Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Erdogans Mann gegen Böhmermann Porträt
Der Münchner Anwalt Michael von Sprenger vertritt den türkischen Präsidenten in der Satire-affäre. Zu seinen Mandanten gehörte auch Götz George
Wie kommt man an ein anwaltliches Mandat für einen Staatschef? Natürlich: Man wird gefragt. „Er ist auf mich gekommen durch einen Berater“, sagt der Münchner Anwalt Michael von Sprenger, der den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Streit um Jan Böhmermanns Schmähgedicht vertritt. „Der Berater des Präsidenten ist ein guter Freund“, erklärt er. Von Sprenger hat das Mandat angenommen – um „die rechtliche Problematik zu klären, dass das, was Böhmermann als Satire betrachtet, keine Satire ist“, wie er sagt.
Nun steht der 75 Jahre alte Münchner Anwalt, dessen Kanzlei in Schwabing unweit des Englischen Gartens liegt, im Rampenlicht. Der Mann mit der Hornbrille hat mehrfach schillernde Persönlichkeiten vertreten, etwa den Chefredakteur der rechtspopulistischen Zeitschrift Compact, Jürgen Elsässer, der die Ex-grüne Jutta Ditfurth wegen der Bezeichnung „glühender Antisemit“verklagt hatte. Der britische Holocaust-leugner David Irving zählte ebenfalls zu seinen Mandanten – vor 25 Jahren, wie er betont. Er habe gemeinnützige Organisationen ebenso vertreten wie die islamische Gemeinschaft Milli Görüs, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Für Milli Görüs habe er vom Verfassungsschutz Nordrhein-westfalen vor Gericht sieben Unterlassungserklärungen erreicht, auch der Freistaat Bayern sei mindestens in einem Fall vor Gericht unterlegen. Den Schauspieler Götz George vertrat von Sprenger nach dessen Bootsunfall und holte im Jahr 2000 Schadenersatz und Schmerzensgeld in Gesamthöhe von mehreren hunderttausend Mark heraus. So hohe Wellen bis in die Spitzen der Politik wie die Causa Böhmermann hat allerdings noch keiner seiner Fälle geschlagen. In Mainz ermittelt die Staatsanwaltschaft nach diversen Strafanzeigen sowie einem durch von Sprenger eingereichten Strafantrag Erdogans. Am Freitag machte die Bundesregierung zudem den Weg für ein gesondertes Strafverfahren frei und entsprach damit dem Wunsch der Türkei. Presse- und Medienrecht mit Schwerpunkt Persönlichkeitsrechts- Foto: dpa verletzungen ist von Sprengers Hauptgeschäft. Er studierte Betriebswirtschaft ohne Abschluss in Berlin und Jura in Bonn. Zeitweise war er in der Kreditabteilung einer Großbank tätig, bevor er sich als Rechtsanwalt selbstständig machte. Über sein Privatleben ist so gut wie nichts bekannt.
Mehr als ein Dutzend weiterer Fälle betreut Michael von Sprenger derzeit neben dem Fall Erdogan; doch dieser ist nicht nur wegen der öffentlichen Wahrnehmung ein besonderer. Er habe bereits anonyme Morddrohungen erhalten, berichtet der Anwalt. „Die Polizei ist eingeschaltet.“Trotzdem bekräftigt Michael von Sprenger, für seinen Mandanten notfalls durch alle Instanzen bis vor das Bundesverfassungsgericht zu gehen, wenn er dazu beauftragt werde. „Ich streite es durch, bis ich obsiege.“Sabine Dobel, dpa