Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wegen eines „schönen Unfalls“nun Augsburger
Gesellschaft Tausende ziehen jedes Jahr aus aller Welt in die Stadt. Sie entdecken hier viel Liebenswertes und manch Gewöhnungsbedürftiges. Sind die Einheimischen verschlossen oder nicht?
Jedes Jahr ziehen tausende Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen nach Augsburg. Bei Ian Steffy aus den USA ist es „ein Unfall, aber ein sehr schöner Unfall“, sagt er, schmunzelt und zeigt auf seinen Sohn Louis. Er ist eineinhalb Jahre alt. In Deutschland sei das Leben einfach sicherer und geregelter als in den USA, begründet er die Entscheidung. „In Augsburg kann ich überall bedenkenlos hingehen. In den USA gibt es in jeder Stadt Viertel, um die man besser einen Bogen macht.“Seine Partnerin Kathrin Wagner, die er zum Neubürgerempfang der Stadt Augsburg ins Rathaus mitgebracht hat, stammt ursprünglich aus Friedberg. Sie gehören zu den 700 Neu-augsburgern, die am Freitagabend eingeladen wurden.
Kennengelernt haben sich die beiden in Los Angeles. Die YogaLehrerin machte dort eine Weiterbildung, ging aber nach zwei Monaten zurück nach Deutschland. Er zog dann nach Kanada, um sich zum Softwareentwickler ausbilden zu lassen. Lange besuchten sich die beiden immer wieder, lebten in Nordamerika und Augsburg längere Zeit zusammen. „Ich bin jetzt das dritte Mal in Augsburg und will diesmal für immer bleiben“, sagt Steffy, der in München arbeitet.
An Augsburg schätzt er vor allem die gute Infrastruktur und die Sauberkeit sowie den historischen Stadtkern. Schwer tut er sich hingegen noch mit der Sprache. „Ich besuche einen Kurs. Hochdeutsch zu sprechen und zu verstehen geht halbwegs gut, aber der bayerische Dialekt ist wirklich eine Herausforderung.“Neu in Augsburg ist auch Tarsila Aranha aus Brasilien. Sie lebt seit sechs Monaten in Augsburg, ihr Partner Ralf Mack seit eineinhalb Jahren. „Wir kennen uns schon 20 Jahre. Ich habe mich jetzt entschlossen, mit meinen Kindern zu ihm zu ziehen“, sagt die Brasilianerin. Hier sei alles übersichtlicher und geregelter als in ihrer Heimatstadt Sao Paolo. Sie kennt Deutschland bereits aus früheren Besuchen.
Dass sie jetzt in Augsburg lebt, liegt an Ralf Mack. Der Arbeitgeber des Landwirtschaftsberaters hat seinen Sitz in Augsburg. „Ich helfe Landwirten dabei, von konventionelle auf ökologische Bewirtschaftung umzustellen, und den Ökobauern gebe ich Ratschläge, wie sie ihre Strukturen effizienter gestalten können.“Beide fühlen sich in Augs- burg sehr wohl und haben sich wegen ihr bewusst für die Innenstadt als Wohnort entschieden. „Ich mag den Charme der Altstadt und hatte auch etwas Angst, dass es am Stadtrand schwieriger ist, Menschen kennenzulernen. So gehe ich auf die Straße und überall sind Menschen.“Dass der Augsburger als verschlossen gilt, ist eine Erfahrung, die sie nicht bestätigen können. „Ich komme ursprünglich aus der Nähe von Pforzheim, da trifft das viel eher zu als auf Augsburg“, sagt Mack.
Die Brasilianerin ist sehr zufrieden mit ihrem Leben, nur eines macht ihr zu schaffen: das Wetter. Sie vermisst vor allem die Sonne. „Schnee finde ich toll, aber das triste Wetter mag ich überhaupt nicht.“ Die beiden wollen den Neubürgerempfang auch nutzen, um sich einen Überblick über die vielen Vereine und Organisationen in der Stadt zu verschaffen, bei denen sie sich engagieren können. Die haben Stände im Rathaus aufgebaut.
Informieren können sich dort auch Neubürger, deren Weg nach Augsburg vergleichsweise kurz war, so wie bei Moritz Friedmann aus Kaufbeuren. Er steht zugleich für ein Phänomen, das seit mehreren Jahren zu beobachten ist. Viele Menschen zieht es aus den ländlichen Regionen in die größeren Städte. „Viele meiner Freunde leben inzwischen in Augsburg oder anderen großen Städten. Deswegen habe ich mich entschieden, mir hier auch ein Zimmer in zentraler Lage in einer Wohngemeinschaft zu suchen.“Bemerkenswert ist, dass Friedmann weder in Augsburg studiert noch hier arbeitet. „Ich studiere in München Maschinenbau und bin immer gependelt. Das geht von Augsburg sogar etwas schneller als von Kaufbeuren.“Er könne sich vorstellen, an der Hochschule Augsburg noch seinen Master zu machen oder sich hier einen Arbeitgeber zu suchen. „Ich hoffe, dass eines von beiden klappt, dann bleibe ich in Augsburg.“Ein Grund dafür dürfte seine Freundin Isabella sein, die er hier kennengelernt hat. Die beiden genießen das Flair der Altstadt, gehen gerne zum Klettern oder stöbern auf Flohmärkten nach kleinen Schätzen.
Eine Sache macht ihr in Augsburg zu schaffen