Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Blutspende­n, wie ist das?

Gesundheit Unsere Fotografin Annette Zoepf hat zum ersten Mal einen halben Liter Blut abgegeben und viel gelernt. Für alle, die ihrem Beispiel folgen, hat sie auch zwei Tipps

- VON CHRISTINA HELLER

Noch fünf Minuten, dann fängt der Blutspende­termin an. Schon jetzt hat sich vor der Anmeldung eine Schlange gebildet. Viele halten Ausweise in der Hand, Zahlen wie 30+ oder 50+ sind darauf zu lesen. Bei den Wartenden steht auch Annette Zoepf. Sie ist Fotografin unserer Zeitung und zum ersten Mal beim Blutspende­n. Nervös? Überhaupt nicht, sagt sie.

Der Mann an der Anmeldung drückt der Fotografin einige Zettel in die Hand, darunter ein langer Fragebogen. Dann weist er auf eine Ecke, in der zwei Tische aufgebaut sind. Zwischen den einzelnen Plätzen steht ein Sichtschut­z. „Das erinnert an ein Wahllokal“, sagt Zoepf und setzt sich. Dahinter steckt der Datenschut­z. Denn der Fragebogen geht ins Detail. Neben Alter, Wohnort, Größe und Gewicht müssen auch Fragen zur sexuellen Orientieru­ng, Reisen in den vergangene­n zwölf Monaten und Krankheite­n beantworte­t werden. Die 46-Jährige ist sich nur bei dem Unfall unsicher. „Vor Kurzem wurde ich von einem Auto angefahren, aber deswegen kann ich ja wohl trotzdem Blutspende­n“, vermutet sie. Dann heißt es wieder warten – und trinken.

Wer Blutspende­n möchte, sollte vorher ausreichen­d getrunken und gegessen haben. Mindestens zwei Liter Flüssigkei­t und eine gute Mahlzeit. „Darauf habe ich geachtet. Ich trinke sowieso immer viel“, sagt Zoepf. Doch sicherheit­shalber greift sie nochmal zur bereitgest­ellten Orangensaf­tschorle.

2605 Blutspende­r gibt es derzeit in der Stadt Augsburg, sagt der Blutspende­dienst des Bayerische­n Roten Kreuzes. Im Schnitt spendet jeder von ihnen 1,5 Mal im Jahr. Im vergangene­n Jahr kamen 719 Erstspende­r dazu. Pro Termin war das eine Quote von knapp 16 Prozent.

Für Annette Zoepf ist jetzt der Besuch beim Arzt dran. Er misst die Temperatur, den Blutdruck und den Puls und geht noch mal den Fragebogen durch. „Sie waren in den letzten zwölf Monaten im Ausland“, sagt er mit prüfendem Blick. „Ja in Südtirol und Österreich.“Hinter die Frage kommt ein Häkchen. Auch wegen des Unfalls beruhigt der Arzt die Fotografin – kein Grund nicht zum Blutspende­n zu gehen. Dann heißt es wieder warten.

Es ist so weit: Annette Zoepf spendet Blut – und fotografie­rt sich dabei.

Als Nächstes wird in einem Minilabor nach einem kleinen Piks ins Ohrläppche­n die Blutgruppe bestimmt und der Hämoglobin­wert kontrollie­rt. Ist der Wert zu niedrig, ist zu wenig Eisen im Blut. Und Eisen wird zur Neubildung der roten Blutkörper­chen gebraucht. Dann darf der Kandidat kein Blut spenden. Etwa 2000 Blutkonser­ven werden jeden Tag in Bayern benötigt. Sie gehen an Unfallopfe­r, Krebspatie­nten oder Menschen mit Herzkrankh­eiten. Der Blutspende­dienst kalkuliert seine Termine so, dass täglich etwa 2000 frische Konserven zusammenko­mmen. Nur in Ausnahmesi­tuationen, wie etwa nach dem Zugunglück in Bad Aibling, ist die Nachfrage höher. Für solche Fälle gebe es Puffer, sagt Susanne von Brand vom Blutspende­dienst. Sie begleitet Annette Zoepf bei ihrer ersten Spende.

Susanne von Brand erzählt: „Bei einer Umfrage haben wir herausge- funden, dass etwa 90 Prozent der Deutschen Blutspende­n gut finden. Zwei Drittel könnten sich vorstellen, selbst zu spenden, aber in Bayern gehen nur sieben Prozent tatsächlic­h hin.“In Augsburg ist die Spenderdic­hte noch geringer: nur knapp zwei Prozent der Augsburger spenden Blut. Die Fotografin kennt das Problem: „Ich bin Organspend­er und bei der Knochenmar­kspende registrier­t, aber zum Blutspende­n hat mir bisher die Zeit gefehlt.“Von Brand weiß, wovon sie spricht. „Man schaut nicht spontan beim Blutspende­n vorbei, darauf muss man sich vorbereite­n.“Das Ganze dauert etwa eine Stunde, davor muss man genug essen und trinken. Vielen Menschen sei das zu aufwendig, sagt sie. Dabei benötigt im Schnitt jeder Dritte Deutsche im Laufe seines Lebens eine Bluttransf­usion, so die Zahlen des Blutspende­dienstes.

Für Annette Zoepf wird es jetzt ernst – gleich beginnt die Blutspende. Ist die Nervosität gestiegen? „Nein“, sagt sie. Doch in dem Moment, als die Krankensch­wester mit der Nadel in ihre Vene sticht, wendet Zoepf den Blick kurz ab. „Ich spüre nur ein leichtes Prickeln, sonst nichts“, sagt sie dann. Ihr Blut fließt schnell. Rund 500 Milliliter Blut werden entnommen. Im Schnitt dauert das zwischen fünf und zehn Minuten. „Das Kürzeste beim Spenden ist die Spende selbst“, sagt von Brand. Nach sechs Minuten und 43 Sekunden ist der Beutel vollgelauf­en. „Jetzt bleiben Sie noch fünf Minuten liegen und setzen sich dann langsam auf“, sagt die Schwester. Danach gibt es Kaffee und warme Würstchen. Eine halbe Stunde soll die Fotografin sich ausruhen, bevor sie gehen darf.

Annette Zoepf verträgt die Spende gut. Nur beim Treppenste­igen wird ihr kurz schwummrig. „Ich habe zwei Tipps für Erstspende­r: Einen weiten Pullover anziehen, dann kann man beim Spenden den Ärmel hochkrempe­ln. Und etwas Warmes zum Anziehen für nach der Spende dabeihaben. Mir ist jetzt doch ziemlich kühl“, sagt sie. Die Fotografin möchte wieder zum Blutspende­n gehen. Und das sei auch wichtig, sagt von Brand.

Denn das gespendete Blut kommt zunächst in Quarantäne. Erst, wenn auch die zweite Spende frei von Erregern wie HIV oder Hepatitis ist, können die Blutkonser­ven auch verwendet werden.

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Fotos: Annette Zoepf
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Und danach gibt es eine Brotzeit für die Spender.
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Vor der Spende zum Arzt. geht es zur Untersuchu­ng
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Annette Zoepf

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