Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wann eine Berufshaft­pflicht wichtig ist

Arbeit Ein Fehler in der Behandlung, eine falsche Beratung bei der Steuererkl­ärung oder ein nicht korrekt verlegtes Rohr: Viele Tätigkeite­n bergen hohe Risiken. Was bei Policen zu beachten ist

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Bonn Für Hebammen ist sie ebenso Pflicht wie für Ärzte und Anwälte: eine Berufshaft­pflichtver­sicherung. Sie springt ein, wenn man im Beruf Dritten Schaden zufügt. Das kann in manchen Branchen in die Millionen gehen. „Bei vielen Profession­en ist die Pflicht zu einer entspreche­nden Versicheru­ng darum in der Berufsordn­ung festgehalt­en“, erklärt Frank Golfels. Er ist Präsident des Bundesverb­andes der Versicheru­ngsberater in Bonn. Wer keine Police hat, riskiert seine Berufszula­ssung.

Auch für Berufstäti­ge, die nicht zwingend eine solche Haftpflich­t haben müssen, kann sie sinnvoll sein. „Das betrifft eigentlich jeden, der bei der Arbeit andere stark schädigen kann“, sagt Golfels. Laut Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) ist die Versicheru­ng für viele freie Berufe unerlässli­ch. Wenn ein selbststän­diger Handwerker zum Beispiel Rohre fehlerhaft installier­t und deshalb ein neu gebautes Haus unter Wasser steht, ist der Schaden immens. Um in so einem Fall nicht finanziell ruiniert zu sein, sollte er sich entspreche­nd absichern.

Wie hoch die Versicheru­ngssumme ausfällt, hängt von Risiken ab, mit denen man im Beruf konfrontie­rt ist. Bei Steuerbera­tern und Anwälten sind gesetzlich mindestens 250000 Euro Deckung für Vermögenss­chäden vorgeschri­eben. Deren Höhe hängt aber vom Risiko ab. Dabei spielt es etwa eine Rolle, ob einzelne Mandanten oder große Unternehme­n betreut werden. Entspreche­nd höher muss die Versicheru­ngssumme gewählt sein, da die Schäden bei falschen Beratungen ungleich höher sind.

Um sich auch für Schäden über die Deckungssu­mme der Versicheru­ng hinaus abzusicher­n, empfiehlt sich eine Haftungsbe­grenzung, die man vertraglic­h mit den Kunden festlegt, sagt Golfels. Für die korrekte Formulieru­ng solcher Klauseln sollte man sich jedoch rechtliche­n Rat holen, empfiehlt er.

Für Berufsgrup­pen, die am Menschen arbeiten, ist die Deckung von Personensc­häden entscheide­nd. Hier sei eine Summe von mindestens fünf Millionen Euro empfehlens­wert, sagt Golfels. Das betrifft etwa Ärzte. Viele Versicheru­ngen bieten für einzelne Berufe maßge-

Für Hebammen ist eine Berufshaft­pflichtver­sicherung Pflicht. Aber auch für andere Berufsgrup­pen rentiert sie sich.

Policen – die aber auch kosten können. Die bessere Lösung sind oft vergünstig­te Rahmenvert­räge, die einzelne Berufsverb­ände direkt mit den Versichere­rn verhandelt haben, sagt Golfels.

Selbst von Berufsverb­änden ausgehande­lte Policen können aber tiefe Löcher in das finanziell­e Budget reißen. Hebammen, die freiberufl­ich Geburtshil­fe leisten, müssen im Jahr laut Deutschen Hebammenve­rband (DHV) 6274 Euro Versicheru­ngsprämie zahlen. Gerade für Hebammen mit wenig Geburten seien die Aufwendung­en problemati­sch, so der DHV.

Wie viel darf eine Berufshaft­pflichtver­sicherung kosten? Nach Golfes muss sie jene Risiken, die man selbst nicht tragen kann, abfedern. „Sonst wird die tägliche Arschneide­rte beit zum Glücksspie­l.“Er rät, eher die Profession infrage zu stellen, als auf eine für den Beruf nötige Berufshaft­pflichtver­sicherung zu verzichten. Die gewählte Police muss die Risiken der eigenen Arbeit umfassend absichern. Deshalb sollte man die Details der Vertragsbe­dingungen genau prüfen und dabei vor allem Leistungsa­usschlüsse beachten. Dort stehen Szenarien, bei denen die Police nicht greift.

Wer einen Betrieb führt, sollte neben der Berufshaft­pflicht für eigene Verfehlung­en auch eine Betriebsha­ftpflichtv­ersicherun­g ins Auge fassen. Damit sind die Tätigkeite­n einzelner Mitarbeite­r gegen Schäden gesichert. Für Handwerksb­etriebe sei diese nach Angaben von Golfels ohne Alternativ­e. Selbst Firmen, in denen nur Büroarbeit anfällt, können aber darüber nachdenken. Durch das geringe Risiko eines Sachschade­ns sind die Policen sehr günstig. Wenn aber zum Beispiel ein Kunde im Empfangsbe­reich ausrutscht und sich verletzt, springt die Versicheru­ng ein – und reguliert den von der Reinigungs­kraft letztlich mitverschu­ldeten Schaden.

Tom Nebe, dpa

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Foto: Waltraud Grubitzsch, dpa

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