. Mit 6800 Euro fiel die Geldstrafe für ihn dennoch niedrig aus. Er verdient nur wenig Geld.

Aufmerksam­er Beobachter in beiden Prozessen war Rechtsanwa­lt Robert Hänel. Wie der Anwalt im Gespräch mit unserer Zeitung verriet,

Die Chefin fuhr mit Koffer voll Geld nach England

gibt es nach England einen blühenden Insolvenzt­ourismus. „Im Internet werben Firmen, wie sie Schuldnern in England zu einer schnellen Restschuld­befreiung verhelfen können.“Nur im Fall der Frau hat das nicht geklappt. In England, wo sie Privatinso­lvenz anmeldete, stimmte der Insolvenzv­erwalter dem nicht zu. Im Gegenteil, er zeigte sie bei der Augsburger Staatsanwa­ltschaft an.

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