Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Treue Kunden kündigen
Langjährige Geschäftsbeziehungen gelten gemeinhin als positiv. Die Vertragspartner haben Vertrauen zueinander aufgebaut, sie kennen und schätzen sich. Das ein oder andere Entgegenkommen ist da schon drin, könnte man meinen. Bei Verträgen in der schönen, neuen Welt der Telekommunikation scheint dieser Grundsatz nicht mehr zu gelten. Das Motto lautet: Wenn treue Kunden einen Treuebonus wollen, dann kündigen sie.
Neulich lief mein Telefon- und Dsl-vertrag für zu Hause aus. Weil ich daran gedacht hatte, das Ende der Vertragslaufzeit im Kalender zu notieren, stand ich drei Monate vor Vertragsende vor der Wahl: Kündigen oder einfach so lassen, wie es ist? Eigentlich wollte ich alles lassen, wie es ist, nur etwas billiger sollte es sein. Schließlich warb die Konkurrenz mit deutlich günstigeren Tarifen. Nachfrage in einem Shop meines Anbieters: „Was können Sie mir anbieten?“Antwort: gar nichts. Bestandskunden würden nur an der Telefonhotline beraten werden, sagt der Verkäufer. Aber ich solle einfach kündigen, dann würde ich ein gutes Angebot bekommen, schiebt er nach. Meint er das ernst? Ein Verkäufer, der mich eigentlich nicht beraten kann, rät mir als Kunde zur Kündigung? Anruf bei der Hotline. Die Stimme am Telefon bietet mir den gewünschten Preisnachlass nicht an. „Und wenn ich kündige?“, frage ich. Die unterschwellige Antwort: Dann geht vielleicht mehr. Gesagt, getan. Einige Tage später ruft ein Mitarbeiter an, der offensichtlich mehr zu sagen hat. Er stellt mir einen Rabatt von zehn Euro monatlich in Aussicht, wenn ich die Kündigung zurückziehe. Interessante Geschäftspolitik.
Bei meinem Handyanbieter habe ich die Kündigungsfrist zum Vertragsende leider verpasst. Dafür werde ich dort noch persönlich im Laden beraten. Alles, was mir der Verkäufer anbietet, würde die monatlichen Kosten weiter in die Höhe treiben. Wenn ich es billiger möchte, müsste ich deutliche Leistungseinbußen in Kauf nehmen. Innerlich grummelnd lasse ich den Vertrag zu den alten Konditionen weiterlaufen. Eines steht fest: Das nächste Mal werde ich kündigen.