Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Doch noch Flüchtling­e im „Dschungel von Calais“

- Foto: Omar Haj Kadour, afp

Damaskus/moskau Russland hat jede Verantwort­ung für den Luftangrif­f auf eine Schule im Nordwesten Syriens mit mindestens 35 Toten zurückgewi­esen. Bei der Bombardier­ung am Mittwoch kamen 22 Schüler und sechs Lehrer ums Leben, wie der Direktor des Un-kinderhilf­swerks Unicef, Anthony Lake, in New York sagte. Es sei möglicherw­eise die Attacke mit den meisten Toten auf eine Schule seit Beginn des syrischen Bürgerkrie­gs vor mehr als fünf Jahren.

Syriens Opposition beschuldig­te das Regime und seinen Verbündete­n Russland, in einer gemeinsame­n Operation für den Angriff verantwort­lich gewesen zu sein. Die Sprecherin des Moskauer Außenminis­teriums, Maria Sacharowa, sagte hingegen am Donnerstag: „Wir haben nichts zu tun mit dieser furchtbare­n Attacke.“Der Vorfall müsse von internatio­nalen Organisati­onen untersucht werden. Russlands Verteidigu­ngsministe­rium prüfe bereits alle vorliegend­en Daten.

„Dies ist eine Tragödie“, erklärte Unicef-direktor Lake. „Es ist ein Skandal. Und, wenn vorsätzlic­h, ein Kriegsverb­rechen.“Nach Angaben der Syrischen Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte trafen sechs Luftschläg­e Ziele in dem Ort Haas in der Provinz Idlib. Diese wird von Rebellen kontrollie­rt, darunter sind auch terroristi­sche Gruppen.

Die Menschenre­chtsbeobac­hter erklärten, wahrschein­lich seien russische Flugzeuge für die Bombardier­ung verantwort­lich. Es gebe zudem zahlreiche Verletzte und auch Vermisste. Der Sprecher der Rettungshe­lfer Weißhelme, Abdel Rahman al-hassan, sprach von zwei Angriffen hintereina­nder. „Der erste traf die Schule. Der zweite erfolgte, als die Lehrer die Schüler herausbrac­hten.“

Die Provinz Idlib war in den vergangene­n Monaten immer wieder Ziel von Bombardier­ungen der rus- sischen und der syrischen Luftwaffe. Die Us-geführte internatio­nale Koalition fliegt ihre Luftangrif­fe gegen die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) fast ausschließ­lich in anderen Regionen des Landes. In Idlib sind die Al-kaida-nahe Rebellengr­uppe Fatah-al-scham-front (früher: Al-nusra-front) und die radikalisl­amische Miliz Ahrar al-scham sehr stark.

Die UN befürchten zugleich eine weitere Eskalation der humanitäre­n Lage in den kommenden Monaten. „Der Krieg wird immer schlimmer, immer rücksichts­loser“, sagte der Un-koordinato­r für Nothilfe in dem Bürgerkrie­gsland, Jan Egeland, in Genf. Besonders der bevorstehe­nde Winter bereite den Helfern große Sorgen. „Das wird der schlimmste Winter seit Beginn der Kämpfe“, so Egeland. Außerdem seien immer mehr Kinder betroffen.

Derweil wird befürchtet, dass Russland seine Feuerkraft in Syrien weiter ausbauen will. Dazu dampft der einzige Flugzeugtr­äger „Admiral Kusnezow“in Richtung östliches Mittelmeer. Der Flottenver­band soll in den Syrien-krieg eingreifen. Er könnte, wie westliche Experten befürchten, bei der Rückerober­ung der Stadt Aleppo durch syrische und russische Truppen helfen.

Die Kampfjets und Hubschraub­er der „Admiral Kusnezow“gelten als nicht sonderlich geeignet für einen derartigen Kampfeinsa­tz. Aber der russische Präsident Wladimir Putin will nach Einschätzu­ng westlicher Sicherheit­sexperten zeigen, dass die Großmacht Russland ihre Seestreitk­räfte an jedem Punkt der Weltmeere einsetzen kann. Über große Feuerkraft verfügen die Begleitsch­iffe der „Admiral Kusnezow“. In der Nähe des abgebrannt­en Flüchtling­slagers von Calais haben sich erneut Migranten versammelt. Darunter seien viele Jugendlich­e, berichtete­n Augenzeuge­n. Nachdem Hütten und Zelte am Mittwoch in Flammen aufgegange­n waren, hatte die Präfektin des Départemen­ts Pas-de-calais, Fabienne Buccio, Frankreich­s größte Slumsiedlu­ng offiziell für leer erklärt. Der französisc­he Nachrichte­nsender berichtete mit Verweis auf Hilfsorgan­isationen jedoch, dass rund 2000 Menschen nicht den vom Staat vorgezeich­neten Weg einer Verlegung in andere französisc­hen Regionen einschluge­n. Sie wollten in Calais oder Umgebung bleiben.

 ?? Foto: Dover Marina.com, dpa ?? Typisch für Russlands einzigen Flugzeugtr­äger „Admiral Kusnezow“mit seinen vier Dampfturbi­nen ist die gewaltige Abgasfahne.
Foto: Dover Marina.com, dpa Typisch für Russlands einzigen Flugzeugtr­äger „Admiral Kusnezow“mit seinen vier Dampfturbi­nen ist die gewaltige Abgasfahne.

Newspapers in German

Newspapers from Germany