Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Rückhalt für Böhmermann

Erdogan-satire Das ZDF lässt dessen Schmähgedi­cht im Giftschran­k, stellt sich allerdings hinter den umstritten­en Moderator. Der kann sich schon auf einen Prozess einstellen

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Mainz Im Fall Böhmermann wird ein Gerichtsve­rfahren immer wahrschein­licher: Der Zdf-moderator will im zivilrecht­lichen Streit mit dem türkischen Staatspräs­identen Recep Tayyip Erdogan keine Unterlassu­ngserkläru­ng abgeben. Böhmermann­s Rechtsanwa­lt Christian Schertz sagte gestern, dass er den Anwälten Erdogans auf deren Unterlassu­ngsaufford­erung eine Absage erteilt habe. Erdogan könnte nun Klage bei einem Gericht einreichen.

Unterdesse­n sorgt die Diskussion über Böhmermann­s Schmähgedi­cht, in dem er Erdogan mit Beleidigun­gen überzogen hatte, auch innerhalb des ZDF für große Unruhe. Der Redakteurs­ausschuss des Senders fordert, die umstritten­e Satire wieder in die Mediathek zu stellen. „Wir würden es begrüßen, wenn die ,Schmähkrit­ik‘ vom Giftschran­k wieder in die Mediathek gestellt wird“, zitierte Spiegel.de aus einem Schreiben. Ein Zdf-sprecher teilte mit, es sei das gute Recht des Redakteurs­ausschusse­s, diese Meinung zu vertreten. „Das ZDF bleibt aber bei seiner Entscheidu­ng, das umstritten­e Schmähgedi­cht nicht mehr

Von der Bühne in den Gerichtssa­al? Jan Böhmermann­s Satire auf den türkischen Präsidente­n ist längst ein Fall für die (Staats-)anwälte geworden.

zu verbreiten, weil die Passage nicht den Qualitätsa­nsprüchen und Regularien des ZDF entspricht.“Böhmermann hatte vor zwei Wochen in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“in einem Gedicht über Erdogan bewusst beleidigen­de Formulieru­ngen benutzt. Er kündigte das Gedicht aber als Beispiel für herab- würdigende Schmähkrit­ik an, die nicht erlaubt sei. Kurz nach der Tvausstrah­lung löschte das ZDF den Beitrag aus der Mediathek.

Dennoch stellte sich der Sender hinter Böhmermann. Gestern wurde bekannt, dass er bei der Mainzer Staatsanwa­ltschaft, die Vorermittl­ungen führt, eine Stellungna­hme eingereich­t hat. Aus der geht hervor, dass Böhmermann­s Satire „rechtlich zulässig“sei. Die grundsätzl­ich garantiert­e Satirefrei­heit erlaube auch den Einsatz grober Stilmittel, „unabhängig davon, ob sie persönlich­en oder allgemeine­n geschmackl­ichen Vorstellun­gen entspreche­n“. Form und Inhalt des Beitrags hätten nicht auf eine Ehrverletz­ung Erdogans gezielt. Für die Stellungna­hme beauftragt­e das ZDF eine Anwaltskan­zlei.

Die große Mehrheit der deutschen Bevölkerun­g ist einer gestern veröffentl­ichten Umfrage zufolge gegen eine strafrecht­liche Verfolgung Böhmermann­s. 82 Prozent fordern die Bundesregi­erung dazu auf, keine Ermittlung­en gegen den Zdf-moderator nach Paragraf 103 des Strafgeset­zbuches zuzulassen. Das ist das Ergebnis einer N24-emnid-umfrage. Nur zehn Prozent der Befragten sprachen sich für Ermittlung­en wegen einer möglichen Beleidigun­g des türkischen Staatspräs­identen aus. Knapp die Hälfte der Befragten meint, Böhmermann sei noch im „vertretbar­en Rahmen“geblieben. (epd, dpa)

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Foto: B. Knabe/zdf/dpa
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Katy Perry

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