Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kripo klärt Internet-betrug mit 2000 Opfern

Kriminalit­ät Kunden aus ganz Deutschlan­d bestellen gegen Vorkasse Waren, die sie nie bekommen. Die Spuren im Netz führen in den Raum Augsburg. Wie es den Ermittlern gelungen ist, die mutmaßlich­en Hintermänn­er ausfindig zu machen

- VON JÖRG HEINZLE

Mitunter braucht man als Kripobeamt­er einen langen Atem. Mehr als ein Jahr liefen die Betrügerei­en mit gefälschte­n Internetse­iten von Versandhän­dlern schon. Die Spuren, welche die Täter im Internet hinterließ­en, führten nach Augsburg. Doch sie waren nicht zu fassen. Aber die Ausdauer der Ermittler hat sich gelohnt. „Irgendwann macht jeder einen Fehler“, sagt Augsburgs Kripo-chef Gerhard Zintl. Zwei Verdächtig­e aus der Region wurden ermittelt. Zwischenze­itlich gibt es Anklagen gegen die Männer. Sie sollen rund 2000 Menschen betrogen haben. Der Schaden wird auf bis zu 200000 Euro beziffert.

Die Masche, mit der die Internetkr­iminellen vorgegange­n sind, gibt es seit Jahren. Die Täter erstellten Internetse­iten und gaben vor, einen Versandhan­del zu betreiben. Sie ließen sich die bestellten Waren per Vorkasse von den Kunden bezahlen. Doch in Wirklichke­it gab es den Versandhan­del gar nicht. Die Täter im Hintergrun­d kassierten nur das Geld. Im Durchschni­tt verloren die auf diese Weise betrogenen Besteller etwa 100 Euro. Um nicht aufzuflieg­en, nutzten die Täter Computerse­rver im Ausland – in den USA, den Niederland­en und in Litauen. Außerdem gaben sie falsche Personalie­n an. Unter falschen Namen eröffneten sie auch Konten bei deutschen Banken.

Dass die Täter auf ihren gefälschte­n Bestell-plattforme­n keine ausländisc­hen, sondern deutsche Bankkonten angeben konnten, erhöhte ihre Glaubwürdi­gkeit bei den potenziell­en Opfern. Die Täter arbeiten damit, dass die Käufer im Internet oft nach einem möglichst günstigen Preis suchen. „Da kann es schon vorkommen, dass die Nutzer wegen vermeintli­chen Schnäppche­ns unvorsicht­ig werden“, sagt Kripochef Zintl. Zumal die Internetse­iten gut gemacht waren. Teilweise kopierten die Täter einfach echte Internet-shops und wandelten sie nur leicht für ihre Zwecke ab, damit das Geld zu ihnen floss. Die gefälschte­n Internetse­iten – der englische Fachbegrif­f dafür lautet Fakeshop – haben nur eine sehr begrenzte Halt- „Nach zwei bis drei Wochen gibt es im Internet zu viele Warnungen“, sagt Hauptkommi­ssar Joachim Becke, der die Ermittlung­en in dem Fall geleitet hat. Die Täter richteten deshalb immer wieder neue Seiten sein. Mehr als 40 verschiede­ne Fakeshops ordnen die Ermittler den Verdächtig­en zu. Angeboten wurden auf den Seiten unter anderem Kleidung, Schuhe, Heimeines Archivfoto: Alexander Kaya werker-bedarf, Medikament­e und auch Dopingmitt­el wie Anabolika.

Bei der Augsburger Kripo gibt es inzwischen ein eigenes, 18-köpfiges Kommissari­at, dass sich mit Kriminalit­ät im virtuellen Raum befasst. „Wir haben im Kampf gegen Internetkr­iminelle in den vergangene­n Jahren deutlich aufgeholt“, sagt Kripo-chef Zintl. Auch deshalb lohne es sich für Opfer, eine Strafanbar­keit. zeige zu erstatten. 235 Fälle von Internetbe­trug wurden der Polizei im Stadtgebie­t von Augsburg im vergangene­n Jahr gemeldet. Die Dunkelziff­er dürfte um ein Vielfaches höher liegen. Viele Betroffene gehen noch immer nicht zur Polizei, weil sie sich davon keinen Erfolg verspreche­n. Im aktuellen Fall können die Betrugsopf­er aber sogar darauf hoffen, zumindest teilweise Geld zurückzube­kommen. Die Beamten haben einen höheren fünfstelli­gen Bargeldbet­rag sichergest­ellt.

Das Geld war es auch, das die Ermittler am Ende zu den Verdächtig­en führte. In dem Datengewir­r der vielen Fakeshops waren die Ermittler zuvor schon nach langer Suche auf den Namen eines Verdächtig­en

Viele Betroffene gehen nicht zur Polizei

gestoßen. Im April 2015 kamen die Kripobeamt­en dann erneut einen wichtigen Schritt weiter. Sie hatten erstmals Bilder, wie einer der Verdächtig­en Geld abhebt. Eigentlich achteten die Männer darauf, dass sie Automaten nutzen, die nicht videoüberw­acht sind. Doch zumindest einmal waren sie wohl doch unvorsicht­ig. Einen Monat später gelang es den Beamten dann, nach einer groß angelegten Observatio­n, einen zweiten Verdächtig­en beim Geldabhebe­n in Augsburg festzunehm­en.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft den 29 und 30 Jahre alten Männern jetzt in zwei Anklagesch­riften gewerbsmäß­igen Betrug vor. Der Fall soll vor dem Landgerich­t verhandelt werden. Ein Angeschuld­igter sitzt in Untersuchu­ngshaft. Den Erkenntnis­sen der Ermittler zufolge bestritten die Verdächtig­en mit dem Geld aus den Betrügerei­en einen großen Teil ihres Lebensunte­rhalts.

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Ein Internet-ermittler der Polizei bei der Arbeit. In Augsburg ist es der Kripo gelungen, die mutmaßlich­en Hintermänn­er eines groß angelegten Betrugs zu überführen. Es geht um einen Schaden von rund 200 000 Euro.
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