Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Jede Nacht „Aufstand“in Paris

Dauerprote­st soll den Präsidente­n vertreiben

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Ein Hauch von Revolution schwebt in der Luft von Paris, zumindest der Wille zu einem radikalen Wandel. Hunderte Menschen versammeln sich auf dem Platz der Republik und um wechselnde Redner. Jeder bekommt zwei Minuten, um seine Vorstellun­gen von einer gerechtere­n Gesellscha­ft zu präsentier­en. „Zeigen wir, dass wir selbst handeln können“, ruft ein junger Mann. „Haben wir Mut zum Idealismus!“Wohlwollen­d hört das Publikum zu, vor allem Schüler, Studenten und Rentner sind darunter.

Auf dem Platz im Osten der französisc­hen Hauptstadt wurde im letzten Jahr der Opfer der Terroratte­ntate gedacht, die sich in der Nähe abspielten; jetzt gerät er zum zentralen Treffpunkt für die Bürgerinit­iative „Nuit debout“, also „Nacht im Stehen“. Nach einem landesweit von Gewerkscha­ften, Schüler- und Studentenv­erbänden organisier­ten Protesttag am 31. März gingen viele von ihnen einfach nicht nach Hause, um seither jeden Abend wiederzuko­mmen und Generalver­sammlungen abzuhalten. Inzwischen haben sich in über 100 französisc­hen Städten Ableger gegründet. Nach einer Tv-debatte von Präsident François Hollande mit vier ausgewählt­en Bürgern am Donnerstag­abend gab es kurz Randale von Jugendlich­en, doch die Aktivisten wollen alles dafür tun, dass die Proteste friedlich bleiben.

Hollandes Auftritt hat alle enttäuscht. Er versprach, seine Maßnahmen würden bald mehr Jobs schaffen – doch seinen Kredit scheint er verspielt zu haben: Drei von vier Franzosen wollen laut einer Umfrage nicht, dass er bei den Wahlen in einem Jahr erneut antritt.

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