Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Stärker, immer stärker
Sally du Randt Die Sopranistin glänzte schon in vielen großen Partien am Theater Augsburg. Sie ist eine Säule des Hauses. Jetzt singt sie Schostakowitschs „Lady Macbeth von Mzensk“. Der Abend wird kein Spaziergang werden
Ihr Start in Augsburg war schwer und schwierig. Dies sagt sie auch selbst. Nicht jede Partie, die sie hat singen müssen unter Alt-intendant Peters, lag ihrer Stimme – und sie selbst hat sich eineinhalb Jahre lang vom Publikum und dessen Erwartungen schwer geprüft gefühlt. Das war rund um das Jahr 2003. „Beinahe hätte ich damals aufgehört zu singen“– mit diesen Worten blickt Sally du Randt zurück.
Bald 14 Jahre singt die Südafrikanerin jetzt am Theater Augsburg, stetig sich steigernd. Eines steht fest fürs Publikum, für die Institution, für die Künstlerin selbst: Es war gut, dass sie damals nicht das Handtuch schmiss. Dass sie kämpfte, immer weiter kämpfte. Besser wurde, immer besser. Italienisches Repertoire, deutsches Repertoire. Dass sie sich entwickeln konnte, immer weiter, in immer gewichtigere Rollen hinein. Nun steht sie im Zentrum des Ensembles, hat gewaltige Partien gesungen wie die Aida, die Butterfly, die Elisabeth im Tannhäuser und in Don Carlos, die Elsa, die Isolde, die Jenufa, die Leonora aus Il Trovatore, die Leonore in Fidelio, die Salome, die Senta, die Tosca und die Turandot. Insgesamt gut 40 an der Zahl. Augsburg kann froh sein, Sally du Randt zu haben. Mancher Professionelle, mancher Kollege nennt sie eine „sichere Bank“. Dramatische Soprane wie sie fliegen gewiss nicht schwarmweise am Himmel herum, schon gar nicht mit ihrem Identifikationsangebot. Und auch nicht mit ihrer gesundheitlichen Konstitution.
Die ersten Augsburger Monate waren nicht die einzigen, durch die sich Sally du Randt, 1965 in Vry- burg, im Norden Südafrikas geboren, kämpfen musste. Gegen Karriere-widerstände hatte sie sich schon in ihrer Heimat durchsetzen müssen (Stichwort: Musikkritik, Stichwort: relative Körpergröße). Dort studierte sie zunächst bei einem Bariton am Konservatorium von Potchefstroom, um dann 1995 ans Opernstudio Kapstadt zu gehen. Bruchlos war das alles nicht. Zeitweise arbeitete sie auch als Sekretärin und Versicherungsverkäuferin am Telefon.
Ein neues Kapitel schlug Sally du Randt 1996 auf, als sie mit dem Gewinn des Wiener Belvedere-operettenpreises im Rücken eine Vorsinge-tour durch Österreich und Deutschland startete. Das Theater Regensburg engagierte sie; dort sammelte sie bis zum September 2002, als sie in Augsburg antrat, langjährige Bühnenerfahrung.
Dreizehneinhalb Jahre später antwortet Sally du Randt auf die Frage, welche Partie bislang ihr Augsburger Höhepunkt war: „Straussens Salome. Das ist schon – entschuldigen Sie den Ausdruck! – eine geile Rolle, da kann man viel draus machen, das ist gar nicht auszuschöpfen. Ich habe es so geliebt!“
In der Tat ist das Wörtchen „geil“bei Straussens Salome angebracht, da bräuchte sich Sally du Randt gar nicht zu entschuldigen. Die Partie ist sexuell monströs, und monströs wird nun auch – nach Verdis Lady Macbeth 2015 – ihre aktuelle Partie am Theater Augsburg sein. An diesem Samstag gibt Sally du Randt die „Lady Macbeth von Mzensk“, die Titelrolle in Dmitri Schostakowitsch Oper von 1934.
Der Abend wird alles andere ein Spaziergang werden. Sally als du Randt: „Jeder darf mal mit mir machen, was er will. Auch das Grapschen an Stellen, die mir gehören. Das ist vulgär, drastisch und schwierig darzustellen.“Als Katerina Ismailowa wird sich Sally du Randt zwar zur Wehr setzen, doch das bringt neue Tragik.
Was aber ist stimmlich zu erwarten von der Sopranistin, die im Grundsatz, also normalerweise anstrebt, schön zu singen? Sally du Randt: „Emotion und Ausdruck müssen stimmen, dann passt auch der Klang der Stimme dazu. Wenn ich aggressiv spiele, kommt automatisch auch ein aggressiver Klang.“
Bei der stetig ansteigenden Entwicklung, die Sally du Randt vollzogen hat: Wird es noch eine Hinwendung zum Hochdramatischen geben, nachdem sie ja auch schon zweimal die Isolde gesungen hat? Sally du Randt glaubt, dass nunmehr auch „eine Brünnhilde nicht mehr ausgeschlossen ist“. Aber sie möchte diese Brünnhilde, wenn, dann mit ihrer Stimme singen. Soll heißen: mit einem jung gebliebenen Sopran, der „nicht draufdrückt, um mehr aus ihm zu machen“, der nicht unkontrolliert wird – nur weil er groß klingen will.